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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893.

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den ungesunden Wohnungen große Verheerungen an. Mit
aller Wahrscheinlichkeit darf man sonach die Zahl der Tot-
geborenen und der in den ersten Lebensjahren Gestorbenen
als überaus groß annehmen.

Wer einmal die Geschichte einer hervorragenden Frank-
furter Familie im Mittelalter verfolgt hat, der wird die
Beobachtung gemacht haben, daß die Geschlechter trotz sehr
kinderreicher Ehen sich fast immer nur in 1 bis 2 Gliedern
forterhalten und daß sie selten das zweite Jahrhundert
ihres Bestehens überleben. So wurden in der Familie
Rorbach vom Ende des XIV. bis zum Ende des XVI.
Jahrhunderts etwa 65 Kinder geboren, (ohne Totgeburten);
von diesen überlebten nur 18 ihre Väter und nur 12 ge-
langten zur Verheiratung 1). Wenn wir nun bei den an-
gesehensten und wohlhabendsten Familien ein so rasches
Hinsterben beobachten, wie mag es erst den Kindern der
Handwerker und der Armen ergangen sein!

In der That die Städte bedurften auch ohne Seuchen
und Hungersnöte jener starken Einwanderung vom Lande,
wenn sie nur ihre Bevölkerung stabil erhalten wollten.

Nicht minder ungünstig als der Altersaufbau ist die

1) Auch an diesem Beispiel hat Höniger a. a. O. S. 113
seinen Scharfsinn geübt. Da er mich aber sagen läßt, was mir nicht
in den Sinn gekommen ist zu sagen, so konnte ihm der Sieg in der
von ihm konstruierten Streitfrage nicht ausbleiben. Die Schwäche
der Argumente steht freilich in seltsamem Gegensatz zur Stärke des
angeschlagenen Tones.

den ungeſunden Wohnungen große Verheerungen an. Mit
aller Wahrſcheinlichkeit darf man ſonach die Zahl der Tot-
geborenen und der in den erſten Lebensjahren Geſtorbenen
als überaus groß annehmen.

Wer einmal die Geſchichte einer hervorragenden Frank-
furter Familie im Mittelalter verfolgt hat, der wird die
Beobachtung gemacht haben, daß die Geſchlechter trotz ſehr
kinderreicher Ehen ſich faſt immer nur in 1 bis 2 Gliedern
forterhalten und daß ſie ſelten das zweite Jahrhundert
ihres Beſtehens überleben. So wurden in der Familie
Rorbach vom Ende des XIV. bis zum Ende des XVI.
Jahrhunderts etwa 65 Kinder geboren, (ohne Totgeburten);
von dieſen überlebten nur 18 ihre Väter und nur 12 ge-
langten zur Verheiratung 1). Wenn wir nun bei den an-
geſehenſten und wohlhabendſten Familien ein ſo raſches
Hinſterben beobachten, wie mag es erſt den Kindern der
Handwerker und der Armen ergangen ſein!

In der That die Städte bedurften auch ohne Seuchen
und Hungersnöte jener ſtarken Einwanderung vom Lande,
wenn ſie nur ihre Bevölkerung ſtabil erhalten wollten.

Nicht minder ungünſtig als der Altersaufbau iſt die

1) Auch an dieſem Beiſpiel hat Höniger a. a. O. S. 113
ſeinen Scharfſinn geübt. Da er mich aber ſagen läßt, was mir nicht
in den Sinn gekommen iſt zu ſagen, ſo konnte ihm der Sieg in der
von ihm konſtruierten Streitfrage nicht ausbleiben. Die Schwäche
der Argumente ſteht freilich in ſeltſamem Gegenſatz zur Stärke des
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[221/0243] den ungeſunden Wohnungen große Verheerungen an. Mit aller Wahrſcheinlichkeit darf man ſonach die Zahl der Tot- geborenen und der in den erſten Lebensjahren Geſtorbenen als überaus groß annehmen. Wer einmal die Geſchichte einer hervorragenden Frank- furter Familie im Mittelalter verfolgt hat, der wird die Beobachtung gemacht haben, daß die Geſchlechter trotz ſehr kinderreicher Ehen ſich faſt immer nur in 1 bis 2 Gliedern forterhalten und daß ſie ſelten das zweite Jahrhundert ihres Beſtehens überleben. So wurden in der Familie Rorbach vom Ende des XIV. bis zum Ende des XVI. Jahrhunderts etwa 65 Kinder geboren, (ohne Totgeburten); von dieſen überlebten nur 18 ihre Väter und nur 12 ge- langten zur Verheiratung 1). Wenn wir nun bei den an- geſehenſten und wohlhabendſten Familien ein ſo raſches Hinſterben beobachten, wie mag es erſt den Kindern der Handwerker und der Armen ergangen ſein! In der That die Städte bedurften auch ohne Seuchen und Hungersnöte jener ſtarken Einwanderung vom Lande, wenn ſie nur ihre Bevölkerung ſtabil erhalten wollten. Nicht minder ungünſtig als der Altersaufbau iſt die 1) Auch an dieſem Beiſpiel hat Höniger a. a. O. S. 113 ſeinen Scharfſinn geübt. Da er mich aber ſagen läßt, was mir nicht in den Sinn gekommen iſt zu ſagen, ſo konnte ihm der Sieg in der von ihm konſtruierten Streitfrage nicht ausbleiben. Die Schwäche der Argumente ſteht freilich in ſeltſamem Gegenſatz zur Stärke des angeſchlagenen Tones.

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Zitationshilfe: Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/243>, abgerufen am 27.11.2024.