gezogenheit der Familie einen düstren Schatten gerade in die Zeit ihrer ersten Jugend. Einigen Ersatz hiefür gewährte ihr eine innige Freundschaft mit Karl Gutzkows erster, in jener Zeit in Frankfurt a. M. wohnender Frau Amalie, die sie in liebevollster Weise an sich heranzog, und in deren Haus sie so manche schöne und interessante Stunden und Wochen verlebte. Nachdem sie durch den Tod dieser treuen Freundin sehr vereinsamt worden, erwachte in ihr allmählig der Wunsch und Trieb, das, was sie in sich fühlte und dachte, auch weiteren Kreisen mitzutheilen. Die äußere An- regung gab der Buchhändler K. Meidinger in Frankfurt a. M., er ermunterte die ihrer eigenen Kraft mißtrauende Schreiberin so lange, bis das kleine und später so verbreitete Buch "Die Frauen und ihr Beruf" entstand. Es erschien im Herbst 1855 ohne den Namen der Verfasserin. Schon ein halbes Jahr vorher hatte eine Novelle "Die kleine Hand" Aufnahme in das "Morgenblatt" gefunden. Die Verfasserin blieb von da ab in fortgesetzter Verbindung mit diesem Blatt und schrieb für dasselbe mehrere Novellen, welche später gesammelt bei Th. Thomas in Leipzig unter dem Titel "Aus dem Leben, Erzählungen aus Heimath und Fremde" (1861) erschienen und von der Kritik sehr günstig aufgenommen wurden. Ins- besondere fand die anziehend geschriebene Novelle "Der lederne Bräutigam", zu der sich die Verfasserin den Stoff aus einem Aufenthalt bei Verwandten in Holland geholt hatte, großen Beifall. Etwa ein Jahr darauf erschien ein einbändiger Roman "Schloß Wimmis".
Inzwischen fand das Schriftchen über die Frauen und ihren Beruf so allgemeinen Anklang, daß rasch nacheinander mehrere durch Zusätze bereicherte Ausgaben erschienen (Vierte
gezogenheit der Familie einen düſtren Schatten gerade in die Zeit ihrer erſten Jugend. Einigen Erſatz hiefür gewährte ihr eine innige Freundſchaft mit Karl Gutzkows erſter, in jener Zeit in Frankfurt a. M. wohnender Frau Amalie, die ſie in liebevollſter Weiſe an ſich heranzog, und in deren Haus ſie ſo manche ſchöne und intereſſante Stunden und Wochen verlebte. Nachdem ſie durch den Tod dieſer treuen Freundin ſehr vereinſamt worden, erwachte in ihr allmählig der Wunſch und Trieb, das, was ſie in ſich fühlte und dachte, auch weiteren Kreiſen mitzutheilen. Die äußere An- regung gab der Buchhändler K. Meidinger in Frankfurt a. M., er ermunterte die ihrer eigenen Kraft mißtrauende Schreiberin ſo lange, bis das kleine und ſpäter ſo verbreitete Buch "Die Frauen und ihr Beruf" entſtand. Es erſchien im Herbſt 1855 ohne den Namen der Verfaſſerin. Schon ein halbes Jahr vorher hatte eine Novelle "Die kleine Hand" Aufnahme in das "Morgenblatt" gefunden. Die Verfaſſerin blieb von da ab in fortgeſetzter Verbindung mit dieſem Blatt und ſchrieb für daſſelbe mehrere Novellen, welche ſpäter geſammelt bei Th. Thomas in Leipzig unter dem Titel "Aus dem Leben, Erzählungen aus Heimath und Fremde" (1861) erſchienen und von der Kritik ſehr günſtig aufgenommen wurden. Ins- beſondere fand die anziehend geſchriebene Novelle "Der lederne Bräutigam", zu der ſich die Verfaſſerin den Stoff aus einem Aufenthalt bei Verwandten in Holland geholt hatte, großen Beifall. Etwa ein Jahr darauf erſchien ein einbändiger Roman "Schloß Wimmis".
