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Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855.

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organischen Welt stattfindet. Wir haben in einem frü-
heren Kapitel gesehen, wie solche complicirte materielle
Grundlagen auch wunderbar scheinende Effekte zu erzielen
im Stande sind. Diese Combinationen im Einzelnen
zu erkennen -- dahin geht gegenwärtig das Streben der
physiologischen Wissenschaften. Vieles ist dabei geleistet
worden, was früher unmöglich schien, und noch mehr
wird geleistet werden. Es naht die Zeit, wo, nach
Liebig's Ausspruch, mit Hülfe der organischen Chemie
der Physiologe im Stande sein wird, die Ursachen der
für das Auge nicht mehr faßlichen Phänomene zu erfor-
schen. Wollte man aber daraus, daß uns Vieles, ja
das Meiste in diesen Phänomenen zur Zeit noch uner-
klärlich, ihr innerer Zusammenhang noch unenthüllt, ihre
Abhängigkeit von den chemischen und physikalischen Gesetzen
in jedem einzelnen Vorgang noch nicht nachgewiesen ist,
folgern, es entzögen sich dieselben jenen Gesetzen über-
haupt, es wirke in ihnen eine unbekannte, dynamische
Kraft, so würde man sich einer wissenschaftlichen Lächer-
lichkeit schuldig machen. Jm Gegentheil haben wir das
vollkommenste Recht nicht nur, sondern auch die wissen-
schaftliche Pflicht, nach den unumstößlichen Gesetzen der
Jnduktion aus dem Bekannten auf das Unbekannte zu
schließen und zu sagen: Ein allgemeines Gesetz, welches
für einen Theil der organischen Phänomene mit Bestimmt-
heit nachgewiesen ist, gilt für alle. Erinnern wir

organiſchen Welt ſtattfindet. Wir haben in einem frü-
heren Kapitel geſehen, wie ſolche complicirte materielle
Grundlagen auch wunderbar ſcheinende Effekte zu erzielen
im Stande ſind. Dieſe Combinationen im Einzelnen
zu erkennen — dahin geht gegenwärtig das Streben der
phyſiologiſchen Wiſſenſchaften. Vieles iſt dabei geleiſtet
worden, was früher unmöglich ſchien, und noch mehr
wird geleiſtet werden. Es naht die Zeit, wo, nach
Liebig’s Ausſpruch, mit Hülfe der organiſchen Chemie
der Phyſiologe im Stande ſein wird, die Urſachen der
für das Auge nicht mehr faßlichen Phänomene zu erfor-
ſchen. Wollte man aber daraus, daß uns Vieles, ja
das Meiſte in dieſen Phänomenen zur Zeit noch uner-
klärlich, ihr innerer Zuſammenhang noch unenthüllt, ihre
Abhängigkeit von den chemiſchen und phyſikaliſchen Geſetzen
in jedem einzelnen Vorgang noch nicht nachgewieſen iſt,
folgern, es entzögen ſich dieſelben jenen Geſetzen über-
haupt, es wirke in ihnen eine unbekannte, dynamiſche
Kraft, ſo würde man ſich einer wiſſenſchaftlichen Lächer-
lichkeit ſchuldig machen. Jm Gegentheil haben wir das
vollkommenſte Recht nicht nur, ſondern auch die wiſſen-
ſchaftliche Pflicht, nach den unumſtößlichen Geſetzen der
Jnduktion aus dem Bekannten auf das Unbekannte zu
ſchließen und zu ſagen: Ein allgemeines Geſetz, welches
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[224/0244] organiſchen Welt ſtattfindet. Wir haben in einem frü- heren Kapitel geſehen, wie ſolche complicirte materielle Grundlagen auch wunderbar ſcheinende Effekte zu erzielen im Stande ſind. Dieſe Combinationen im Einzelnen zu erkennen — dahin geht gegenwärtig das Streben der phyſiologiſchen Wiſſenſchaften. Vieles iſt dabei geleiſtet worden, was früher unmöglich ſchien, und noch mehr wird geleiſtet werden. Es naht die Zeit, wo, nach Liebig’s Ausſpruch, mit Hülfe der organiſchen Chemie der Phyſiologe im Stande ſein wird, die Urſachen der für das Auge nicht mehr faßlichen Phänomene zu erfor- ſchen. Wollte man aber daraus, daß uns Vieles, ja das Meiſte in dieſen Phänomenen zur Zeit noch uner- klärlich, ihr innerer Zuſammenhang noch unenthüllt, ihre Abhängigkeit von den chemiſchen und phyſikaliſchen Geſetzen in jedem einzelnen Vorgang noch nicht nachgewieſen iſt, folgern, es entzögen ſich dieſelben jenen Geſetzen über- haupt, es wirke in ihnen eine unbekannte, dynamiſche Kraft, ſo würde man ſich einer wiſſenſchaftlichen Lächer- lichkeit ſchuldig machen. Jm Gegentheil haben wir das vollkommenſte Recht nicht nur, ſondern auch die wiſſen- ſchaftliche Pflicht, nach den unumſtößlichen Geſetzen der Jnduktion aus dem Bekannten auf das Unbekannte zu ſchließen und zu ſagen: Ein allgemeines Geſetz, welches für einen Theil der organiſchen Phänomene mit Beſtimmt- heit nachgewieſen iſt, gilt für alle. Erinnern wir

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Zitationshilfe: Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/244>, abgerufen am 21.11.2024.