welche die moderne Staatsidee im Kampfe mit dem Land- adel und den Städten zum Ausdruck zu bringen suchen -- freilich vielfach unter großen Schwierigkeiten, namentlich wo die Territorien arg zersplittert waren. Schon seit der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts bemerken wir hier mancherlei Anzeichen eines engeren wirtschaftlichen Zu- sammenschlusses: die Schaffung einer Landesmünze an Stelle der vielen städtischen, den Erlaß von Landesordnungen über Handel, Märkte, Gewerbebetrieb, Forstwesen, Bergwerke, Jagd und Fischerei, die allmähliche Ausbildung des fürst- lichen Privilegien- und Konzessionswesens, den Erlaß von Landrechten, welche größere Rechtseinheit herbeiführten, die Entstehung eines geordneten Staatshaushaltes.
Während aber in Deutschland noch Jahrhunderte lang die landschaftlichen Interessen vorwiegen und an diesen die Anstrengungen, welche die Reichsgewalt in der Richtung einer nationalen Wirtschaftspolitik machte, kläglich scheiterten, sehen wir die westeuropäischen Staaten: Spanien, Por- tugal, England, Frankreich, die Niederlande seit dem XVI. Jahrhundert auch schon äußerlich als einheitliche Wirtschaftsgebiete dadurch hervortreten, daß sie eine kraft- volle Kolonialpolitik entfalten, um die reichen Hilfsquellen der neuerschlossenen überseeischen Gebiete sich zu Nutze zu machen.
In allen diesen Ländern tritt, wenn auch in ver- schiedener Stärke, der Kampf mit den Sondergewalten des Mittelalters hervor: dem großen Adel, den Städten, Pro-
welche die moderne Staatsidee im Kampfe mit dem Land- adel und den Städten zum Ausdruck zu bringen ſuchen — freilich vielfach unter großen Schwierigkeiten, namentlich wo die Territorien arg zerſplittert waren. Schon ſeit der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts bemerken wir hier mancherlei Anzeichen eines engeren wirtſchaftlichen Zu- ſammenſchluſſes: die Schaffung einer Landesmünze an Stelle der vielen ſtädtiſchen, den Erlaß von Landesordnungen über Handel, Märkte, Gewerbebetrieb, Forſtweſen, Bergwerke, Jagd und Fiſcherei, die allmähliche Ausbildung des fürſt- lichen Privilegien- und Konzeſſionsweſens, den Erlaß von Landrechten, welche größere Rechtseinheit herbeiführten, die Entſtehung eines geordneten Staatshaushaltes.
Während aber in Deutſchland noch Jahrhunderte lang die landſchaftlichen Intereſſen vorwiegen und an dieſen die Anſtrengungen, welche die Reichsgewalt in der Richtung einer nationalen Wirtſchaftspolitik machte, kläglich ſcheiterten, ſehen wir die weſteuropäiſchen Staaten: Spanien, Por- tugal, England, Frankreich, die Niederlande ſeit dem XVI. Jahrhundert auch ſchon äußerlich als einheitliche Wirtſchaftsgebiete dadurch hervortreten, daß ſie eine kraft- volle Kolonialpolitik entfalten, um die reichen Hilfsquellen der neuerſchloſſenen überſeeiſchen Gebiete ſich zu Nutze zu machen.
In allen dieſen Ländern tritt, wenn auch in ver- ſchiedener Stärke, der Kampf mit den Sondergewalten des Mittelalters hervor: dem großen Adel, den Städten, Pro-
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welche die moderne Staatsidee im Kampfe mit dem Land-
adel und den Städten zum Ausdruck zu bringen ſuchen —
freilich vielfach unter großen Schwierigkeiten, namentlich wo
die Territorien arg zerſplittert waren. Schon ſeit der
zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts bemerken wir hier
mancherlei Anzeichen eines engeren wirtſchaftlichen Zu-
ſammenſchluſſes: die Schaffung einer Landesmünze an Stelle
der vielen ſtädtiſchen, den Erlaß von Landesordnungen über
Handel, Märkte, Gewerbebetrieb, Forſtweſen, Bergwerke,
Jagd und Fiſcherei, die allmähliche Ausbildung des fürſt-
lichen Privilegien- und Konzeſſionsweſens, den Erlaß von
Landrechten, welche größere Rechtseinheit herbeiführten, die
Entſtehung eines geordneten Staatshaushaltes.
Während aber in Deutſchland noch Jahrhunderte lang
die landſchaftlichen Intereſſen vorwiegen und an dieſen die
Anſtrengungen, welche die Reichsgewalt in der Richtung
einer nationalen Wirtſchaftspolitik machte, kläglich ſcheiterten,
ſehen wir die weſteuropäiſchen Staaten: Spanien, Por-
tugal, England, Frankreich, die Niederlande ſeit dem
XVI. Jahrhundert auch ſchon äußerlich als einheitliche
Wirtſchaftsgebiete dadurch hervortreten, daß ſie eine kraft-
volle Kolonialpolitik entfalten, um die reichen Hilfsquellen
der neuerſchloſſenen überſeeiſchen Gebiete ſich zu Nutze zu
machen.
In allen dieſen Ländern tritt, wenn auch in ver-
ſchiedener Stärke, der Kampf mit den Sondergewalten des
Mittelalters hervor: dem großen Adel, den Städten, Pro-
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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/82>, abgerufen am 24.11.2024.
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