Das vorstehende Fragment erscheint hier zum ersten Male den Werken Georg Büchner's eingefügt. Ueber die Entstehungszeit der Dichtung und wie sie leider nach doppelter Richtung hin Frag- ment geblieben, bringt die Einleitung die näheren Daten. Hier sei nur bemerkt, daß das Manuscript nach dem Tode des Dichters in den Besitz der Familie Büchner in Darmstadt gelangte. Bereits 1838 plante zuerst Karl Gutzkow, dann der Freund des Dichters, G. Zimmermann, die Veröffentlichung. In beiden Fällen blieb die Absicht durch äußerliche, private Hindernisse unausgeführt. Als Dr. Ludwig Büchner 1850 die "Nachgelassenen Schriften" seines Bruders herausgab, griff er auch auf dieses Manuscript zurück, doch schien es bereits zu spät. Die Tinte war verblaßt, die Schrift völlig unleserlich geworden. Er mußte sich begnügen, in seiner Ein- leitung (N. S. S. 40) diese Thatsache zu constatiren. So lag denn das Manuscript weitere fünfundzwanzig Jahre unveröffentlicht und kam im Hochsommer 1875 mit den anderen Stücken des Nachlasses, so weit sie sich im Besitze der Familie befanden, in meine Hand. Ich hatte anfangs auch nicht die leiseste Hoffnung, daß mir die Ent- zifferung gelingen werde. Vor mir lagen vier Bogen dunkelgrauen, mürbe gewordenen Papiers, kreuz und quer mit langen Linien sehr feiner, sehr blasser gelblicher Strichelchen beschrieben. Da war ab- solut keine Silbe lesbar. Ferner einige Blättchen weißen Papiers, mit ähnlichen Strichelchen bedeckt. Da hier die Zeichen größer waren, der Hintergrund heller, so war da stellenweise ein Wort zu entziffern, aber nirgendwo auch nur ein ganzer Satz. Rathlos wendete ich die Blätter hin und her. Da führte mir der Zufall
Zur Textkritik von "Wozzeck".
Das vorſtehende Fragment erſcheint hier zum erſten Male den Werken Georg Büchner's eingefügt. Ueber die Entſtehungszeit der Dichtung und wie ſie leider nach doppelter Richtung hin Frag- ment geblieben, bringt die Einleitung die näheren Daten. Hier ſei nur bemerkt, daß das Manuſcript nach dem Tode des Dichters in den Beſitz der Familie Büchner in Darmſtadt gelangte. Bereits 1838 plante zuerſt Karl Gutzkow, dann der Freund des Dichters, G. Zimmermann, die Veröffentlichung. In beiden Fällen blieb die Abſicht durch äußerliche, private Hinderniſſe unausgeführt. Als Dr. Ludwig Büchner 1850 die "Nachgelaſſenen Schriften" ſeines Bruders herausgab, griff er auch auf dieſes Manuſcript zurück, doch ſchien es bereits zu ſpät. Die Tinte war verblaßt, die Schrift völlig unleſerlich geworden. Er mußte ſich begnügen, in ſeiner Ein- leitung (N. S. S. 40) dieſe Thatſache zu conſtatiren. So lag denn das Manuſcript weitere fünfundzwanzig Jahre unveröffentlicht und kam im Hochſommer 1875 mit den anderen Stücken des Nachlaſſes, ſo weit ſie ſich im Beſitze der Familie befanden, in meine Hand. Ich hatte anfangs auch nicht die leiſeſte Hoffnung, daß mir die Ent- zifferung gelingen werde. Vor mir lagen vier Bogen dunkelgrauen, mürbe gewordenen Papiers, kreuz und quer mit langen Linien ſehr feiner, ſehr blaſſer gelblicher Strichelchen beſchrieben. Da war ab- ſolut keine Silbe lesbar. Ferner einige Blättchen weißen Papiers, mit ähnlichen Strichelchen bedeckt. Da hier die Zeichen größer waren, der Hintergrund heller, ſo war da ſtellenweiſe ein Wort zu entziffern, aber nirgendwo auch nur ein ganzer Satz. Rathlos wendete ich die Blätter hin und her. Da führte mir der Zufall
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[[202]/0398]
Zur Textkritik von "Wozzeck".
Das vorſtehende Fragment erſcheint hier zum erſten Male
den Werken Georg Büchner's eingefügt. Ueber die Entſtehungszeit
der Dichtung und wie ſie leider nach doppelter Richtung hin Frag-
ment geblieben, bringt die Einleitung die näheren Daten. Hier ſei
nur bemerkt, daß das Manuſcript nach dem Tode des Dichters in
den Beſitz der Familie Büchner in Darmſtadt gelangte. Bereits
1838 plante zuerſt Karl Gutzkow, dann der Freund des Dichters,
G. Zimmermann, die Veröffentlichung. In beiden Fällen blieb die
Abſicht durch äußerliche, private Hinderniſſe unausgeführt. Als
Dr. Ludwig Büchner 1850 die "Nachgelaſſenen Schriften" ſeines
Bruders herausgab, griff er auch auf dieſes Manuſcript zurück,
doch ſchien es bereits zu ſpät. Die Tinte war verblaßt, die Schrift
völlig unleſerlich geworden. Er mußte ſich begnügen, in ſeiner Ein-
leitung (N. S. S. 40) dieſe Thatſache zu conſtatiren. So lag denn
das Manuſcript weitere fünfundzwanzig Jahre unveröffentlicht und
kam im Hochſommer 1875 mit den anderen Stücken des Nachlaſſes,
ſo weit ſie ſich im Beſitze der Familie befanden, in meine Hand.
Ich hatte anfangs auch nicht die leiſeſte Hoffnung, daß mir die Ent-
zifferung gelingen werde. Vor mir lagen vier Bogen dunkelgrauen,
mürbe gewordenen Papiers, kreuz und quer mit langen Linien ſehr
feiner, ſehr blaſſer gelblicher Strichelchen beſchrieben. Da war ab-
ſolut keine Silbe lesbar. Ferner einige Blättchen weißen Papiers,
mit ähnlichen Strichelchen bedeckt. Da hier die Zeichen größer
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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. [202]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/398>, abgerufen am 21.11.2024.
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