Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

Bild:
<< vorherige Seite
Andres. Franz, Du kommst ins Lazareth. Du mußt
Schnaps trinken und Pulver drin, das tödt' das Fieber.
Wozzeck. Ja, Andres, wenn der Schreiner die Hobel-
späne sammelt, da weiß Niemand, wer seinen Kopf darauf
legen wird.


Waldweg am Teich.
(Es dunkelt.)
Wozzeck. Marie.
Marie. Dort links geht's in die Stadt. S'ist noch
weit. Komm schneller.
Wozzeck. Du sollst da bleiben, Marie. Komm,
setz' Dich.
Marie. Aber ich muß fort.
Wozzeck. Komm. (Sie setzen sich.) Bist weit gegangen,
Marie. Sollst dir die Füße nicht mehr wund laufen.
S'ist still hier! Und so dunkel. -- Weißt noch, Marie,
wie lang es jetzt ist, daß wir uns kennen?
Marie. Zu Pfingsten drei Jahr.
Wozzeck. Und was meinst, wie lang es noch dauern
wird?
Marie (springt auf). Ich muß fort.
Wozzeck. Fürchst dich, Marie? Und bist doch fromm?
(lacht) Und gut! Und treu! (Zieht sie wieder auf den Sitz.)
Fürchst dich? -- Was du für süße Lippen hast, Marie!
(küßt sie.) Den Himmel gäb' ich drum und die Seligkeit,
Andres. Franz, Du kommſt ins Lazareth. Du mußt
Schnaps trinken und Pulver drin, das tödt' das Fieber.
Wozzeck. Ja, Andres, wenn der Schreiner die Hobel-
ſpäne ſammelt, da weiß Niemand, wer ſeinen Kopf darauf
legen wird.


Waldweg am Teich.
(Es dunkelt.)
Wozzeck. Marie.
Marie. Dort links geht's in die Stadt. S'iſt noch
weit. Komm ſchneller.
Wozzeck. Du ſollſt da bleiben, Marie. Komm,
ſetz' Dich.
Marie. Aber ich muß fort.
Wozzeck. Komm. (Sie ſetzen ſich.) Biſt weit gegangen,
Marie. Sollſt dir die Füße nicht mehr wund laufen.
S'iſt ſtill hier! Und ſo dunkel. — Weißt noch, Marie,
wie lang es jetzt iſt, daß wir uns kennen?
Marie. Zu Pfingſten drei Jahr.
Wozzeck. Und was meinſt, wie lang es noch dauern
wird?
Marie (ſpringt auf). Ich muß fort.
Wozzeck. Fürchſt dich, Marie? Und biſt doch fromm?
(lacht) Und gut! Und treu! (Zieht ſie wieder auf den Sitz.)
Fürchſt dich? — Was du für ſüße Lippen haſt, Marie!
(küßt ſie.) Den Himmel gäb' ich drum und die Seligkeit,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div type="scene" n="3">
            <pb facs="#f0392" n="196"/>
            <sp who="#AND">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Andres.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Franz, Du komm&#x017F;t ins Lazareth. Du mußt<lb/>
Schnaps trinken und Pulver drin, das tödt' das Fieber.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WOZ">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Wozzeck.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Ja, Andres, wenn der Schreiner die Hobel-<lb/>
&#x017F;päne &#x017F;ammelt, da weiß Niemand, wer &#x017F;einen Kopf darauf<lb/>
legen wird.</p>
            </sp>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div type="scene" n="3">
            <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Waldweg am Teich.</hi> </hi> </hi> </head><lb/>
            <stage> <hi rendition="#c">(Es dunkelt.)</hi><lb/> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Wozzeck. Marie.</hi> </hi> </stage><lb/>
            <sp who="#MARIE">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Dort links geht's in die Stadt. S'i&#x017F;t noch<lb/>
weit. Komm &#x017F;chneller.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WOZ">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Wozzeck.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Du &#x017F;oll&#x017F;t da bleiben, Marie. Komm,<lb/>
&#x017F;etz' Dich.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#MARIE">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Aber ich muß fort.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WOZ">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Wozzeck.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Komm. <stage>(Sie &#x017F;etzen &#x017F;ich.)</stage> Bi&#x017F;t weit gegangen,<lb/>
Marie. Soll&#x017F;t dir die Füße nicht mehr wund laufen.<lb/>
S'i&#x017F;t &#x017F;till hier! Und &#x017F;o dunkel. &#x2014; Weißt noch, Marie,<lb/>
wie lang es jetzt i&#x017F;t, daß wir uns kennen?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#MARIE">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Zu Pfing&#x017F;ten drei Jahr.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WOZ">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Wozzeck.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Und was mein&#x017F;t, wie lang es noch dauern<lb/>
wird?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#MARIE">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Marie</hi> </hi> </speaker>
              <stage>(&#x017F;pringt auf).</stage>
              <p>Ich muß fort.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WOZ">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Wozzeck.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Fürch&#x017F;t dich, Marie? Und bi&#x017F;t doch fromm?<lb/><stage>(lacht)</stage> Und gut! Und treu! <stage>(Zieht &#x017F;ie wieder auf den Sitz.)</stage><lb/>
Fürch&#x017F;t dich? &#x2014; Was du für &#x017F;üße Lippen ha&#x017F;t, Marie!<lb/><stage>(küßt &#x017F;ie.)</stage> Den Himmel gäb' ich drum und die Seligkeit,<lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[196/0392] Andres. Franz, Du kommſt ins Lazareth. Du mußt Schnaps trinken und Pulver drin, das tödt' das Fieber. Wozzeck. Ja, Andres, wenn der Schreiner die Hobel- ſpäne ſammelt, da weiß Niemand, wer ſeinen Kopf darauf legen wird. Waldweg am Teich. (Es dunkelt.) Wozzeck. Marie. Marie. Dort links geht's in die Stadt. S'iſt noch weit. Komm ſchneller. Wozzeck. Du ſollſt da bleiben, Marie. Komm, ſetz' Dich. Marie. Aber ich muß fort. Wozzeck. Komm. (Sie ſetzen ſich.) Biſt weit gegangen, Marie. Sollſt dir die Füße nicht mehr wund laufen. S'iſt ſtill hier! Und ſo dunkel. — Weißt noch, Marie, wie lang es jetzt iſt, daß wir uns kennen? Marie. Zu Pfingſten drei Jahr. Wozzeck. Und was meinſt, wie lang es noch dauern wird? Marie (ſpringt auf). Ich muß fort. Wozzeck. Fürchſt dich, Marie? Und biſt doch fromm? (lacht) Und gut! Und treu! (Zieht ſie wieder auf den Sitz.) Fürchſt dich? — Was du für ſüße Lippen haſt, Marie! (küßt ſie.) Den Himmel gäb' ich drum und die Seligkeit,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/392
Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/392>, abgerufen am 21.11.2024.