Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893.haben gleiche Bedeutung gehabt; aber die meisten waren 1) Obwohl seit dem Mittelalter viele Orte ihr Stadtrecht ver-
loren, andere dasselbe neu gewonnen haben, so gibt doch die Zahl der Orte, welche heute noch den Namen Stadt führen eine ungefähr richtige Vorstellung. Im Durchschnitt kommen gegenwärtig auf eine Stadt Quadratkilometer: in Baden 132, in Württemberg 134, in Elsaß-Lothringen 137, in Hessen 118, im Königr. Sachsen 105, in Hessen-Nassau 145, in der Rheinprovinz 193, in Westfalen 196, in der Provinz Sachsen 175, in Brandenburg 291, im Königr. Bayern 328, in Hannover 341, in Schleswig-Holstein 350, in Pommern 412, in Westpreußen 473 und in Ostpreußen 552. -- Das Stadtgründungs- fieber, das im Mittelalter bei vielen Territorialherren beobachtet werden kann, hat lebensunfähige Städte genug ins Dasein gerufen. Bekannt- lich verbietet der Sachsenspiegel: "Man enmuz cheinen markt buwen deme andern einer meile nah." Weiske III, 66 § 1. haben gleiche Bedeutung gehabt; aber die meiſten waren 1) Obwohl ſeit dem Mittelalter viele Orte ihr Stadtrecht ver-
loren, andere dasſelbe neu gewonnen haben, ſo gibt doch die Zahl der Orte, welche heute noch den Namen Stadt führen eine ungefähr richtige Vorſtellung. Im Durchſchnitt kommen gegenwärtig auf eine Stadt Quadratkilometer: in Baden 132, in Württemberg 134, in Elſaß-Lothringen 137, in Heſſen 118, im Königr. Sachſen 105, in Heſſen-Naſſau 145, in der Rheinprovinz 193, in Weſtfalen 196, in der Provinz Sachſen 175, in Brandenburg 291, im Königr. Bayern 328, in Hannover 341, in Schleswig-Holſtein 350, in Pommern 412, in Weſtpreußen 473 und in Oſtpreußen 552. — Das Stadtgründungs- fieber, das im Mittelalter bei vielen Territorialherren beobachtet werden kann, hat lebensunfähige Städte genug ins Daſein gerufen. Bekannt- lich verbietet der Sachſenſpiegel: „Man enmuz cheinen markt buwen deme andern einer mîle nah.“ Weiske III, 66 § 1. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0064" n="50"/> haben gleiche Bedeutung gehabt; aber die meiſten waren<lb/> doch zu ihrer Zeit (oder bemühten ſich wenigſtens zu ſein)<lb/> die Mittelpunkte territorialer Wirtſchaftsgebiete, welche ebenſo<lb/> ein für ſich abgeſchloſſenes Leben führten wie früher der<lb/> Fronhof. Um von der Größe dieſer Gebiete eine Vor-<lb/> ſtellung zu gewinnen, denken wir uns das geſamte Terri-<lb/> torium gleichmäßig auf die vorhandenen Stadtrechte ver-<lb/> teilt. Es kommen dann im Südweſten von Deutſchland<lb/> durchſchnittlich 2—2½ Quadratmeilen auf eine Stadt, im<lb/> mittleren und nordweſtlichen Deutſchland 3—4, im öſtlichen<lb/> 5—8. Stellen wir uns die Stadt immer im Mittelpunkte<lb/> eines ſolchen Gebietsabſchnittes vor, ſo überzeugen wir uns,<lb/> daß faſt überall in Deutſchland der Bauer aus der ent-<lb/> fernteſten ländlichen Niederlaſſung den ſtädtiſchen Markt<lb/> in einem Tage erreichen und am Abend wieder zurück ſein<lb/> konnte <note place="foot" n="1)">Obwohl ſeit dem Mittelalter viele Orte ihr Stadtrecht ver-<lb/> loren, andere dasſelbe neu gewonnen haben, ſo gibt doch die Zahl<lb/> der Orte, welche heute noch den Namen Stadt führen eine ungefähr<lb/> richtige Vorſtellung. Im Durchſchnitt kommen gegenwärtig auf eine<lb/> Stadt Quadratkilometer: in Baden 132, in Württemberg 134, in<lb/> Elſaß-Lothringen 137, in Heſſen 118, im Königr. Sachſen 105, in<lb/> Heſſen-Naſſau 145, in der Rheinprovinz 193, in Weſtfalen 196, in<lb/> der Provinz Sachſen 175, in Brandenburg 291, im Königr. Bayern<lb/> 328, in Hannover 341, in Schleswig-Holſtein 350, in Pommern 412,<lb/> in Weſtpreußen 473 und in Oſtpreußen 552. — Das Stadtgründungs-<lb/> fieber, das im Mittelalter bei vielen Territorialherren beobachtet werden<lb/> kann, hat lebensunfähige Städte genug ins Daſein gerufen. Bekannt-<lb/> lich verbietet der Sachſenſpiegel: „Man enmuz cheinen markt buwen<lb/> deme andern einer m<hi rendition="#aq">î</hi>le nah.“ <hi rendition="#g">Weiske</hi> <hi rendition="#aq">III,</hi> 66 § 1.</note>.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [50/0064]
haben gleiche Bedeutung gehabt; aber die meiſten waren
doch zu ihrer Zeit (oder bemühten ſich wenigſtens zu ſein)
die Mittelpunkte territorialer Wirtſchaftsgebiete, welche ebenſo
ein für ſich abgeſchloſſenes Leben führten wie früher der
Fronhof. Um von der Größe dieſer Gebiete eine Vor-
ſtellung zu gewinnen, denken wir uns das geſamte Terri-
torium gleichmäßig auf die vorhandenen Stadtrechte ver-
teilt. Es kommen dann im Südweſten von Deutſchland
durchſchnittlich 2—2½ Quadratmeilen auf eine Stadt, im
mittleren und nordweſtlichen Deutſchland 3—4, im öſtlichen
5—8. Stellen wir uns die Stadt immer im Mittelpunkte
eines ſolchen Gebietsabſchnittes vor, ſo überzeugen wir uns,
daß faſt überall in Deutſchland der Bauer aus der ent-
fernteſten ländlichen Niederlaſſung den ſtädtiſchen Markt
in einem Tage erreichen und am Abend wieder zurück ſein
konnte 1).
1) Obwohl ſeit dem Mittelalter viele Orte ihr Stadtrecht ver-
loren, andere dasſelbe neu gewonnen haben, ſo gibt doch die Zahl
der Orte, welche heute noch den Namen Stadt führen eine ungefähr
richtige Vorſtellung. Im Durchſchnitt kommen gegenwärtig auf eine
Stadt Quadratkilometer: in Baden 132, in Württemberg 134, in
Elſaß-Lothringen 137, in Heſſen 118, im Königr. Sachſen 105, in
Heſſen-Naſſau 145, in der Rheinprovinz 193, in Weſtfalen 196, in
der Provinz Sachſen 175, in Brandenburg 291, im Königr. Bayern
328, in Hannover 341, in Schleswig-Holſtein 350, in Pommern 412,
in Weſtpreußen 473 und in Oſtpreußen 552. — Das Stadtgründungs-
fieber, das im Mittelalter bei vielen Territorialherren beobachtet werden
kann, hat lebensunfähige Städte genug ins Daſein gerufen. Bekannt-
lich verbietet der Sachſenſpiegel: „Man enmuz cheinen markt buwen
deme andern einer mîle nah.“ Weiske III, 66 § 1.
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