Büchner, Georg: Danton's Tod. Frankfurt (Main), 1835. Weib. Du Judas, hättest du mir ein Paar Hosen hin- aufzuziehen, wenn die jungen Herren nicht gegen sie -- artig wären? Du Weinfaß, willst du ver- dursten, wenn das Brünnlein zu laufen auf- hört? He! -- Wir arbeiten mit allen Gliedern, warum denn nicht auch damit; ihre Mutter hat geschafft, wie sie zur Welt kam, und es hat ihr weh gethan; kann sie für ihre Mutter nicht auch schaffen, he? Und thut's ihr auch weh dabei, he? Du Dummkopf! Simon. Ha, Lucretia! ein Messer; gebt mir ein Messer, Römer! Ha, Appius Claudius! Erster Bürger. Ja, ein Messer, aber nicht für das arme Kind! Was that es? Nichts! Ihr Hunger bettelt. Ein Messer für die Leute, die das Fleisch unserer Wei- ber und Töchter kaufen! Weh über die, so mit den Töchtern des Volkes buhlen! Ihr habt Kollern im Leib und sie haben Magendrücken, ihr habt Löcher in den Jacken und sie haben warme Röcke, ihr habt Schwielen in den Fäusten und sie haben Sammt- hände. Ergo ihr arbeitet und sie thun nichts, ergo Weib. Du Judas, hätteſt du mir ein Paar Hoſen hin- aufzuziehen, wenn die jungen Herren nicht gegen ſie — artig wären? Du Weinfaß, willſt du ver- durſten, wenn das Brünnlein zu laufen auf- hört? He! — Wir arbeiten mit allen Gliedern, warum denn nicht auch damit; ihre Mutter hat geſchafft, wie ſie zur Welt kam, und es hat ihr weh gethan; kann ſie für ihre Mutter nicht auch ſchaffen, he? Und thut’s ihr auch weh dabei, he? Du Dummkopf! Simon. Ha, Lucretia! ein Meſſer; gebt mir ein Meſſer, Römer! Ha, Appius Claudius! Erſter Bürger. Ja, ein Meſſer, aber nicht für das arme Kind! Was that es? Nichts! Ihr Hunger bettelt. Ein Meſſer für die Leute, die das Fleiſch unſerer Wei- ber und Töchter kaufen! Weh über die, ſo mit den Töchtern des Volkes buhlen! Ihr habt Kollern im Leib und ſie haben Magendrücken, ihr habt Löcher in den Jacken und ſie haben warme Röcke, ihr habt Schwielen in den Fäuſten und ſie haben Sammt- hände. Ergo ihr arbeitet und ſie thun nichts, ergo <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0020" n="16"/> <sp who="#WEIB"> <speaker><hi rendition="#g">Weib</hi>.</speaker><lb/> <p>Du Judas, hätteſt du mir ein Paar Hoſen hin-<lb/> aufzuziehen, wenn die jungen Herren nicht gegen<lb/> ſie — artig wären? Du Weinfaß, willſt du ver-<lb/> durſten, wenn das Brünnlein zu laufen auf-<lb/> hört? He! — Wir arbeiten mit allen Gliedern,<lb/> warum denn nicht auch damit; ihre Mutter hat<lb/> geſchafft, wie ſie zur Welt kam, und es hat<lb/> ihr weh gethan; kann ſie für ihre Mutter nicht auch<lb/> ſchaffen, he? Und thut’s ihr auch weh dabei,<lb/> he? Du Dummkopf!</p> </sp><lb/> <sp who="#SIM"> <speaker><hi rendition="#g">Simon</hi>.</speaker><lb/> <p>Ha, Lucretia! ein Meſſer; gebt mir ein Meſſer,<lb/> Römer! Ha, Appius Claudius!</p> </sp><lb/> <sp who="#ERBUER"> <speaker><hi rendition="#g">Erſter Bürger</hi>.</speaker><lb/> <p>Ja, ein Meſſer, aber nicht für das arme Kind!<lb/> Was that es? Nichts! Ihr Hunger bettelt. Ein<lb/> Meſſer für die Leute, die das Fleiſch unſerer Wei-<lb/> ber und Töchter kaufen! Weh über die, ſo mit den<lb/> Töchtern des Volkes buhlen! Ihr habt Kollern im<lb/> Leib und ſie haben Magendrücken, ihr habt Löcher<lb/> in den Jacken und ſie haben warme Röcke, ihr habt<lb/> Schwielen in den Fäuſten und ſie haben Sammt-<lb/> hände. <hi rendition="#aq">Ergo</hi> ihr arbeitet und ſie thun nichts, <hi rendition="#aq">ergo</hi><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [16/0020]
Weib.
Du Judas, hätteſt du mir ein Paar Hoſen hin-
aufzuziehen, wenn die jungen Herren nicht gegen
ſie — artig wären? Du Weinfaß, willſt du ver-
durſten, wenn das Brünnlein zu laufen auf-
hört? He! — Wir arbeiten mit allen Gliedern,
warum denn nicht auch damit; ihre Mutter hat
geſchafft, wie ſie zur Welt kam, und es hat
ihr weh gethan; kann ſie für ihre Mutter nicht auch
ſchaffen, he? Und thut’s ihr auch weh dabei,
he? Du Dummkopf!
Simon.
Ha, Lucretia! ein Meſſer; gebt mir ein Meſſer,
Römer! Ha, Appius Claudius!
Erſter Bürger.
Ja, ein Meſſer, aber nicht für das arme Kind!
Was that es? Nichts! Ihr Hunger bettelt. Ein
Meſſer für die Leute, die das Fleiſch unſerer Wei-
ber und Töchter kaufen! Weh über die, ſo mit den
Töchtern des Volkes buhlen! Ihr habt Kollern im
Leib und ſie haben Magendrücken, ihr habt Löcher
in den Jacken und ſie haben warme Röcke, ihr habt
Schwielen in den Fäuſten und ſie haben Sammt-
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