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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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Eindruck auf mich, als die faden, ewig wiederkehrenden
Phrasen unserer meisten Geistlichen, die Jahr aus Jahr ein
an jedem Weihnachtstag meist nichts Gescheidteres zu sagen
wissen, als, der liebe Herrgott sei doch ein gescheidter Mann
gewesen, daß er Christus grade um diese Zeit auf die Welt
habe kommen lassen. --

6.


Heute erhielt ich Euren Brief mit den Erzählungen aus
Frankfurt. * Meine Meinung ist die: Wenn in unserer
Zeit etwas helfen soll, so ist es Gewalt. Wir wissen,
was wir von unseren Fürsten zu erwarten haben. Alles,
was sie bewilligten, wurde ihnen durch die Nothwendigkeit
abgezwungen. Und selbst das Bewilligte wurde uns hinge-
worfen, wie eine erbettelte Gnade und ein elendes Kinder-
spielzeug, um dem ewigen Maulaffen Volk seine zu eng
geschnürte Wickelschnur vergessen zu machen. Es ist eine
blecherne Flinte und ein hölzerner Säbel, womit nur ein
Deutscher die Abgeschmacktheit begehen konnte, Soldatchens
zu spielen. Unsere Landstände sind eine Satyre auf die
gesunde Vernunft, wir können noch ein Säculum damit her-
umziehen, und wenn wir die Resultate dann zusammennehmen,
so hat das Volk die schönen Reden seiner Vertreter noch immer
theurer bezahlt, als der römische Kaiser, der seinem Hofpoeten
für zwei gebrochene Verse 20,000 Gulden geben ließ. Man
wirft den jungen Leuten den Gebrauch der Gewalt vor.
Sind wir denn aber nicht in einem ewigen Gewaltzustand?

* Das Frankfurter Attentat betreffend. L. B.

Eindruck auf mich, als die faden, ewig wiederkehrenden
Phraſen unſerer meiſten Geiſtlichen, die Jahr aus Jahr ein
an jedem Weihnachtstag meiſt nichts Geſcheidteres zu ſagen
wiſſen, als, der liebe Herrgott ſei doch ein geſcheidter Mann
geweſen, daß er Chriſtus grade um dieſe Zeit auf die Welt
habe kommen laſſen. —

6.


Heute erhielt ich Euren Brief mit den Erzählungen aus
Frankfurt. * Meine Meinung iſt die: Wenn in unſerer
Zeit etwas helfen ſoll, ſo iſt es Gewalt. Wir wiſſen,
was wir von unſeren Fürſten zu erwarten haben. Alles,
was ſie bewilligten, wurde ihnen durch die Nothwendigkeit
abgezwungen. Und ſelbſt das Bewilligte wurde uns hinge-
worfen, wie eine erbettelte Gnade und ein elendes Kinder-
ſpielzeug, um dem ewigen Maulaffen Volk ſeine zu eng
geſchnürte Wickelſchnur vergeſſen zu machen. Es iſt eine
blecherne Flinte und ein hölzerner Säbel, womit nur ein
Deutſcher die Abgeſchmacktheit begehen konnte, Soldatchens
zu ſpielen. Unſere Landſtände ſind eine Satyre auf die
geſunde Vernunft, wir können noch ein Säculum damit her-
umziehen, und wenn wir die Reſultate dann zuſammennehmen,
ſo hat das Volk die ſchönen Reden ſeiner Vertreter noch immer
theurer bezahlt, als der römiſche Kaiſer, der ſeinem Hofpoeten
für zwei gebrochene Verſe 20,000 Gulden geben ließ. Man
wirft den jungen Leuten den Gebrauch der Gewalt vor.
Sind wir denn aber nicht in einem ewigen Gewaltzuſtand?

* Das Frankfurter Attentat betreffend. L. B.
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[328/0524] Eindruck auf mich, als die faden, ewig wiederkehrenden Phraſen unſerer meiſten Geiſtlichen, die Jahr aus Jahr ein an jedem Weihnachtstag meiſt nichts Geſcheidteres zu ſagen wiſſen, als, der liebe Herrgott ſei doch ein geſcheidter Mann geweſen, daß er Chriſtus grade um dieſe Zeit auf die Welt habe kommen laſſen. — 6. Straßburg, den 5. April 1833. Heute erhielt ich Euren Brief mit den Erzählungen aus Frankfurt. * Meine Meinung iſt die: Wenn in unſerer Zeit etwas helfen ſoll, ſo iſt es Gewalt. Wir wiſſen, was wir von unſeren Fürſten zu erwarten haben. Alles, was ſie bewilligten, wurde ihnen durch die Nothwendigkeit abgezwungen. Und ſelbſt das Bewilligte wurde uns hinge- worfen, wie eine erbettelte Gnade und ein elendes Kinder- ſpielzeug, um dem ewigen Maulaffen Volk ſeine zu eng geſchnürte Wickelſchnur vergeſſen zu machen. Es iſt eine blecherne Flinte und ein hölzerner Säbel, womit nur ein Deutſcher die Abgeſchmacktheit begehen konnte, Soldatchens zu ſpielen. Unſere Landſtände ſind eine Satyre auf die geſunde Vernunft, wir können noch ein Säculum damit her- umziehen, und wenn wir die Reſultate dann zuſammennehmen, ſo hat das Volk die ſchönen Reden ſeiner Vertreter noch immer theurer bezahlt, als der römiſche Kaiſer, der ſeinem Hofpoeten für zwei gebrochene Verſe 20,000 Gulden geben ließ. Man wirft den jungen Leuten den Gebrauch der Gewalt vor. Sind wir denn aber nicht in einem ewigen Gewaltzuſtand? * Das Frankfurter Attentat betreffend. L. B.

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/524>, abgerufen am 24.11.2024.