Büchner, Georg: Danton's Tod. Frankfurt (Main), 1835.
der Könige ihren Aussatz nur in dem Wasser der Rhone abwaschen kann? Habt ihr vergessen, daß dieser revolutionäre Strom die Flotten Pitt's im Mittelmeere auf den Leichen der Aristokraten muß stranden machen? Eure Barmherzigkeit mordet die Revolution. Der Athemzug eines Aristokraten ist das Röcheln der Freiheit. Nur ein Feigling stirbt für die Republik, ein Jacobiner tödtet für sie. Wißt: finden wir in euch nicht mehr die Spann- kraft der Männer des 10. August, des September und des 31. Mai, so bleibt uns, wie dem Patien- ten Gaillard, nur der Dolch des Cato. (Beifall und verwirrtes Geschrei.) Ein Jacobiner. Wir werden den Becher des Socrates mit euch trinken! Legendre (schwingt sich auf die Tribüne). Wir haben nicht nöthig, unsere Blicke auf Lyon zu werfen. Die Leute, die seidene Kleider tragen, die in Kutschen fahren, die in den Logen im Thea- ter sitzen und nach dem Dictionär der Akademie sprechen, tragen seit einigen Tagen die Köpfe fest auf den Schultern. Sie sind witzig und sagen, man muß Marat und Chalier zu einem doppel-
der Könige ihren Ausſatz nur in dem Waſſer der Rhone abwaſchen kann? Habt ihr vergeſſen, daß dieſer revolutionäre Strom die Flotten Pitt’s im Mittelmeere auf den Leichen der Ariſtokraten muß ſtranden machen? Eure Barmherzigkeit mordet die Revolution. Der Athemzug eines Ariſtokraten iſt das Röcheln der Freiheit. Nur ein Feigling ſtirbt für die Republik, ein Jacobiner tödtet für ſie. Wißt: finden wir in euch nicht mehr die Spann- kraft der Männer des 10. Auguſt, des September und des 31. Mai, ſo bleibt uns, wie dem Patien- ten Gaillard, nur der Dolch des Cato. (Beifall und verwirrtes Geſchrei.) Ein Jacobiner. Wir werden den Becher des Socrates mit euch trinken! Legendre (ſchwingt ſich auf die Tribüne). Wir haben nicht nöthig, unſere Blicke auf Lyon zu werfen. Die Leute, die ſeidene Kleider tragen, die in Kutſchen fahren, die in den Logen im Thea- ter ſitzen und nach dem Dictionär der Akademie ſprechen, tragen ſeit einigen Tagen die Köpfe feſt auf den Schultern. Sie ſind witzig und ſagen, man muß Marat und Chalier zu einem doppel- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#LYO"> <p><pb facs="#f0027" n="23"/> der Könige ihren Ausſatz nur in dem Waſſer der<lb/> Rhone abwaſchen kann? Habt ihr vergeſſen, daß<lb/> dieſer revolutionäre Strom die Flotten Pitt’s im<lb/> Mittelmeere auf den Leichen der Ariſtokraten muß<lb/> ſtranden machen? Eure Barmherzigkeit mordet die<lb/> Revolution. Der Athemzug eines Ariſtokraten iſt<lb/> das Röcheln der Freiheit. Nur ein Feigling ſtirbt<lb/> für die Republik, ein Jacobiner tödtet für ſie.<lb/> Wißt: finden wir in euch nicht mehr die Spann-<lb/> kraft der Männer des 10. Auguſt, des September<lb/> und des 31. Mai, ſo bleibt uns, wie dem Patien-<lb/> ten Gaillard, nur der Dolch des Cato.</p><lb/> <stage>(Beifall und verwirrtes Geſchrei.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#JACO"> <speaker><hi rendition="#g">Ein Jacobiner</hi>.</speaker><lb/> <p>Wir werden den Becher des Socrates mit<lb/> euch trinken!</p> </sp><lb/> <sp who="#LEG"> <speaker> <hi rendition="#g">Legendre</hi> </speaker> <stage>(ſchwingt ſich auf die Tribüne).</stage><lb/> <p>Wir haben nicht nöthig, unſere Blicke auf Lyon<lb/> zu werfen. Die Leute, die ſeidene Kleider tragen,<lb/> die in Kutſchen fahren, die in den Logen im Thea-<lb/> ter ſitzen und nach dem Dictionär der Akademie<lb/> ſprechen, tragen ſeit einigen Tagen die Köpfe feſt<lb/> auf den Schultern. Sie ſind witzig und ſagen,<lb/> man muß Marat und Chalier zu einem doppel-<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [23/0027]
der Könige ihren Ausſatz nur in dem Waſſer der
Rhone abwaſchen kann? Habt ihr vergeſſen, daß
dieſer revolutionäre Strom die Flotten Pitt’s im
Mittelmeere auf den Leichen der Ariſtokraten muß
ſtranden machen? Eure Barmherzigkeit mordet die
Revolution. Der Athemzug eines Ariſtokraten iſt
das Röcheln der Freiheit. Nur ein Feigling ſtirbt
für die Republik, ein Jacobiner tödtet für ſie.
Wißt: finden wir in euch nicht mehr die Spann-
kraft der Männer des 10. Auguſt, des September
und des 31. Mai, ſo bleibt uns, wie dem Patien-
ten Gaillard, nur der Dolch des Cato.
(Beifall und verwirrtes Geſchrei.)
Ein Jacobiner.
Wir werden den Becher des Socrates mit
euch trinken!
Legendre (ſchwingt ſich auf die Tribüne).
Wir haben nicht nöthig, unſere Blicke auf Lyon
zu werfen. Die Leute, die ſeidene Kleider tragen,
die in Kutſchen fahren, die in den Logen im Thea-
ter ſitzen und nach dem Dictionär der Akademie
ſprechen, tragen ſeit einigen Tagen die Köpfe feſt
auf den Schultern. Sie ſind witzig und ſagen,
man muß Marat und Chalier zu einem doppel-
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