Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

gehe, woraus es erschaffen ist. Die Substanz bleibt
ewig. Ein Ding zerfällt in Staub, aber aus dem
Staube entwickelt sich wieder ein neues. Die Erde ist,
wie Plinius sagt, ein Phönix und bleibt für und für.
Wenn er alt wird, verbrennt er sich zu Asche, daraus
ein junger Phönix wird, aber der vorige, doch verjüngte."

Noch unumwundner drücken die italiänischen Phi-
losophen des Mittelalters diese Jdee aus. Bernhard
Telesius
(1508) sagt:

"Der körperliche Stoff ist in allen Dingen gleich
und bleibt ewig derselbe; die finstere, träge Materie
kann weder vermehrt noch vermindert werden."

Und endlich Giordano Bruno (der im Jahre
1600 in Rom verbrannt wurde):

"Was erst Samen war, wird Gras, hierauf Aether,
alsdann Brod, Nahrungssaft, Blut, thierischer Same,
Embryo, ein Mensch, ein Leichnam; dann wieder Erde,
Stein oder andere Masse und so fort. Hier erkennen
wir also etwas, was sich in alle diese Dinge verwandelt
und an sich immer ein- und dasselbe bleibt. So scheint
wirklich Nichts beständig, ewig und des Namens Prin-
cip würdig zu sein, denn allein die Materie. Die Ma-
terie als absolut begreift alle Formen und Dimensionen
in sich. Aber die Unendlichkeit der Formen, in denen
die Materie erscheint, nimmt sie nicht von einem Andern

gehe, woraus es erſchaffen iſt. Die Subſtanz bleibt
ewig. Ein Ding zerfällt in Staub, aber aus dem
Staube entwickelt ſich wieder ein neues. Die Erde iſt,
wie Plinius ſagt, ein Phönix und bleibt für und für.
Wenn er alt wird, verbrennt er ſich zu Aſche, daraus
ein junger Phönix wird, aber der vorige, doch verjüngte.‟

Noch unumwundner drücken die italiäniſchen Phi-
loſophen des Mittelalters dieſe Jdee aus. Bernhard
Teleſius
(1508) ſagt:

„Der körperliche Stoff iſt in allen Dingen gleich
und bleibt ewig derſelbe; die finſtere, träge Materie
kann weder vermehrt noch vermindert werden.‟

Und endlich Giordano Bruno (der im Jahre
1600 in Rom verbrannt wurde):

„Was erſt Samen war, wird Gras, hierauf Aether,
alsdann Brod, Nahrungsſaft, Blut, thieriſcher Same,
Embryo, ein Menſch, ein Leichnam; dann wieder Erde,
Stein oder andere Maſſe und ſo fort. Hier erkennen
wir alſo etwas, was ſich in alle dieſe Dinge verwandelt
und an ſich immer ein- und daſſelbe bleibt. So ſcheint
wirklich Nichts beſtändig, ewig und des Namens Prin-
cip würdig zu ſein, denn allein die Materie. Die Ma-
terie als abſolut begreift alle Formen und Dimenſionen
in ſich. Aber die Unendlichkeit der Formen, in denen
die Materie erſcheint, nimmt ſie nicht von einem Andern

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0038" n="18"/>
gehe, woraus es er&#x017F;chaffen i&#x017F;t. Die Sub&#x017F;tanz bleibt<lb/>
ewig. Ein Ding zerfällt in Staub, aber aus dem<lb/>
Staube entwickelt &#x017F;ich wieder ein neues. Die Erde i&#x017F;t,<lb/>
wie Plinius &#x017F;agt, ein Phönix und bleibt für und für.<lb/>
Wenn er alt wird, verbrennt er &#x017F;ich zu A&#x017F;che, daraus<lb/>
ein junger Phönix wird, aber der vorige, doch verjüngte.&#x201F;</p><lb/>
        <p>Noch unumwundner drücken die <hi rendition="#g">italiäni&#x017F;chen</hi> Phi-<lb/>
lo&#x017F;ophen des Mittelalters die&#x017F;e Jdee aus. <hi rendition="#g">Bernhard<lb/>
Tele&#x017F;ius</hi> (1508) &#x017F;agt:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Der körperliche Stoff i&#x017F;t in allen Dingen gleich<lb/>
und bleibt ewig der&#x017F;elbe; die fin&#x017F;tere, träge Materie<lb/>
kann weder vermehrt noch vermindert werden.&#x201F;</p><lb/>
        <p>Und endlich <hi rendition="#g">Giordano Bruno</hi> (der im Jahre<lb/>
1600 in Rom verbrannt wurde):</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was er&#x017F;t Samen war, wird Gras, hierauf Aether,<lb/>
alsdann Brod, Nahrungs&#x017F;aft, Blut, thieri&#x017F;cher Same,<lb/>
Embryo, ein Men&#x017F;ch, ein Leichnam; dann wieder Erde,<lb/>
Stein oder andere Ma&#x017F;&#x017F;e und &#x017F;o fort. Hier erkennen<lb/>
wir al&#x017F;o etwas, was &#x017F;ich in alle die&#x017F;e Dinge verwandelt<lb/>
und an &#x017F;ich immer ein- und da&#x017F;&#x017F;elbe bleibt. So &#x017F;cheint<lb/>
wirklich Nichts be&#x017F;tändig, ewig und des Namens Prin-<lb/>
cip würdig zu &#x017F;ein, denn allein die Materie. Die Ma-<lb/>
terie als ab&#x017F;olut begreift alle Formen und Dimen&#x017F;ionen<lb/>
in &#x017F;ich. Aber die Unendlichkeit der Formen, in denen<lb/>
die Materie er&#x017F;cheint, nimmt &#x017F;ie nicht von einem Andern<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0038] gehe, woraus es erſchaffen iſt. Die Subſtanz bleibt ewig. Ein Ding zerfällt in Staub, aber aus dem Staube entwickelt ſich wieder ein neues. Die Erde iſt, wie Plinius ſagt, ein Phönix und bleibt für und für. Wenn er alt wird, verbrennt er ſich zu Aſche, daraus ein junger Phönix wird, aber der vorige, doch verjüngte.‟ Noch unumwundner drücken die italiäniſchen Phi- loſophen des Mittelalters dieſe Jdee aus. Bernhard Teleſius (1508) ſagt: „Der körperliche Stoff iſt in allen Dingen gleich und bleibt ewig derſelbe; die finſtere, träge Materie kann weder vermehrt noch vermindert werden.‟ Und endlich Giordano Bruno (der im Jahre 1600 in Rom verbrannt wurde): „Was erſt Samen war, wird Gras, hierauf Aether, alsdann Brod, Nahrungsſaft, Blut, thieriſcher Same, Embryo, ein Menſch, ein Leichnam; dann wieder Erde, Stein oder andere Maſſe und ſo fort. Hier erkennen wir alſo etwas, was ſich in alle dieſe Dinge verwandelt und an ſich immer ein- und daſſelbe bleibt. So ſcheint wirklich Nichts beſtändig, ewig und des Namens Prin- cip würdig zu ſein, denn allein die Materie. Die Ma- terie als abſolut begreift alle Formen und Dimenſionen in ſich. Aber die Unendlichkeit der Formen, in denen die Materie erſcheint, nimmt ſie nicht von einem Andern

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/38
Zitationshilfe: Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/38>, abgerufen am 23.11.2024.