Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

Bild:
<< vorherige Seite
setz dich! (führt sie an seinen Tisch.) Ich hab heiß, heiß!
(Zieht den Rock aus.) S'ist einmal so! Der Teufel holt die
Einen und läßt die Andern laufen. Käthe, du bist heiß!
Wart nur, wirst auch noch kalt werden! Kannst nicht singen?
Käthe (singt.)
In's Schwabenland, da mag ich nit,
Und lange Kleider trag ich nit,
Denn lange Kleider, spitze Schuh
Die kommen keiner Dienstmagd zu.
Wozzeck. Nein! keine Schuh, man kann auch bloß-
füßig in die Höll' geh'n!
(singt:)
O pfui mein Schatz, das war nicht fein!
Behalt den Thaler und schlaf allein!

Ich möcht heut raufen, -- raufen --
Käthe. Aber was hast du da an der Hand?
Wozzeck. Ich? ich?
Käthe. Roth! Blut!
(Es stellen sich Leute um sie.)
Wozzeck. Blut? Blut?
Wirthin. Freilich -- Blut.
Wozzeck. Ich glaub', ich hab' mich -- geschnitten, da
an der -- rechten -- Hand --
Wirthin. Wie kommts aber an den Ellenbogen?
Wozzeck. Ich habs abgewischt.
Wirthin. Mit der rechten Hand am rechten Arm?
Bauer. Puh! was stinkt da Menschenblut!
Wozzeck (springt auf.) Was wollt Ihr? Was geht's
Euch an? Bin ich ein Mörder? Was gafft Ihr? Platz
-- oder es geht Jemand zum Teufel!
(stürzt hinaus.)


ſetz dich! (führt ſie an ſeinen Tiſch.) Ich hab heiß, heiß!
(Zieht den Rock aus.) S'iſt einmal ſo! Der Teufel holt die
Einen und läßt die Andern laufen. Käthe, du biſt heiß!
Wart nur, wirſt auch noch kalt werden! Kannſt nicht ſingen?
Käthe (ſingt.)
In's Schwabenland, da mag ich nit,
Und lange Kleider trag ich nit,
Denn lange Kleider, ſpitze Schuh
Die kommen keiner Dienſtmagd zu.
Wozzeck. Nein! keine Schuh, man kann auch bloß-
füßig in die Höll' geh'n!
(ſingt:)
O pfui mein Schatz, das war nicht fein!
Behalt den Thaler und ſchlaf allein!

Ich möcht heut raufen, — raufen —
Käthe. Aber was haſt du da an der Hand?
Wozzeck. Ich? ich?
Käthe. Roth! Blut!
(Es ſtellen ſich Leute um ſie.)
Wozzeck. Blut? Blut?
Wirthin. Freilich — Blut.
Wozzeck. Ich glaub', ich hab' mich — geſchnitten, da
an der — rechten — Hand —
Wirthin. Wie kommts aber an den Ellenbogen?
Wozzeck. Ich habs abgewiſcht.
Wirthin. Mit der rechten Hand am rechten Arm?
Bauer. Puh! was ſtinkt da Menſchenblut!
Wozzeck (ſpringt auf.) Was wollt Ihr? Was geht's
Euch an? Bin ich ein Mörder? Was gafft Ihr? Platz
— oder es geht Jemand zum Teufel!
(ſtürzt hinaus.)


