Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855.nur kann, in der Ueberzeugung, daß Keiner auch mit Büchner, Kraft und Stoff. 17
nur kann, in der Ueberzeugung, daß Keiner auch mit Büchner, Kraft und Stoff. 17
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0277" n="257"/> nur kann, in der Ueberzeugung, daß Keiner auch mit<lb/> ihm beſſer verfahre. Jm Allgemeinen hält man den,<lb/> der dieſen Weg nicht einſchlägt, für zu dumm und zu<lb/> einfältig, ihn gehen zu können ꝛc.‟ Jeder thut, was<lb/> ſeiner Natur entſpricht, und folgt den Anſtößen, welche<lb/> ihm entweder dieſe oder äußere Umſtände und Lebens-<lb/> verhältniſſe ertheilen; er thut, was ihm vortheilhaft,<lb/> paſſend für ſich ſelbſt und für Erreichung ſeiner Zwecke<lb/> erſcheint, unbekümmert um nicht poſitiv gewordene Moral-<lb/> principien. „Alle Menſchen ſind praktiſche Atheiſten.‟<lb/> (Feuerbach) Einen Menſchen, der mehr für Andere,<lb/> als für ſich ſorgt, pflegt man nach <hi rendition="#g">Cotta’s</hi> Ausdruck<lb/> einen „guten dummen Kerl‟ zu nennen. So hat die<lb/> Geſellſchaft von je gehandelt und wird immer ſo han-<lb/> deln, unabhängig von den jeweiligen religiöſen oder<lb/> philoſophiſchen Vorſtellungen, unter denen ſie lebt. Der<lb/> Menſch iſt frei, aber mit gebundenen Händen; er kann<lb/> nicht über eine gewiſſe ihm von der Natur geſteckte<lb/> Grenze hinaus, und dieſe Grenze erſetzt das, was die<lb/> Moraliſten von poſitiven Moralgeſetzen verlangen. „Denn<lb/> was man freien Willen nennt,‟ ſagt <hi rendition="#g">Cotta,</hi> „iſt ſchließ-<lb/> lich nichts Anderes, als das Reſultat der ſtärkſten Mo-<lb/> tive.‟ Mögen ſich daher die allgemeinen Anſichten über<lb/> Weltregierung und Unſterblichkeit ändern und geſtalten<lb/> wie ſie wollen, die menſchliche Geſellſchaft wird deßwegen<lb/> nicht anders werden, ſie wird ſtets dieſelbe bleiben.<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Büchner,</hi> Kraft und Stoff. 17</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [257/0277]
nur kann, in der Ueberzeugung, daß Keiner auch mit
ihm beſſer verfahre. Jm Allgemeinen hält man den,
der dieſen Weg nicht einſchlägt, für zu dumm und zu
einfältig, ihn gehen zu können ꝛc.‟ Jeder thut, was
ſeiner Natur entſpricht, und folgt den Anſtößen, welche
ihm entweder dieſe oder äußere Umſtände und Lebens-
verhältniſſe ertheilen; er thut, was ihm vortheilhaft,
paſſend für ſich ſelbſt und für Erreichung ſeiner Zwecke
erſcheint, unbekümmert um nicht poſitiv gewordene Moral-
principien. „Alle Menſchen ſind praktiſche Atheiſten.‟
(Feuerbach) Einen Menſchen, der mehr für Andere,
als für ſich ſorgt, pflegt man nach Cotta’s Ausdruck
einen „guten dummen Kerl‟ zu nennen. So hat die
Geſellſchaft von je gehandelt und wird immer ſo han-
deln, unabhängig von den jeweiligen religiöſen oder
philoſophiſchen Vorſtellungen, unter denen ſie lebt. Der
Menſch iſt frei, aber mit gebundenen Händen; er kann
nicht über eine gewiſſe ihm von der Natur geſteckte
Grenze hinaus, und dieſe Grenze erſetzt das, was die
Moraliſten von poſitiven Moralgeſetzen verlangen. „Denn
was man freien Willen nennt,‟ ſagt Cotta, „iſt ſchließ-
lich nichts Anderes, als das Reſultat der ſtärkſten Mo-
tive.‟ Mögen ſich daher die allgemeinen Anſichten über
Weltregierung und Unſterblichkeit ändern und geſtalten
wie ſie wollen, die menſchliche Geſellſchaft wird deßwegen
nicht anders werden, ſie wird ſtets dieſelbe bleiben.
Büchner, Kraft und Stoff. 17
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