Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893.Wirtschaftsverhältnisse ruhenden Organisation der Gesell- Sie waren dem platten Lande überlegen trotz ihrer Aber nichts desto weniger ist es eine einseitig voraus- Frankfurt gehört zu den wenigen deutschen Städten, Darin aber, daß in Deutschland die städtische Entwick- Wirtſchaftsverhältniſſe ruhenden Organiſation der Geſell- Sie waren dem platten Lande überlegen trotz ihrer Aber nichts deſto weniger iſt es eine einſeitig voraus- Frankfurt gehört zu den wenigen deutſchen Städten, Darin aber, daß in Deutſchland die ſtädtiſche Entwick- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0271" n="249"/> Wirtſchaftsverhältniſſe ruhenden Organiſation der Geſell-<lb/> ſchaft lag die Stärke der mittelalterlichen Städte.</p><lb/> <p>Sie waren dem platten Lande überlegen trotz ihrer<lb/> unbedeutenden Bevölkerungsziffern, weil in ihnen der Mann<lb/> etwas wert war, weil er mehr wert war als auf dem<lb/> Lande und weil das Individuum ſich freiwillig in den<lb/> Dienſt der Geſamtheit ſtellte nach dem Grundſatze: Alle<lb/> für Einen, Einer für Alle.</p><lb/> <p>Aber nichts deſto weniger iſt es eine einſeitig voraus-<lb/> eilende, in gewiſſem Sinne egoiſtiſche Entwicklung, mit der<lb/> wir es hier zu thun haben. Sie war nur möglich durch<lb/> immer ſchroffere Ausbildung des ſozialen Unterſchieds zwiſchen<lb/> Stadt und Land und dadurch, daß die erſtere das letztere<lb/> wirtſchaftlich in weitem Umkreiſe von ſich abhängig machte.<lb/> Den Schlußſtein dieſer Entwicklung hätte die politiſche Ab-<lb/> hängigkeit der Landſchaft von der Stadt bilden müſſen,<lb/> die Begründung von Stadtſtaaten wie in Italien und<lb/> teilweiſe auch in der ſchweizeriſchen Eidgenoſſenſchaft.</p><lb/> <p>Frankfurt gehört zu den wenigen deutſchen Städten,<lb/> welche in der Erwerbung von Landgemeinden bewußt dieſem<lb/> Ziele zuſteuerten — freilich ohne es ganz zu erreichen.</p><lb/> <p>Darin aber, daß in Deutſchland die ſtädtiſche Entwick-<lb/> lung einſeitig und unvollendet blieb, lag m. E. die Haupt-<lb/> urſache, weshalb dieſelbe für das Reich nicht, wie es an-<lb/> fangs den Anſchein hatte, ein bindendes, ſondern ein auf-<lb/> löſendes Element mehr wurde, weshalb ſie im <hi rendition="#aq">XVII.</hi> und<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [249/0271]
Wirtſchaftsverhältniſſe ruhenden Organiſation der Geſell-
ſchaft lag die Stärke der mittelalterlichen Städte.
Sie waren dem platten Lande überlegen trotz ihrer
unbedeutenden Bevölkerungsziffern, weil in ihnen der Mann
etwas wert war, weil er mehr wert war als auf dem
Lande und weil das Individuum ſich freiwillig in den
Dienſt der Geſamtheit ſtellte nach dem Grundſatze: Alle
für Einen, Einer für Alle.
Aber nichts deſto weniger iſt es eine einſeitig voraus-
eilende, in gewiſſem Sinne egoiſtiſche Entwicklung, mit der
wir es hier zu thun haben. Sie war nur möglich durch
immer ſchroffere Ausbildung des ſozialen Unterſchieds zwiſchen
Stadt und Land und dadurch, daß die erſtere das letztere
wirtſchaftlich in weitem Umkreiſe von ſich abhängig machte.
Den Schlußſtein dieſer Entwicklung hätte die politiſche Ab-
hängigkeit der Landſchaft von der Stadt bilden müſſen,
die Begründung von Stadtſtaaten wie in Italien und
teilweiſe auch in der ſchweizeriſchen Eidgenoſſenſchaft.
Frankfurt gehört zu den wenigen deutſchen Städten,
welche in der Erwerbung von Landgemeinden bewußt dieſem
Ziele zuſteuerten — freilich ohne es ganz zu erreichen.
Darin aber, daß in Deutſchland die ſtädtiſche Entwick-
lung einſeitig und unvollendet blieb, lag m. E. die Haupt-
urſache, weshalb dieſelbe für das Reich nicht, wie es an-
fangs den Anſchein hatte, ein bindendes, ſondern ein auf-
löſendes Element mehr wurde, weshalb ſie im XVII. und
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