Es ist noch nicht gar lange, da ein Kaufmann es als seinem Credit schädlich ansah, wenn er einen Wechsel discontiren ließ, und ihn deswegen gewöhn- lich bis zur Verfallzeit aufbewahrte, nachdem er acceptirt war. Man indossirte nur an solche, mit welchen man in Rechnung stand, und also durch dies Indossament irgend eine Schuld liquidiren konnte. Aber seit funfzig Jahren ist die Handlung überall so lebhaft geworden, daß auch der solide Kaufmann für jeden Tag es als Verlust ansieht, wenn sein Geld müssig steht. Das Discontiren der Wechsel ist also ein sehr gewöhnliches Geschäft der Reichen, die von Zinsen leben, und selbst des Kaufmanns gewor- den, wenn er in dem Gange seiner nicht immer gleich lebhaften Handlung von Zeit zu Zeit Geld müssig stehen hat. Einige Zettelbanken, z. B. die in Lon- don, machen ein Hauptgeschäfte daraus.
Der Discont richtet sich 1) nach der Menge der Wechsel, für welche derselbe gesucht wird. In Ham- burg war er im Jahre 1763 auf 12 p. C. gestiegen, ist aber seitdem oft auf 21/2 gesunken. 2) Nach der anscheinenden Sicherheit der Wechsel, die sich teils auf die Vielheit der Indossaten, teils auf deren an- genommenen Credit gründet. Doch wagt es ein Discontent bei vielen Indossaten, deren keinem allein
1. Buch. Vom Gelde.
Anmerkung.
Es iſt noch nicht gar lange, da ein Kaufmann es als ſeinem Credit ſchaͤdlich anſah, wenn er einen Wechſel diſcontiren ließ, und ihn deswegen gewoͤhn- lich bis zur Verfallzeit aufbewahrte, nachdem er acceptirt war. Man indoſſirte nur an ſolche, mit welchen man in Rechnung ſtand, und alſo durch dies Indoſſament irgend eine Schuld liquidiren konnte. Aber ſeit funfzig Jahren iſt die Handlung uͤberall ſo lebhaft geworden, daß auch der ſolide Kaufmann fuͤr jeden Tag es als Verluſt anſieht, wenn ſein Geld muͤſſig ſteht. Das Diſcontiren der Wechſel iſt alſo ein ſehr gewoͤhnliches Geſchaͤft der Reichen, die von Zinſen leben, und ſelbſt des Kaufmanns gewor- den, wenn er in dem Gange ſeiner nicht immer gleich lebhaften Handlung von Zeit zu Zeit Geld muͤſſig ſtehen hat. Einige Zettelbanken, z. B. die in Lon- don, machen ein Hauptgeſchaͤfte daraus.
Der Diſcont richtet ſich 1) nach der Menge der Wechſel, fuͤr welche derſelbe geſucht wird. In Ham- burg war er im Jahre 1763 auf 12 p. C. geſtiegen, iſt aber ſeitdem oft auf 2½ geſunken. 2) Nach der anſcheinenden Sicherheit der Wechſel, die ſich teils auf die Vielheit der Indoſſaten, teils auf deren an- genommenen Credit gruͤndet. Doch wagt es ein Diſcontent bei vielen Indoſſaten, deren keinem allein
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1. Buch. Vom Gelde.
Anmerkung.
Es iſt noch nicht gar lange, da ein Kaufmann
es als ſeinem Credit ſchaͤdlich anſah, wenn er einen
Wechſel diſcontiren ließ, und ihn deswegen gewoͤhn-
lich bis zur Verfallzeit aufbewahrte, nachdem er
acceptirt war. Man indoſſirte nur an ſolche, mit
welchen man in Rechnung ſtand, und alſo durch dies
Indoſſament irgend eine Schuld liquidiren konnte.
Aber ſeit funfzig Jahren iſt die Handlung uͤberall ſo
lebhaft geworden, daß auch der ſolide Kaufmann
fuͤr jeden Tag es als Verluſt anſieht, wenn ſein
Geld muͤſſig ſteht. Das Diſcontiren der Wechſel iſt
alſo ein ſehr gewoͤhnliches Geſchaͤft der Reichen, die
von Zinſen leben, und ſelbſt des Kaufmanns gewor-
den, wenn er in dem Gange ſeiner nicht immer gleich
lebhaften Handlung von Zeit zu Zeit Geld muͤſſig
ſtehen hat. Einige Zettelbanken, z. B. die in Lon-
don, machen ein Hauptgeſchaͤfte daraus.
Der Diſcont richtet ſich 1) nach der Menge der
Wechſel, fuͤr welche derſelbe geſucht wird. In Ham-
burg war er im Jahre 1763 auf 12 p. C. geſtiegen,
iſt aber ſeitdem oft auf 2½ geſunken. 2) Nach der
anſcheinenden Sicherheit der Wechſel, die ſich teils
auf die Vielheit der Indoſſaten, teils auf deren an-
genommenen Credit gruͤndet. Doch wagt es ein
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Büsch, Johann Georg: Theoretisch-Praktische Darstellung der Handlung in deren mannigfaltigen Geschäften. Bd. 1. Hamburg, 1792, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung01_1792/100>, abgerufen am 22.11.2024.
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