weiß, daß der Herr und die Knechte abwesend oder zu Tische sind, sondern -- aus Ueberlegung. Nicht aus Jn- stinkt sind ältere Thiere klüger, als jüngere, sondern aus Erfahrung. Die Beispiele, welche für die Einsicht und Ueberlegungskraft der Thiere sprechen, sind so zahlreich und bekannt, zugleich so schlagend, daß es Zeit und Pa- pier verschwenden hieße, wollten wir auch nur einen Theil derselben hier wiederholen. Jeder, der mit Hunden um- geht, weiß merkwürdige Dinge von deren berechnender Einsicht zu erzählen. Man lese, was Dujardin von der Jntelligenz der Bienen, was Burdach von dem Verstand der Krähen, was Vogt von den Delphinen und von der merkwürdigen Erziehung eines jungen Hundes durch einen alten erzählt; man erinnere sich an die bekannte Anekdote von der im Frühling rückkehrenden Schwalbe, welche ihr Nest von dem Sperling besetzt fand und sich nun an dem sich zur Wehre setzenden Usurpator dadurch zu rächen suchte, daß sie das Flugloch zuzumauern begann. Wa- rum fürchten sich jagdbare Thiere, namentlich Vögel, (Krähen, Sperlinge) nicht vor Leuten, die keine Flinte tragen? -- Wem wäre die wunderbare Einrichtung des Bienenstaates nicht aus Vogt's schöner Beschreibung bekannt? Und wer hat nicht von den Hundestaaten in den nordamerikanischen Prairien gelesen? Der Eng- länder Hooker schreibt von dem Elephanten: "Die Ge- lehrigkeit dieser Thiere ist seit Alters bekannt; verliert
weiß, daß der Herr und die Knechte abweſend oder zu Tiſche ſind, ſondern — aus Ueberlegung. Nicht aus Jn- ſtinkt ſind ältere Thiere klüger, als jüngere, ſondern aus Erfahrung. Die Beiſpiele, welche für die Einſicht und Ueberlegungskraft der Thiere ſprechen, ſind ſo zahlreich und bekannt, zugleich ſo ſchlagend, daß es Zeit und Pa- pier verſchwenden hieße, wollten wir auch nur einen Theil derſelben hier wiederholen. Jeder, der mit Hunden um- geht, weiß merkwürdige Dinge von deren berechnender Einſicht zu erzählen. Man leſe, was Dujardin von der Jntelligenz der Bienen, was Burdach von dem Verſtand der Krähen, was Vogt von den Delphinen und von der merkwürdigen Erziehung eines jungen Hundes durch einen alten erzählt; man erinnere ſich an die bekannte Anekdote von der im Frühling rückkehrenden Schwalbe, welche ihr Neſt von dem Sperling beſetzt fand und ſich nun an dem ſich zur Wehre ſetzenden Uſurpator dadurch zu rächen ſuchte, daß ſie das Flugloch zuzumauern begann. Wa- rum fürchten ſich jagdbare Thiere, namentlich Vögel, (Krähen, Sperlinge) nicht vor Leuten, die keine Flinte tragen? — Wem wäre die wunderbare Einrichtung des Bienenſtaates nicht aus Vogt’s ſchöner Beſchreibung bekannt? Und wer hat nicht von den Hundeſtaaten in den nordamerikaniſchen Prairien geleſen? Der Eng- länder Hooker ſchreibt von dem Elephanten: „Die Ge- lehrigkeit dieſer Thiere iſt ſeit Alters bekannt; verliert
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weiß, daß der Herr und die Knechte abweſend oder zu
Tiſche ſind, ſondern — aus Ueberlegung. Nicht aus Jn-
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Erfahrung. Die Beiſpiele, welche für die Einſicht und
Ueberlegungskraft der Thiere ſprechen, ſind ſo zahlreich
und bekannt, zugleich ſo ſchlagend, daß es Zeit und Pa-
pier verſchwenden hieße, wollten wir auch nur einen Theil
derſelben hier wiederholen. Jeder, der mit Hunden um-
geht, weiß merkwürdige Dinge von deren berechnender
Einſicht zu erzählen. Man leſe, was Dujardin von der
Jntelligenz der Bienen, was Burdach von dem Verſtand
der Krähen, was Vogt von den Delphinen und von der
merkwürdigen Erziehung eines jungen Hundes durch einen
alten erzählt; man erinnere ſich an die bekannte Anekdote
von der im Frühling rückkehrenden Schwalbe, welche ihr
Neſt von dem Sperling beſetzt fand und ſich nun an
dem ſich zur Wehre ſetzenden Uſurpator dadurch zu rächen
ſuchte, daß ſie das Flugloch zuzumauern begann. Wa-
rum fürchten ſich jagdbare Thiere, namentlich Vögel,
(Krähen, Sperlinge) nicht vor Leuten, die keine Flinte
tragen? — Wem wäre die wunderbare Einrichtung des
Bienenſtaates nicht aus Vogt’s ſchöner Beſchreibung
bekannt? Und wer hat nicht von den Hundeſtaaten
in den nordamerikaniſchen Prairien geleſen? Der Eng-
länder Hooker ſchreibt von dem Elephanten: „Die Ge-
lehrigkeit dieſer Thiere iſt ſeit Alters bekannt; verliert
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Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/253>, abgerufen am 21.11.2024.
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