Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879. (Valerio, Leonce, die Gouvernante und die Prinzessin treten maskirt auf.) Peter. Wer seid Ihr? Valerio. Weiß ich's? (Er nimmt langsam hintereinander mehrere Masken ab.) Bin ich das? oder das? oder das? Wahrhaftig, ich bekomme Angst, ich könnte mich so ganz auseinanderschälen und blättern. Peter (verlegen.) Aber -- aber etwas müßt Ihr denn doch sein? Valerio. Wenn Eure Majestät es so befehlen. Aber, meine Herren, hängen sie alsdann die Spiegel herum und verstecken Sie Ihre blanken Knöpfe etwas und sehen Sie mich nicht so an, daß ich mich in Ihren Augen spiegeln muß, oder ich weiß wahrhaftig nicht mehr, was ich eigentlich bin. Peter. Der Mensch bringt mich in Confusion, zur Desperation. Ich bin in der größten Verwirrung. Valerio. Aber eigentlich wollte ich einer hohen und geehrten Gesellschaft verkündigen, daß hiermit die zwei welt- berühmten Automaten angekommen sind, und daß ich vielleicht der dritte und merkwürdigste von beiden bin, wenn ich eigent- lich selbst recht wüßte, wer ich wäre, worüber man übrigens sich nicht wundern dürfte, da ich selbst gar nichts von dem weiß, was ich rede, ja auch nicht einmal weiß, daß ich es nicht weiß, so daß es höchst wahrscheinlich ist, daß man mich nur so reden läßt, und es eigentlich nichts als Walzen und Windschläuche sind, die das Alles sagen. (Mit schnarrendem Ton): Sehen Sie hier, meine Herren und Damen, zwei Personen beiderlei Geschlechts, ein Männchen und ein Weib- chen, einen Herrn und eine Dame. Nichts als Kunst und Mechanismus, nichts als Pappendeckel und Uhrfedern! Jede (Valerio, Leonce, die Gouvernante und die Prinzeſſin treten maskirt auf.) Peter. Wer ſeid Ihr? Valerio. Weiß ich's? (Er nimmt langſam hintereinander mehrere Masken ab.) Bin ich das? oder das? oder das? Wahrhaftig, ich bekomme Angſt, ich könnte mich ſo ganz auseinanderſchälen und blättern. Peter (verlegen.) Aber — aber etwas müßt Ihr denn doch ſein? Valerio. Wenn Eure Majeſtät es ſo befehlen. Aber, meine Herren, hängen ſie alsdann die Spiegel herum und verſtecken Sie Ihre blanken Knöpfe etwas und ſehen Sie mich nicht ſo an, daß ich mich in Ihren Augen ſpiegeln muß, oder ich weiß wahrhaftig nicht mehr, was ich eigentlich bin. Peter. Der Menſch bringt mich in Confuſion, zur Deſperation. Ich bin in der größten Verwirrung. Valerio. Aber eigentlich wollte ich einer hohen und geehrten Geſellſchaft verkündigen, daß hiermit die zwei welt- berühmten Automaten angekommen ſind, und daß ich vielleicht der dritte und merkwürdigſte von beiden bin, wenn ich eigent- lich ſelbſt recht wüßte, wer ich wäre, worüber man übrigens ſich nicht wundern dürfte, da ich ſelbſt gar nichts von dem weiß, was ich rede, ja auch nicht einmal weiß, daß ich es nicht weiß, ſo daß es höchſt wahrſcheinlich iſt, daß man mich nur ſo reden läßt, und es eigentlich nichts als Walzen und Windſchläuche ſind, die das Alles ſagen. (Mit ſchnarrendem Ton): Sehen Sie hier, meine Herren und Damen, zwei Perſonen beiderlei Geſchlechts, ein Männchen und ein Weib- chen, einen Herrn und eine Dame. Nichts als Kunſt und Mechanismus, nichts als Pappendeckel und Uhrfedern! 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(Valerio, Leonce, die Gouvernante und die Prinzeſſin treten
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Peter. Wer ſeid Ihr?
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mehrere Masken ab.) Bin ich das? oder das? oder das?
Wahrhaftig, ich bekomme Angſt, ich könnte mich ſo ganz
auseinanderſchälen und blättern.
Peter (verlegen.) Aber — aber etwas müßt Ihr denn
doch ſein?
Valerio. Wenn Eure Majeſtät es ſo befehlen. Aber,
meine Herren, hängen ſie alsdann die Spiegel herum und
verſtecken Sie Ihre blanken Knöpfe etwas und ſehen Sie
mich nicht ſo an, daß ich mich in Ihren Augen ſpiegeln muß,
oder ich weiß wahrhaftig nicht mehr, was ich eigentlich bin.
Peter. Der Menſch bringt mich in Confuſion, zur
Deſperation. Ich bin in der größten Verwirrung.
Valerio. Aber eigentlich wollte ich einer hohen und
geehrten Geſellſchaft verkündigen, daß hiermit die zwei welt-
berühmten Automaten angekommen ſind, und daß ich vielleicht
der dritte und merkwürdigſte von beiden bin, wenn ich eigent-
lich ſelbſt recht wüßte, wer ich wäre, worüber man übrigens
ſich nicht wundern dürfte, da ich ſelbſt gar nichts von dem
weiß, was ich rede, ja auch nicht einmal weiß, daß ich es
nicht weiß, ſo daß es höchſt wahrſcheinlich iſt, daß man mich
nur ſo reden läßt, und es eigentlich nichts als Walzen und
Windſchläuche ſind, die das Alles ſagen. (Mit ſchnarrendem
Ton): Sehen Sie hier, meine Herren und Damen, zwei
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