und es ist keine Aussicht vorhanden, daß man es jemals im Stande sein werde. Ebensowenig existirt jene Grenze zwischen Mensch und Thier, von welcher man so viel reden hören muß, vielleicht weil die Redenden fürchten, ihr eigner Verstand möge bei einer solchen Vergleichung an Ansehen verlieren. Die Geologen berechnen das Alter des Menschengeschlechts auf 80 -- 100 Tausend Jahre, gleich dem Alter der s g. Alluvialschicht, auf der zuerst menschliches Leben möglich wurde; dagegen existirt die Geschichte menschlichen Daseins, also sein culturfähiger Zustand, erst seit wenigen tausend Jahren. Welche Zeit mußte demnach vergehen, bis der Mensch sich auf einen solchen Punkt geistiger Höhe schwang, auf dem es ihm Bedürfniß wurde, seine Erlebnisse seinen Nachkommen traditionell mitzutheilen! und welches Recht haben wir, den heutigen Culturmenschen, der auf der obersten Sprosse einer hunderttausendjährigen Leiter steht, als ein Produkt übernatürlicher Einwirkung zu citiren? Wenn wir an seinen Ursprung zurückdenken, werden wir anders urtheilen. Ohne Zweifel näherte sich der Mensch in jenen früheren Perioden mehr den Thieren, als dem Bilde seines heutigen Zustandes, und die ältesten ausgegrabenen Menschen- schädel zeigen rohe, unentwickelte und thierähnliche For- men. -- Wollte man dennoch, entgegen allem naturphi- losophischem Verstand, annehmen, es habe die unmittelbare Hand des Schöpfers selbst diese Vorgänge überall und
und es iſt keine Ausſicht vorhanden, daß man es jemals im Stande ſein werde. Ebenſowenig exiſtirt jene Grenze zwiſchen Menſch und Thier, von welcher man ſo viel reden hören muß, vielleicht weil die Redenden fürchten, ihr eigner Verſtand möge bei einer ſolchen Vergleichung an Anſehen verlieren. Die Geologen berechnen das Alter des Menſchengeſchlechts auf 80 — 100 Tauſend Jahre, gleich dem Alter der ſ g. Alluvialſchicht, auf der zuerſt menſchliches Leben möglich wurde; dagegen exiſtirt die Geſchichte menſchlichen Daſeins, alſo ſein culturfähiger Zuſtand, erſt ſeit wenigen tauſend Jahren. Welche Zeit mußte demnach vergehen, bis der Menſch ſich auf einen ſolchen Punkt geiſtiger Höhe ſchwang, auf dem es ihm Bedürfniß wurde, ſeine Erlebniſſe ſeinen Nachkommen traditionell mitzutheilen! und welches Recht haben wir, den heutigen Culturmenſchen, der auf der oberſten Sproſſe einer hunderttauſendjährigen Leiter ſteht, als ein Produkt übernatürlicher Einwirkung zu citiren? Wenn wir an ſeinen Urſprung zurückdenken, werden wir anders urtheilen. Ohne Zweifel näherte ſich der Menſch in jenen früheren Perioden mehr den Thieren, als dem Bilde ſeines heutigen Zuſtandes, und die älteſten ausgegrabenen Menſchen- ſchädel zeigen rohe, unentwickelte und thierähnliche For- men. — Wollte man dennoch, entgegen allem naturphi- loſophiſchem Verſtand, annehmen, es habe die unmittelbare Hand des Schöpfers ſelbſt dieſe Vorgänge überall und
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und es iſt keine Ausſicht vorhanden, daß man es jemals
im Stande ſein werde. Ebenſowenig exiſtirt jene Grenze
zwiſchen Menſch und Thier, von welcher man ſo viel
reden hören muß, vielleicht weil die Redenden fürchten,
ihr eigner Verſtand möge bei einer ſolchen Vergleichung
an Anſehen verlieren. Die Geologen berechnen das Alter
des Menſchengeſchlechts auf 80 — 100 Tauſend Jahre,
gleich dem Alter der ſ g. Alluvialſchicht, auf der zuerſt
menſchliches Leben möglich wurde; dagegen exiſtirt die
Geſchichte menſchlichen Daſeins, alſo ſein culturfähiger
Zuſtand, erſt ſeit wenigen tauſend Jahren. Welche Zeit
mußte demnach vergehen, bis der Menſch ſich auf einen
ſolchen Punkt geiſtiger Höhe ſchwang, auf dem es ihm
Bedürfniß wurde, ſeine Erlebniſſe ſeinen Nachkommen
traditionell mitzutheilen! und welches Recht haben wir,
den heutigen Culturmenſchen, der auf der oberſten Sproſſe
einer hunderttauſendjährigen Leiter ſteht, als ein Produkt
übernatürlicher Einwirkung zu citiren? Wenn wir an
ſeinen Urſprung zurückdenken, werden wir anders urtheilen.
Ohne Zweifel näherte ſich der Menſch in jenen früheren
Perioden mehr den Thieren, als dem Bilde ſeines heutigen
Zuſtandes, und die älteſten ausgegrabenen Menſchen-
ſchädel zeigen rohe, unentwickelte und thierähnliche For-
men. — Wollte man dennoch, entgegen allem naturphi-
loſophiſchem Verſtand, annehmen, es habe die unmittelbare
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Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/111>, abgerufen am 21.11.2024.
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