einem liberalen Berufe widmen wollen, brauche ich ja nicht zu sagen, in wie hohem Maße die Kostspieligkeit der Vor- bereitung den Zugang zu den bevorzugten Positionen des Berufslebens verengert. Sie wissen aber auch, daß man von jeher darin eine große Gefahr für die Leistungsfähigkeit des Beamten- und Gelehrtenstandes erblickt und dieser Ge- fahr durch Stipendien, Freitische, Stundungen und ähnliche Einrichtungen, die den Unbemittelten das Studium ermög- lichen sollen, vorzubeugen gesucht hat. Man wird über die praktischen Erfolge dieser Einrichtungen streiten können. Aber bei ihrer Beurteilung sollte man doch nie übersehen, daß das Fortkommen in einer bevorzugten Berufsart nicht allein von der persönlichen Tüchtigkeit, sondern auch von der sozialen Erziehung des Einzelnen, von seiner Befähigung, die eigene Kraft zur Geltung zu bringen, abhängt, daß in dieser unvollkommenen Welt die bescheidene Zurückhaltung des Tüchtigen hinter dem dreisten Vordrängen der Mittel- mäßigkeit nur zu leicht zurückstehen muß, daß es demjenigen, der die soziale Stufenleiter von unten an zu erklimmen sucht, schwerer werden muß, ihre Spitze zu erreichen, als demjenigen, der schon aus halber Höhe emporsteigt. Die deutsche Sprache hat für die Auszeichnung in einer beruf- lichen Laufbahn einen bezeichnenden Ausdruck, mit welchem sie den Anteil des persönlichen Auftretens am Erfolge glück- lich charakterisiert. Er heißt: sich hervorthun. So mögen denn auch jene "studierten Bauernsöhne" Riehl's wohl kaum deshalb später nicht in ihrem Berufsleben be-
einem liberalen Berufe widmen wollen, brauche ich ja nicht zu ſagen, in wie hohem Maße die Koſtſpieligkeit der Vor- bereitung den Zugang zu den bevorzugten Poſitionen des Berufslebens verengert. Sie wiſſen aber auch, daß man von jeher darin eine große Gefahr für die Leiſtungsfähigkeit des Beamten- und Gelehrtenſtandes erblickt und dieſer Ge- fahr durch Stipendien, Freitiſche, Stundungen und ähnliche Einrichtungen, die den Unbemittelten das Studium ermög- lichen ſollen, vorzubeugen geſucht hat. Man wird über die praktiſchen Erfolge dieſer Einrichtungen ſtreiten können. Aber bei ihrer Beurteilung ſollte man doch nie überſehen, daß das Fortkommen in einer bevorzugten Berufsart nicht allein von der perſönlichen Tüchtigkeit, ſondern auch von der ſozialen Erziehung des Einzelnen, von ſeiner Befähigung, die eigene Kraft zur Geltung zu bringen, abhängt, daß in dieſer unvollkommenen Welt die beſcheidene Zurückhaltung des Tüchtigen hinter dem dreiſten Vordrängen der Mittel- mäßigkeit nur zu leicht zurückſtehen muß, daß es demjenigen, der die ſoziale Stufenleiter von unten an zu erklimmen ſucht, ſchwerer werden muß, ihre Spitze zu erreichen, als demjenigen, der ſchon aus halber Höhe emporſteigt. Die deutſche Sprache hat für die Auszeichnung in einer beruf- lichen Laufbahn einen bezeichnenden Ausdruck, mit welchem ſie den Anteil des perſönlichen Auftretens am Erfolge glück- lich charakteriſiert. Er heißt: ſich hervorthun. So mögen denn auch jene „ſtudierten Bauernſöhne“ Riehl’s wohl kaum deshalb ſpäter nicht in ihrem Berufsleben be-
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einem liberalen Berufe widmen wollen, brauche ich ja nicht
zu ſagen, in wie hohem Maße die Koſtſpieligkeit der Vor-
bereitung den Zugang zu den bevorzugten Poſitionen des
Berufslebens verengert. Sie wiſſen aber auch, daß man
von jeher darin eine große Gefahr für die Leiſtungsfähigkeit
des Beamten- und Gelehrtenſtandes erblickt und dieſer Ge-
fahr durch Stipendien, Freitiſche, Stundungen und ähnliche
Einrichtungen, die den Unbemittelten das Studium ermög-
lichen ſollen, vorzubeugen geſucht hat. Man wird über
die praktiſchen Erfolge dieſer Einrichtungen ſtreiten können.
Aber bei ihrer Beurteilung ſollte man doch nie überſehen,
daß das Fortkommen in einer bevorzugten Berufsart nicht
allein von der perſönlichen Tüchtigkeit, ſondern auch von
der ſozialen Erziehung des Einzelnen, von ſeiner Befähigung,
die eigene Kraft zur Geltung zu bringen, abhängt, daß in
dieſer unvollkommenen Welt die beſcheidene Zurückhaltung
des Tüchtigen hinter dem dreiſten Vordrängen der Mittel-
mäßigkeit nur zu leicht zurückſtehen muß, daß es demjenigen,
der die ſoziale Stufenleiter von unten an zu erklimmen
ſucht, ſchwerer werden muß, ihre Spitze zu erreichen, als
demjenigen, der ſchon aus halber Höhe emporſteigt. Die
deutſche Sprache hat für die Auszeichnung in einer beruf-
lichen Laufbahn einen bezeichnenden Ausdruck, mit welchem
ſie den Anteil des perſönlichen Auftretens am Erfolge glück-
lich charakteriſiert. Er heißt: ſich hervorthun. So
mögen denn auch jene „ſtudierten Bauernſöhne“ Riehl’s
wohl kaum deshalb ſpäter nicht in ihrem Berufsleben be-
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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/187>, abgerufen am 21.11.2024.
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