ich nicht, das hängt von verschiedenen Umständen ab. Mein Manuscript wird unter der Hand seinen Kurs durchgemacht haben.
Meine Zukunft ist so problematisch, daß sie mich selbst zu interessiren anfängt, was viel heißen will. Zu dem subtilen Selbstmord durch Arbeit kann ich mich nicht leicht entschließen, ich hoffe, meine Faulheit wenigstens ein Viertel- jahr lang fristen zu können und dann sterbe ich mit meiner Geliebten. ....
3.
Straßburg, Juli 1835.
Die ganze Revolution hat sich schon in Liberale und Absolutisten getheilt und muß von der ungebildeten und armen Klasse aufgefressen werden; das Verhältniß zwischen Armen und Reichen ist das einzige revolutionäre Element in der Welt, der Hunger allein kann die Freiheitsgöttin, und nur ein Moses, der uns die sieben egyptischen Plagen auf den Hals schickte, könnte ein Messias werden. Mästen Sie die Bauern, und die Revolution bekommt die Apoplexie. Ein Huhn im Topfe jedes Bauern macht den gallischen Hahn verenden.
4.
Straßburg, Herbst 1835.
... Was Sie mir über die Zusendung aus der Schweiz sagen, macht mich lachen. Ich sehe schon, wo es herkommt. Ein Mensch, der mir einmal, es ist schon lange her, sehr lieb war, mir später zur unerträglichen Last geworden ist, den ich schon seit Jahren schleppe und der sich, ich weiß
ich nicht, das hängt von verſchiedenen Umſtänden ab. Mein Manuſcript wird unter der Hand ſeinen Kurs durchgemacht haben.
Meine Zukunft iſt ſo problematiſch, daß ſie mich ſelbſt zu intereſſiren anfängt, was viel heißen will. Zu dem ſubtilen Selbſtmord durch Arbeit kann ich mich nicht leicht entſchließen, ich hoffe, meine Faulheit wenigſtens ein Viertel- jahr lang friſten zu können und dann ſterbe ich mit meiner Geliebten. ....
3.
Straßburg, Juli 1835.
Die ganze Revolution hat ſich ſchon in Liberale und Abſolutiſten getheilt und muß von der ungebildeten und armen Klaſſe aufgefreſſen werden; das Verhältniß zwiſchen Armen und Reichen iſt das einzige revolutionäre Element in der Welt, der Hunger allein kann die Freiheitsgöttin, und nur ein Moſes, der uns die ſieben egyptiſchen Plagen auf den Hals ſchickte, könnte ein Meſſias werden. Mäſten Sie die Bauern, und die Revolution bekommt die Apoplexie. Ein Huhn im Topfe jedes Bauern macht den galliſchen Hahn verenden.
4.
Straßburg, Herbſt 1835.
... Was Sie mir über die Zuſendung aus der Schweiz ſagen, macht mich lachen. Ich ſehe ſchon, wo es herkommt. Ein Menſch, der mir einmal, es iſt ſchon lange her, ſehr lieb war, mir ſpäter zur unerträglichen Laſt geworden iſt, den ich ſchon ſeit Jahren ſchleppe und der ſich, ich weiß
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0579"n="383"/>
ich nicht, das hängt von verſchiedenen Umſtänden ab. Mein<lb/>
Manuſcript wird unter der Hand ſeinen Kurs durchgemacht<lb/>
haben.</p><lb/><p>Meine Zukunft iſt ſo problematiſch, daß ſie mich ſelbſt<lb/>
zu intereſſiren anfängt, was viel heißen will. Zu dem<lb/>ſubtilen Selbſtmord durch <hirendition="#g">Arbeit</hi> kann ich mich nicht leicht<lb/>
entſchließen, ich hoffe, meine Faulheit wenigſtens ein Viertel-<lb/>
jahr lang friſten zu können und dann ſterbe ich mit meiner<lb/>
Geliebten. ....</p></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#c">3.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#g">Straßburg</hi>, Juli 1835.</dateline><lb/><p>Die ganze Revolution hat ſich ſchon in Liberale und<lb/>
Abſolutiſten getheilt und muß von der ungebildeten und armen<lb/>
Klaſſe aufgefreſſen werden; das Verhältniß zwiſchen Armen<lb/>
und Reichen iſt das einzige revolutionäre Element in der<lb/>
Welt, der Hunger allein kann die Freiheitsgöttin, und nur<lb/>
ein Moſes, der uns die ſieben egyptiſchen Plagen auf den<lb/>
Hals ſchickte, könnte ein Meſſias werden. Mäſten Sie die<lb/>
Bauern, und die Revolution bekommt die Apoplexie. Ein<lb/><hirendition="#g">Huhn</hi> im Topfe jedes Bauern macht den galliſchen <hirendition="#g">Hahn</hi><lb/>
verenden.</p></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#c">4.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#g">Straßburg</hi>, Herbſt 1835.</dateline><lb/><p>... Was Sie mir über die Zuſendung aus der Schweiz<lb/>ſagen, macht mich lachen. Ich ſehe ſchon, wo es herkommt.<lb/>
Ein Menſch, der mir einmal, es iſt ſchon lange her, ſehr<lb/>
lieb war, mir ſpäter zur unerträglichen Laſt geworden iſt,<lb/>
den ich ſchon ſeit Jahren ſchleppe und der ſich, ich weiß<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[383/0579]
ich nicht, das hängt von verſchiedenen Umſtänden ab. Mein
Manuſcript wird unter der Hand ſeinen Kurs durchgemacht
haben.
Meine Zukunft iſt ſo problematiſch, daß ſie mich ſelbſt
zu intereſſiren anfängt, was viel heißen will. Zu dem
ſubtilen Selbſtmord durch Arbeit kann ich mich nicht leicht
entſchließen, ich hoffe, meine Faulheit wenigſtens ein Viertel-
jahr lang friſten zu können und dann ſterbe ich mit meiner
Geliebten. ....
3.
Straßburg, Juli 1835.
Die ganze Revolution hat ſich ſchon in Liberale und
Abſolutiſten getheilt und muß von der ungebildeten und armen
Klaſſe aufgefreſſen werden; das Verhältniß zwiſchen Armen
und Reichen iſt das einzige revolutionäre Element in der
Welt, der Hunger allein kann die Freiheitsgöttin, und nur
ein Moſes, der uns die ſieben egyptiſchen Plagen auf den
Hals ſchickte, könnte ein Meſſias werden. Mäſten Sie die
Bauern, und die Revolution bekommt die Apoplexie. Ein
Huhn im Topfe jedes Bauern macht den galliſchen Hahn
verenden.
4.
Straßburg, Herbſt 1835.
... Was Sie mir über die Zuſendung aus der Schweiz
ſagen, macht mich lachen. Ich ſehe ſchon, wo es herkommt.
Ein Menſch, der mir einmal, es iſt ſchon lange her, ſehr
lieb war, mir ſpäter zur unerträglichen Laſt geworden iſt,
den ich ſchon ſeit Jahren ſchleppe und der ſich, ich weiß
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/579>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.