angehörte, die Menschen mit einander verbunden hätte, be- stand nicht. In den späteren Jahrhunderten des Mittel- alters treten allerdings wieder größere soziale Zusammen- hänge hervor. Es ist zunächst die Kirche mit ihrer alle Länder des germanisch-romanischen Kulturkreises umspan- nenden Hierarchie, sodann das Bürgertum mit seinen Städte- bünden und gemeinsamen Handelsinteressen und endlich als Gegenwirkung dazu die weltlichen Territorialgewalten, welche allmählich zu einem Zusammenschluß gelangen. Im XII. und XIII. Jahrhundert bemerken wir die ersten Spuren einer Organisation des Nachrichtendienstes und der Brief- beförderung in den Boten der Klöster, der Universitäten und der sonstigen geistlichen Würdenträger; im XIV. und XV. Jahrhundert kommt eine umfassende, fast postähnliche Einrichtung städtischer Botenanstalten für den Briefverkehr des Handels und der städtischen Obrigkeiten hinzu. Und jetzt vernehmen wir auch zum erstenmal das Wort Zeitung.
Dasselbe bedeutet ursprünglich: was in der Zeit ge- schieht, ein Ereignis der Gegenwart, sodann eine Nachricht über ein solches Ereignis, eine Botschaft, einen Bericht, eine Neuigkeit.
Namentlich finden wir dasselbe im Gebrauch für Mit- teilungen über die politischen Zeitläufte, wie sie die städtischen Kanzleien von anderen Städten oder einzelnen befreundeten Ratspersonen derselben in Briefen oder Beilagen zu solchen empfiengen und noch jetzt vielfach in ihren Archiven ver- wahren. So besitzt das Stadtarchiv in Frankfurt a. M.
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angehörte, die Menſchen mit einander verbunden hätte, be- ſtand nicht. In den ſpäteren Jahrhunderten des Mittel- alters treten allerdings wieder größere ſoziale Zuſammen- hänge hervor. Es iſt zunächſt die Kirche mit ihrer alle Länder des germaniſch-romaniſchen Kulturkreiſes umſpan- nenden Hierarchie, ſodann das Bürgertum mit ſeinen Städte- bünden und gemeinſamen Handelsintereſſen und endlich als Gegenwirkung dazu die weltlichen Territorialgewalten, welche allmählich zu einem Zuſammenſchluß gelangen. Im XII. und XIII. Jahrhundert bemerken wir die erſten Spuren einer Organiſation des Nachrichtendienſtes und der Brief- beförderung in den Boten der Klöſter, der Univerſitäten und der ſonſtigen geiſtlichen Würdenträger; im XIV. und XV. Jahrhundert kommt eine umfaſſende, faſt poſtähnliche Einrichtung ſtädtiſcher Botenanſtalten für den Briefverkehr des Handels und der ſtädtiſchen Obrigkeiten hinzu. Und jetzt vernehmen wir auch zum erſtenmal das Wort Zeitung.
Dasſelbe bedeutet urſprünglich: was in der Zeit ge- ſchieht, ein Ereignis der Gegenwart, ſodann eine Nachricht über ein ſolches Ereignis, eine Botſchaft, einen Bericht, eine Neuigkeit.
Namentlich finden wir dasſelbe im Gebrauch für Mit- teilungen über die politiſchen Zeitläufte, wie ſie die ſtädtiſchen Kanzleien von anderen Städten oder einzelnen befreundeten Ratsperſonen derſelben in Briefen oder Beilagen zu ſolchen empfiengen und noch jetzt vielfach in ihren Archiven ver- wahren. So beſitzt das Stadtarchiv in Frankfurt a. M.
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angehörte, die Menſchen mit einander verbunden hätte, be-
ſtand nicht. In den ſpäteren Jahrhunderten des Mittel-
alters treten allerdings wieder größere ſoziale Zuſammen-
hänge hervor. Es iſt zunächſt die Kirche mit ihrer alle
Länder des germaniſch-romaniſchen Kulturkreiſes umſpan-
nenden Hierarchie, ſodann das Bürgertum mit ſeinen Städte-
bünden und gemeinſamen Handelsintereſſen und endlich als
Gegenwirkung dazu die weltlichen Territorialgewalten, welche
allmählich zu einem Zuſammenſchluß gelangen. Im XII.
und XIII. Jahrhundert bemerken wir die erſten Spuren
einer Organiſation des Nachrichtendienſtes und der Brief-
beförderung in den Boten der Klöſter, der Univerſitäten
und der ſonſtigen geiſtlichen Würdenträger; im XIV. und
XV. Jahrhundert kommt eine umfaſſende, faſt poſtähnliche
Einrichtung ſtädtiſcher Botenanſtalten für den Briefverkehr
des Handels und der ſtädtiſchen Obrigkeiten hinzu. Und
jetzt vernehmen wir auch zum erſtenmal das Wort Zeitung.
Dasſelbe bedeutet urſprünglich: was in der Zeit ge-
ſchieht, ein Ereignis der Gegenwart, ſodann eine Nachricht
über ein ſolches Ereignis, eine Botſchaft, einen Bericht,
eine Neuigkeit.
Namentlich finden wir dasſelbe im Gebrauch für Mit-
teilungen über die politiſchen Zeitläufte, wie ſie die ſtädtiſchen
Kanzleien von anderen Städten oder einzelnen befreundeten
Ratsperſonen derſelben in Briefen oder Beilagen zu ſolchen
empfiengen und noch jetzt vielfach in ihren Archiven ver-
wahren. So beſitzt das Stadtarchiv in Frankfurt a. M.
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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/201>, abgerufen am 24.11.2024.
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