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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893.

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vatwirtschaften weiter Ländergebiete auf dem einen Punkte
zusammenzog, wo die herrschende Klasse ihren Wohnsitz
hatte. Sie sind Reichs- oder wenigstens Provinzialhaupt-
städte. Sie entstehen darum zuerst in der Diadochenzeit
und erreichen den Höhepunkt in der römischen Kaiserzeit.
Die Hauptstadt Rom selbst begründet ihre Verproviantie-
rung auf die Naturalsteuern der Provinzen und ebenso
später Konstantinopel 1). Es ist ein kommunistisch-imperia-
listisches Versorgungssystem, wie es die Welt nicht zum
zweiten Male gesehen hat: die Erpressungen der Beamten,
die Steuerpachtungen, die Wuchergeschäfte, der große durch
Sklaven bewirtschaftete Grundbesitz der reichen Privaten,
die staatlich anerkannte Verpflichtung zu Brot-, Fleisch-
und Weinspenden an die große Masse stellten die produktive
Arbeit einer halben Welt in den Dienst der Hauptstadt
und ließen dort höchstens das Gebiet der persönlichen
Dienstleistungen dem privaten Erwerb offen. Was wir
von den größeren Provinzialstädten wissen, läßt dort auf
ähnliche Verhältnisse schließen 2).

1) Vgl. Krakauer, Das Verpflegungswesen der Stadt Rom
in der späteren Kaiserzeit. Leipzig 1874 und E. Gebhardt, Stu-
dien über das Verpflegungswesen von Rom und Konstantinopel in der
späteren Kaiserzeit. Dorpat 1881. Dazu Rodbertus, Zur Gesch.
der röm. Tributsteuern in den Ihb. f. R.-Ö. u. Stat. VIII, bes.
S. 400 ff.
2) E. Kuhn, Die städtische und bürgerliche Verfassung des Rö-
mischen Reichs I, S. 46 ff. läßt auf eine ähnliche Organisation der
cura annonae wie in der Hauptstadt schließen.

vatwirtſchaften weiter Ländergebiete auf dem einen Punkte
zuſammenzog, wo die herrſchende Klaſſe ihren Wohnſitz
hatte. Sie ſind Reichs- oder wenigſtens Provinzialhaupt-
ſtädte. Sie entſtehen darum zuerſt in der Diadochenzeit
und erreichen den Höhepunkt in der römiſchen Kaiſerzeit.
Die Hauptſtadt Rom ſelbſt begründet ihre Verproviantie-
rung auf die Naturalſteuern der Provinzen und ebenſo
ſpäter Konſtantinopel 1). Es iſt ein kommuniſtiſch-imperia-
liſtiſches Verſorgungsſyſtem, wie es die Welt nicht zum
zweiten Male geſehen hat: die Erpreſſungen der Beamten,
die Steuerpachtungen, die Wuchergeſchäfte, der große durch
Sklaven bewirtſchaftete Grundbeſitz der reichen Privaten,
die ſtaatlich anerkannte Verpflichtung zu Brot-, Fleiſch-
und Weinſpenden an die große Maſſe ſtellten die produktive
Arbeit einer halben Welt in den Dienſt der Hauptſtadt
und ließen dort höchſtens das Gebiet der perſönlichen
Dienſtleiſtungen dem privaten Erwerb offen. Was wir
von den größeren Provinzialſtädten wiſſen, läßt dort auf
ähnliche Verhältniſſe ſchließen 2).

1) Vgl. Krakauer, Das Verpflegungsweſen der Stadt Rom
in der ſpäteren Kaiſerzeit. Leipzig 1874 und E. Gebhardt, Stu-
dien über das Verpflegungsweſen von Rom und Konſtantinopel in der
ſpäteren Kaiſerzeit. Dorpat 1881. Dazu Rodbertus, Zur Geſch.
der röm. Tributſteuern in den Ihb. f. R.-Ö. u. Stat. VIII, beſ.
S. 400 ff.
2) E. Kuhn, Die ſtädtiſche und bürgerliche Verfaſſung des Rö-
miſchen Reichs I, S. 46 ff. läßt auf eine ähnliche Organiſation der
cura annonae wie in der Hauptſtadt ſchließen.
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[287/0309] vatwirtſchaften weiter Ländergebiete auf dem einen Punkte zuſammenzog, wo die herrſchende Klaſſe ihren Wohnſitz hatte. Sie ſind Reichs- oder wenigſtens Provinzialhaupt- ſtädte. Sie entſtehen darum zuerſt in der Diadochenzeit und erreichen den Höhepunkt in der römiſchen Kaiſerzeit. Die Hauptſtadt Rom ſelbſt begründet ihre Verproviantie- rung auf die Naturalſteuern der Provinzen und ebenſo ſpäter Konſtantinopel 1). Es iſt ein kommuniſtiſch-imperia- liſtiſches Verſorgungsſyſtem, wie es die Welt nicht zum zweiten Male geſehen hat: die Erpreſſungen der Beamten, die Steuerpachtungen, die Wuchergeſchäfte, der große durch Sklaven bewirtſchaftete Grundbeſitz der reichen Privaten, die ſtaatlich anerkannte Verpflichtung zu Brot-, Fleiſch- und Weinſpenden an die große Maſſe ſtellten die produktive Arbeit einer halben Welt in den Dienſt der Hauptſtadt und ließen dort höchſtens das Gebiet der perſönlichen Dienſtleiſtungen dem privaten Erwerb offen. Was wir von den größeren Provinzialſtädten wiſſen, läßt dort auf ähnliche Verhältniſſe ſchließen 2). 1) Vgl. Krakauer, Das Verpflegungsweſen der Stadt Rom in der ſpäteren Kaiſerzeit. Leipzig 1874 und E. Gebhardt, Stu- dien über das Verpflegungsweſen von Rom und Konſtantinopel in der ſpäteren Kaiſerzeit. Dorpat 1881. Dazu Rodbertus, Zur Geſch. der röm. Tributſteuern in den Ihb. f. R.-Ö. u. Stat. VIII, beſ. S. 400 ff. 2) E. Kuhn, Die ſtädtiſche und bürgerliche Verfaſſung des Rö- miſchen Reichs I, S. 46 ff. läßt auf eine ähnliche Organiſation der cura annonae wie in der Hauptſtadt ſchließen.

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Zitationshilfe: Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/309>, abgerufen am 24.11.2024.