Inzwiſchen fand das Schriftchen über die Frauen und ihren Beruf ſo allgemeinen Anklang, daß raſch nacheinander mehrere durch Zuſätze bereicherte Ausgaben erſchienen (Vierte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0655"n="459"/>
gezogenheit der Familie einen düſtren Schatten gerade in die<lb/>
Zeit ihrer erſten Jugend. Einigen Erſatz hiefür gewährte<lb/>
ihr eine innige Freundſchaft mit Karl Gutzkows erſter, in<lb/>
jener Zeit in Frankfurt a. M. wohnender Frau Amalie, die<lb/>ſie in liebevollſter Weiſe an ſich heranzog, und in deren<lb/>
Haus ſie ſo manche ſchöne und intereſſante Stunden und<lb/>
Wochen verlebte. Nachdem ſie durch den Tod dieſer treuen<lb/>
Freundin ſehr vereinſamt worden, erwachte in ihr allmählig<lb/>
der Wunſch und Trieb, das, was ſie in ſich fühlte und<lb/>
dachte, auch weiteren Kreiſen mitzutheilen. Die äußere An-<lb/>
regung gab der Buchhändler K. Meidinger in Frankfurt a. M.,<lb/>
er ermunterte die ihrer eigenen Kraft mißtrauende Schreiberin<lb/>ſo lange, bis das kleine und ſpäter ſo verbreitete Buch "Die<lb/>
Frauen und ihr Beruf" entſtand. Es erſchien im Herbſt<lb/>
1855 ohne den Namen der Verfaſſerin. Schon ein halbes<lb/>
Jahr vorher hatte eine Novelle "Die kleine Hand" Aufnahme<lb/>
in das "Morgenblatt" gefunden. Die Verfaſſerin blieb von<lb/>
da ab in fortgeſetzter Verbindung mit dieſem Blatt und ſchrieb<lb/>
für daſſelbe mehrere Novellen, welche ſpäter geſammelt bei<lb/>
Th. Thomas in Leipzig unter dem Titel "Aus dem Leben,<lb/>
Erzählungen aus Heimath und Fremde" (1861) erſchienen<lb/>
und von der Kritik ſehr günſtig aufgenommen wurden. Ins-<lb/>
beſondere fand die anziehend geſchriebene Novelle "Der lederne<lb/>
Bräutigam", zu der ſich die Verfaſſerin den Stoff aus einem<lb/>
Aufenthalt bei Verwandten in Holland geholt hatte, großen<lb/>
Beifall. Etwa ein Jahr darauf erſchien ein einbändiger<lb/>
Roman "Schloß Wimmis".</p><lb/><p>Inzwiſchen fand das Schriftchen über die Frauen und<lb/>
ihren Beruf ſo allgemeinen Anklang, daß raſch nacheinander<lb/>
mehrere durch Zuſätze bereicherte Ausgaben erſchienen (Vierte<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[459/0655]
gezogenheit der Familie einen düſtren Schatten gerade in die
Zeit ihrer erſten Jugend. Einigen Erſatz hiefür gewährte
ihr eine innige Freundſchaft mit Karl Gutzkows erſter, in
jener Zeit in Frankfurt a. M. wohnender Frau Amalie, die
ſie in liebevollſter Weiſe an ſich heranzog, und in deren
Haus ſie ſo manche ſchöne und intereſſante Stunden und
Wochen verlebte. Nachdem ſie durch den Tod dieſer treuen
Freundin ſehr vereinſamt worden, erwachte in ihr allmählig
der Wunſch und Trieb, das, was ſie in ſich fühlte und
dachte, auch weiteren Kreiſen mitzutheilen. Die äußere An-
regung gab der Buchhändler K. Meidinger in Frankfurt a. M.,
er ermunterte die ihrer eigenen Kraft mißtrauende Schreiberin
ſo lange, bis das kleine und ſpäter ſo verbreitete Buch "Die
Frauen und ihr Beruf" entſtand. Es erſchien im Herbſt
1855 ohne den Namen der Verfaſſerin. Schon ein halbes
Jahr vorher hatte eine Novelle "Die kleine Hand" Aufnahme
in das "Morgenblatt" gefunden. Die Verfaſſerin blieb von
da ab in fortgeſetzter Verbindung mit dieſem Blatt und ſchrieb
für daſſelbe mehrere Novellen, welche ſpäter geſammelt bei
Th. Thomas in Leipzig unter dem Titel "Aus dem Leben,
Erzählungen aus Heimath und Fremde" (1861) erſchienen
und von der Kritik ſehr günſtig aufgenommen wurden. Ins-
beſondere fand die anziehend geſchriebene Novelle "Der lederne
Bräutigam", zu der ſich die Verfaſſerin den Stoff aus einem
Aufenthalt bei Verwandten in Holland geholt hatte, großen
Beifall. Etwa ein Jahr darauf erſchien ein einbändiger
Roman "Schloß Wimmis".
Inzwiſchen fand das Schriftchen über die Frauen und
ihren Beruf ſo allgemeinen Anklang, daß raſch nacheinander
mehrere durch Zuſätze bereicherte Ausgaben erſchienen (Vierte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/655>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.