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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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diesen erhabenen Augenblick mit uns zu theilen. (Die Zuhörer
und die Deputirten stimmen die Marseillaise an.)


Das Luxemburg.
Ein Saal mit Gefangenen.
Chaumette, Payne, Mercier, Herault de Sechelles und andere Gefangene.
Chaumette (zupft Payne am Aermel). Hören Sie, Payne,
es könnte doch so sein! Vorhin überkam es mich so, ich
habe heute Kopfweh, helfen Sie mir ein wenig mit Ihren
Schlüssen, es ist mir ganz unheimlich zu Muth.
Payne. So komm, Philosoph Anaxagoras, ich will
dich katechisiren. -- Es gibt keinen Gott, denn: ent-
weder hat Gott die Welt geschaffen, oder nicht. Hat er sie
nicht geschaffen, so hat die Welt ihren Grund in sich und
es gibt keinen Gott, da Gott nur dadurch Gott wird, daß
er den Grund alles Seins enthält. Nun kann aber Gott die
Welt nicht geschaffen haben; denn entweder ist die Schöpfung
ewig wie Gott, oder sie hat einen Anfang. Ist letzteres der
Fall, so muß Gott sie zu einem bestimmten Zeitpunkt ge-
schaffen haben. Gott muß also, nachdem er eine Ewigkeit
geruht, einmal thätig geworden sein, muß also einmal eine
Veränderung in sich erlitten haben, die den Begriff Zeit
auf ihn anwenden läßt, was beides gegen das Wesen Gottes
streitet. Gott kann also die Welt nicht geschaffen haben.
Da wir nun aber sehr deutlich wissen, daß die Welt oder
daß unser Ich wenigstens vorhanden ist, und daß sie dem
dieſen erhabenen Augenblick mit uns zu theilen. (Die Zuhörer
und die Deputirten ſtimmen die Marſeillaiſe an.)


Das Luxemburg.
Ein Saal mit Gefangenen.
Chaumette, Payne, Mercier, Hérault de Séchelles und andere Gefangene.
Chaumette (zupft Payne am Aermel). Hören Sie, Payne,
es könnte doch ſo ſein! Vorhin überkam es mich ſo, ich
habe heute Kopfweh, helfen Sie mir ein wenig mit Ihren
Schlüſſen, es iſt mir ganz unheimlich zu Muth.
Payne. So komm, Philoſoph Anaxagoras, ich will
dich katechiſiren. — Es gibt keinen Gott, denn: ent-
weder hat Gott die Welt geſchaffen, oder nicht. Hat er ſie
nicht geſchaffen, ſo hat die Welt ihren Grund in ſich und
es gibt keinen Gott, da Gott nur dadurch Gott wird, daß
er den Grund alles Seins enthält. Nun kann aber Gott die
Welt nicht geſchaffen haben; denn entweder iſt die Schöpfung
ewig wie Gott, oder ſie hat einen Anfang. Iſt letzteres der
Fall, ſo muß Gott ſie zu einem beſtimmten Zeitpunkt ge-
ſchaffen haben. Gott muß alſo, nachdem er eine Ewigkeit
geruht, einmal thätig geworden ſein, muß alſo einmal eine
Veränderung in ſich erlitten haben, die den Begriff Zeit
auf ihn anwenden läßt, was beides gegen das Weſen Gottes
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[57/0253] dieſen erhabenen Augenblick mit uns zu theilen. (Die Zuhörer und die Deputirten ſtimmen die Marſeillaiſe an.) Das Luxemburg. Ein Saal mit Gefangenen. Chaumette, Payne, Mercier, Hérault de Séchelles und andere Gefangene. Chaumette (zupft Payne am Aermel). Hören Sie, Payne, es könnte doch ſo ſein! Vorhin überkam es mich ſo, ich habe heute Kopfweh, helfen Sie mir ein wenig mit Ihren Schlüſſen, es iſt mir ganz unheimlich zu Muth. Payne. So komm, Philoſoph Anaxagoras, ich will dich katechiſiren. — Es gibt keinen Gott, denn: ent- weder hat Gott die Welt geſchaffen, oder nicht. Hat er ſie nicht geſchaffen, ſo hat die Welt ihren Grund in ſich und es gibt keinen Gott, da Gott nur dadurch Gott wird, daß er den Grund alles Seins enthält. Nun kann aber Gott die Welt nicht geſchaffen haben; denn entweder iſt die Schöpfung ewig wie Gott, oder ſie hat einen Anfang. Iſt letzteres der Fall, ſo muß Gott ſie zu einem beſtimmten Zeitpunkt ge- ſchaffen haben. Gott muß alſo, nachdem er eine Ewigkeit geruht, einmal thätig geworden ſein, muß alſo einmal eine Veränderung in ſich erlitten haben, die den Begriff Zeit auf ihn anwenden läßt, was beides gegen das Weſen Gottes ſtreitet. Gott kann alſo die Welt nicht geſchaffen haben. Da wir nun aber ſehr deutlich wiſſen, daß die Welt oder daß unſer Ich wenigſtens vorhanden iſt, und daß ſie dem

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/253>, abgerufen am 21.11.2024.