ist ganz artig und paßt für uns, wir stehen immer auf dem Theater, wenn wir auch zuletzt im Ernst erstochen werden. Es ist recht gut, daß die Lebens- zeit ein wenig reduzirt wird, der Rock war zu lang, unsere Glieder konnten ihn nicht ausfüllen. Das Leben wird ein Epigramm, das geht an; wer hat auch Athem und Geist genug für ein Epos in fünfzig oder sechzig Gesängen? 's ist Zeit, daß man das bischen Essen nicht mehr aus Zubern, sondern aus Liqueur-Gläschen trinkt, so bekömmt man doch das Maul voll, sonst konnte man kaum einige Tropfen in dem plumpen Gefäß zusammenrinnen machen. Endlich -- -- ich müßte schreien, das ist mir der Mühe zu viel, das Leben ist nicht der Ar- beit werth, die man sich macht, es zu erhalten.
Paris. So flieh', Danton!
Danton. Nimmt man das Vaterland an den Schuhsohlen mit? -- Und endlich -- und das ist die Haupt- sache: sie werden's nicht wagen. (Zu Camille.) Komm, mein Junge, ich sage dir: sie werden's nicht wagen. Adieu, Adieu! (Danton und Camille ab.)
iſt ganz artig und paßt für uns, wir ſtehen immer auf dem Theater, wenn wir auch zuletzt im Ernſt erſtochen werden. Es iſt recht gut, daß die Lebens- zeit ein wenig reduzirt wird, der Rock war zu lang, unſere Glieder konnten ihn nicht ausfüllen. Das Leben wird ein Epigramm, das geht an; wer hat auch Athem und Geiſt genug für ein Epos in fünfzig oder ſechzig Geſängen? ’s iſt Zeit, daß man das bischen Eſſen nicht mehr aus Zubern, ſondern aus Liqueur-Gläschen trinkt, ſo bekömmt man doch das Maul voll, ſonſt konnte man kaum einige Tropfen in dem plumpen Gefäß zuſammenrinnen machen. Endlich — — ich müßte ſchreien, das iſt mir der Mühe zu viel, das Leben iſt nicht der Ar- beit werth, die man ſich macht, es zu erhalten.
Paris. So flieh’, Danton!
Danton. Nimmt man das Vaterland an den Schuhſohlen mit? — Und endlich — und das iſt die Haupt- ſache: ſie werden’s nicht wagen. (Zu Camille.) Komm, mein Junge, ich ſage dir: ſie werden’s nicht wagen. Adieu, Adieu! (Danton und Camille ab.)
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iſt ganz artig und paßt für uns, wir ſtehen immer
auf dem Theater, wenn wir auch zuletzt im Ernſt
erſtochen werden. Es iſt recht gut, daß die Lebens-
zeit ein wenig reduzirt wird, der Rock war zu lang,
unſere Glieder konnten ihn nicht ausfüllen. Das
Leben wird ein Epigramm, das geht an; wer hat
auch Athem und Geiſt genug für ein Epos in
fünfzig oder ſechzig Geſängen? ’s iſt Zeit, daß man
das bischen Eſſen nicht mehr aus Zubern, ſondern
aus Liqueur-Gläschen trinkt, ſo bekömmt man doch
das Maul voll, ſonſt konnte man kaum einige
Tropfen in dem plumpen Gefäß zuſammenrinnen
machen. Endlich — — ich müßte ſchreien, das iſt
mir der Mühe zu viel, das Leben iſt nicht der Ar-
beit werth, die man ſich macht, es zu erhalten.
Paris.
So flieh’, Danton!
Danton.
Nimmt man das Vaterland an den Schuhſohlen
mit? — Und endlich — und das iſt die Haupt-
ſache: ſie werden’s nicht wagen. (Zu Camille.) Komm,
mein Junge, ich ſage dir: ſie werden’s nicht wagen.
Adieu, Adieu!(Danton und Camille ab.)
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Büchner, Georg: Danton's Tod. Frankfurt (Main), 1835, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_danton_1835/63>, abgerufen am 17.02.2025.
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