bleiben, welche schlechterdings unausgleichbar sind und welche die frühere Geschlossenheit der Bevölkerung eines Gemein- wesens in störender Weise durchbrechen. Ich denke hier namentlich an Unterschiede der Konfession, der Muttersprache und der politischen Zugehörigkeit. Die beiden größten schweizerischen Städte, Genf und Basel, die man beide als Hochburgen des Protestantismus zu betrachten gewohnt ist, haben heute in Folge der Zuwanderung in ihrer Be- völkerung über ein Drittel Ausländer. In Genf haben dazu etwa 20 % der Bevölkerung eine andere Muttersprache als das Französische. Endlich sind in Basel seit 1837 die Katholiken von 15 auf 30 Prozent der Bevölkerung ge- stiegen, und in Genf haben sie 42 Prozent erreicht. Auch wer die innere Geschichte dieser kleinen Gemeinwesen nicht genauer kennt, wird sich sagen müssen, daß solche Gegen- sätze zwischen Eingeborenen und Eingewanderten nicht un- gefährlich sind.
Haben uns diese Darlegungen gezeigt, daß keines- wegs die Mehrzahl der inneren Wanderungen in den Städten ihren Ruhepunkt findet, so hat sich aus ihnen doch auch ergeben, daß der Zug nach den großen Bevölkerungsmittel- punkten allein eine größere soziale und wirtschaftliche Be- deutung in Anspruch nehmen kann. Er bringt eine ver- änderte Verteilung der Bevölkerung auf dem Staatsterri- torium hervor und erzeugt an seinen Ausgangs- und Ziel- punkten Schwierigkeiten, um deren Ueberwindung Gesetz- gebung und Verwaltung bis jetzt mit meist sehr mäßigem
bleiben, welche ſchlechterdings unausgleichbar ſind und welche die frühere Geſchloſſenheit der Bevölkerung eines Gemein- weſens in ſtörender Weiſe durchbrechen. Ich denke hier namentlich an Unterſchiede der Konfeſſion, der Mutterſprache und der politiſchen Zugehörigkeit. Die beiden größten ſchweizeriſchen Städte, Genf und Baſel, die man beide als Hochburgen des Proteſtantismus zu betrachten gewohnt iſt, haben heute in Folge der Zuwanderung in ihrer Be- völkerung über ein Drittel Ausländer. In Genf haben dazu etwa 20 % der Bevölkerung eine andere Mutterſprache als das Franzöſiſche. Endlich ſind in Baſel ſeit 1837 die Katholiken von 15 auf 30 Prozent der Bevölkerung ge- ſtiegen, und in Genf haben ſie 42 Prozent erreicht. Auch wer die innere Geſchichte dieſer kleinen Gemeinweſen nicht genauer kennt, wird ſich ſagen müſſen, daß ſolche Gegen- ſätze zwiſchen Eingeborenen und Eingewanderten nicht un- gefährlich ſind.
Haben uns dieſe Darlegungen gezeigt, daß keines- wegs die Mehrzahl der inneren Wanderungen in den Städten ihren Ruhepunkt findet, ſo hat ſich aus ihnen doch auch ergeben, daß der Zug nach den großen Bevölkerungsmittel- punkten allein eine größere ſoziale und wirtſchaftliche Be- deutung in Anſpruch nehmen kann. Er bringt eine ver- änderte Verteilung der Bevölkerung auf dem Staatsterri- torium hervor und erzeugt an ſeinen Ausgangs- und Ziel- punkten Schwierigkeiten, um deren Ueberwindung Geſetz- gebung und Verwaltung bis jetzt mit meiſt ſehr mäßigem
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bleiben, welche ſchlechterdings unausgleichbar ſind und welche
die frühere Geſchloſſenheit der Bevölkerung eines Gemein-
weſens in ſtörender Weiſe durchbrechen. Ich denke hier
namentlich an Unterſchiede der Konfeſſion, der Mutterſprache
und der politiſchen Zugehörigkeit. Die beiden größten
ſchweizeriſchen Städte, Genf und Baſel, die man beide
als Hochburgen des Proteſtantismus zu betrachten gewohnt
iſt, haben heute in Folge der Zuwanderung in ihrer Be-
völkerung über ein Drittel Ausländer. In Genf haben
dazu etwa 20 % der Bevölkerung eine andere Mutterſprache
als das Franzöſiſche. Endlich ſind in Baſel ſeit 1837 die
Katholiken von 15 auf 30 Prozent der Bevölkerung ge-
ſtiegen, und in Genf haben ſie 42 Prozent erreicht. Auch
wer die innere Geſchichte dieſer kleinen Gemeinweſen nicht
genauer kennt, wird ſich ſagen müſſen, daß ſolche Gegen-
ſätze zwiſchen Eingeborenen und Eingewanderten nicht un-
gefährlich ſind.
Haben uns dieſe Darlegungen gezeigt, daß keines-
wegs die Mehrzahl der inneren Wanderungen in den Städten
ihren Ruhepunkt findet, ſo hat ſich aus ihnen doch auch
ergeben, daß der Zug nach den großen Bevölkerungsmittel-
punkten allein eine größere ſoziale und wirtſchaftliche Be-
deutung in Anſpruch nehmen kann. Er bringt eine ver-
änderte Verteilung der Bevölkerung auf dem Staatsterri-
torium hervor und erzeugt an ſeinen Ausgangs- und Ziel-
punkten Schwierigkeiten, um deren Ueberwindung Geſetz-
gebung und Verwaltung bis jetzt mit meiſt ſehr mäßigem
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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/305>, abgerufen am 24.11.2024.
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