Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Raspe, Rudolf Erich]: Wunderbare Reisen [...] des Freyherrn von Münchhausen [...]. London [i. e. Göttingen], 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

ich eine Biene, wurde aber sogleich ge-
wahr, daß zwey Bären sie angefallen
hatten, und ihres Honigs wegen in
Stücke zerreißen wollten. Da ich nun
nichts anderes waffenähnliches in Hän-
den hatte, als die silberne Axt, welche
das Kennzeichen der Gärtner und Land-
arbeiter des Sultans ist, so warf ich
diese nach den beiden Räubern, bloß
in der Absicht, sie damit wegzuscheu-
chen. Die arme Biene setzte ich auch
wirklich dadurch in Freyheit; allein durch
einen unglücklichen allzu starken Schwung
meines Armes flog die Axt in die Höhe,
und hörte nicht auf zu fliegen, bis sie
im Monde nieder fiel. Wie sollte ich
sie nun wieder kriegen? Mit welcher Lei-
ter auf Erden sie herunterholen? Da
fiel mir ein, daß die türkischen Bohnen
sehr geschwind und zu einer ganz erstaun-
lichen Höhe empor wüchsen. Augenblick-
lich pflanzte ich also eine solche Bohne,
welche wirklich empor wuchs, und sich an
eines von des Mondes Hörnern von

selbst

ich eine Biene, wurde aber ſogleich ge-
wahr, daß zwey Baͤren ſie angefallen
hatten, und ihres Honigs wegen in
Stuͤcke zerreißen wollten. Da ich nun
nichts anderes waffenaͤhnliches in Haͤn-
den hatte, als die ſilberne Axt, welche
das Kennzeichen der Gaͤrtner und Land-
arbeiter des Sultans iſt, ſo warf ich
dieſe nach den beiden Raͤubern, bloß
in der Abſicht, ſie damit wegzuſcheu-
chen. Die arme Biene ſetzte ich auch
wirklich dadurch in Freyheit; allein durch
einen ungluͤcklichen allzu ſtarken Schwung
meines Armes flog die Axt in die Hoͤhe,
und hoͤrte nicht auf zu fliegen, bis ſie
im Monde nieder fiel. Wie ſollte ich
ſie nun wieder kriegen? Mit welcher Lei-
ter auf Erden ſie herunterholen? Da
fiel mir ein, daß die tuͤrkiſchen Bohnen
ſehr geſchwind und zu einer ganz erſtaun-
lichen Hoͤhe empor wuͤchſen. Augenblick-
lich pflanzte ich alſo eine ſolche Bohne,
welche wirklich empor wuchs, und ſich an
eines von des Mondes Hoͤrnern von

ſelbſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0071" n="56"/>
ich eine Biene, wurde aber &#x017F;ogleich ge-<lb/>
wahr, daß zwey Ba&#x0364;ren &#x017F;ie angefallen<lb/>
hatten, und ihres Honigs wegen in<lb/>
Stu&#x0364;cke zerreißen wollten. Da ich nun<lb/>
nichts anderes waffena&#x0364;hnliches in Ha&#x0364;n-<lb/>
den hatte, als die &#x017F;ilberne Axt, welche<lb/>
das Kennzeichen der Ga&#x0364;rtner und Land-<lb/>
arbeiter des Sultans i&#x017F;t, &#x017F;o warf ich<lb/>
die&#x017F;e nach den beiden Ra&#x0364;ubern, bloß<lb/>
in der Ab&#x017F;icht, &#x017F;ie damit wegzu&#x017F;cheu-<lb/>
chen. Die arme Biene &#x017F;etzte ich auch<lb/>
wirklich dadurch in Freyheit; allein durch<lb/>
einen unglu&#x0364;cklichen allzu &#x017F;tarken Schwung<lb/>
meines Armes flog die Axt in die Ho&#x0364;he,<lb/>
und ho&#x0364;rte nicht auf zu fliegen, bis &#x017F;ie<lb/>
im Monde nieder fiel. Wie &#x017F;ollte ich<lb/>
&#x017F;ie nun wieder kriegen? Mit welcher Lei-<lb/>
ter auf Erden &#x017F;ie herunterholen? Da<lb/>
fiel mir ein, daß die tu&#x0364;rki&#x017F;chen Bohnen<lb/>
&#x017F;ehr ge&#x017F;chwind und zu einer ganz er&#x017F;taun-<lb/>
lichen Ho&#x0364;he empor wu&#x0364;ch&#x017F;en. Augenblick-<lb/>
lich pflanzte ich al&#x017F;o eine &#x017F;olche Bohne,<lb/>
welche wirklich empor wuchs, und &#x017F;ich an<lb/>
eines von des Mondes Ho&#x0364;rnern von<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;elb&#x017F;t</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0071] ich eine Biene, wurde aber ſogleich ge- wahr, daß zwey Baͤren ſie angefallen hatten, und ihres Honigs wegen in Stuͤcke zerreißen wollten. Da ich nun nichts anderes waffenaͤhnliches in Haͤn- den hatte, als die ſilberne Axt, welche das Kennzeichen der Gaͤrtner und Land- arbeiter des Sultans iſt, ſo warf ich dieſe nach den beiden Raͤubern, bloß in der Abſicht, ſie damit wegzuſcheu- chen. Die arme Biene ſetzte ich auch wirklich dadurch in Freyheit; allein durch einen ungluͤcklichen allzu ſtarken Schwung meines Armes flog die Axt in die Hoͤhe, und hoͤrte nicht auf zu fliegen, bis ſie im Monde nieder fiel. Wie ſollte ich ſie nun wieder kriegen? Mit welcher Lei- ter auf Erden ſie herunterholen? Da fiel mir ein, daß die tuͤrkiſchen Bohnen ſehr geſchwind und zu einer ganz erſtaun- lichen Hoͤhe empor wuͤchſen. Augenblick- lich pflanzte ich alſo eine ſolche Bohne, welche wirklich empor wuchs, und ſich an eines von des Mondes Hoͤrnern von ſelbſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_muenchhausen_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_muenchhausen_1786/71
Zitationshilfe: [Raspe, Rudolf Erich]: Wunderbare Reisen [...] des Freyherrn von Münchhausen [...]. London [i. e. Göttingen], 1786, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_muenchhausen_1786/71>, abgerufen am 11.12.2024.