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div type="scene" n="3">
            <sp who="#WOZ">
              <p><pb facs="#f0394" n="198"/>
&#x017F;etz dich! <stage>(führt &#x017F;ie an &#x017F;einen Ti&#x017F;ch.)</stage> Ich hab heiß, heiß!<lb/><stage>(Zieht den Rock aus.)</stage> S'i&#x017F;t einmal &#x017F;o! Der Teufel holt die<lb/>
Einen und läßt die Andern laufen. Käthe, du bi&#x017F;t heiß!<lb/>
Wart nur, wir&#x017F;t auch noch kalt werden! Kann&#x017F;t nicht &#x017F;ingen?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#KAETHE">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Käthe</hi> </hi> </speaker>
              <stage>(&#x017F;ingt.)</stage><lb/>
              <lg type="poem">
                <l>In's Schwabenland, da mag ich nit,</l><lb/>
                <l>Und lange Kleider trag ich nit,</l><lb/>
                <l>Denn lange Kleider, &#x017F;pitze Schuh</l><lb/>
                <l>Die kommen keiner Dien&#x017F;tmagd zu.</l>
              </lg>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WOZ">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Wozzeck.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Nein! keine Schuh, man kann auch bloß-<lb/>
füßig in die Höll' geh'n! </p>
              <stage>(&#x017F;ingt:)</stage><lb/>
              <lg type="poem">
                <l>O pfui mein Schatz, das war nicht fein!</l><lb/>
                <l>Behalt den Thaler und &#x017F;chlaf allein!</l>
              </lg><lb/>
              <p>Ich möcht heut raufen, &#x2014; raufen &#x2014;</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#KAETHE">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Käthe.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Aber was ha&#x017F;t du da an der Hand?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WOZ">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Wozzeck.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Ich? ich?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#KAETHE">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Käthe.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Roth! Blut!</p><lb/>
              <stage>(Es &#x017F;tellen &#x017F;ich Leute um &#x017F;ie.)</stage>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WOZ">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Wozzeck.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Blut? Blut?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WIRTHI">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Wirthin.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Freilich &#x2014; Blut.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WOZ">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Wozzeck.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Ich glaub', ich hab' mich &#x2014; ge&#x017F;chnitten, da<lb/>
an der &#x2014; rechten &#x2014; Hand &#x2014;</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WIRTHI">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Wirthin.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Wie kommts aber an den Ellenbogen?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WOZ">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Wozzeck.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Ich habs abgewi&#x017F;cht.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WIRTHI">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Wirthin.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Mit der rechten Hand am rechten Arm?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#BAU">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Bauer.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Puh! was &#x017F;tinkt da Men&#x017F;chenblut!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WOZ">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Wozzeck</hi> </hi> </speaker>
              <stage>(&#x017F;pringt auf.)</stage>
              <p>Was wollt Ihr? Was geht's<lb/>
Euch an? Bin ich ein Mörder? Was gafft Ihr? Platz<lb/>
&#x2014; oder es geht Jemand zum Teufel!</p>
              <stage>(&#x017F;türzt hinaus.)</stage>
            </sp>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[198/0394] ſetz dich! (führt ſie an ſeinen Tiſch.) Ich hab heiß, heiß! (Zieht den Rock aus.) S'iſt einmal ſo! Der Teufel holt die Einen und läßt die Andern laufen. Käthe, du biſt heiß! Wart nur, wirſt auch noch kalt werden! Kannſt nicht ſingen? Käthe (ſingt.) In's Schwabenland, da mag ich nit, Und lange Kleider trag ich nit, Denn lange Kleider, ſpitze Schuh Die kommen keiner Dienſtmagd zu. Wozzeck. Nein! keine Schuh, man kann auch bloß- füßig in die Höll' geh'n! (ſingt:) O pfui mein Schatz, das war nicht fein! Behalt den Thaler und ſchlaf allein! Ich möcht heut raufen, — raufen — Käthe. Aber was haſt du da an der Hand? Wozzeck. Ich? ich? Käthe. Roth! Blut! (Es ſtellen ſich Leute um ſie.) Wozzeck. Blut? Blut? Wirthin. Freilich — Blut. Wozzeck. Ich glaub', ich hab' mich — geſchnitten, da an der — rechten — Hand — Wirthin. Wie kommts aber an den Ellenbogen? Wozzeck. Ich habs abgewiſcht. Wirthin. Mit der rechten Hand am rechten Arm? Bauer. Puh! was ſtinkt da Menſchenblut! Wozzeck (ſpringt auf.) Was wollt Ihr? Was geht's Euch an? Bin ich ein Mörder? Was gafft Ihr? Platz — oder es geht Jemand zum Teufel! (ſtürzt hinaus.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/394
Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/394>, abgerufen am 21.11.2024.