Man erinnere sich an den §. 1. der Einleitung gegebenen Begriff vom Handel; so wird es bald ein- leuchten, daß ein Produkt der Natur und der Kunst nur unter folgenden Voraussezungen zur Waare werden könne.
1) Es muß ein Bedürfnis vieler sein. Denn nur so kann dem Handelnden der Gedanke entstehen, einen Vorraht davon anzuschaffen, grösser als er ihn selbst bedarf, um ihn mit Vorteil an andre ab- zutreten. Es kömmt aber nicht darauf an, wie dringend das Bedürfnis der Sache deren Natur nach sei, oder ob es aus einer blossen Meinung und Ge fallen der Menschen dazu werde. Edelgesteine sind für keinen Menschen ein wahres Bedürfniß, werden es aber blos durch die menschliche Meinung. Selbst die edlen Metalle würden es nicht sein, würden es wenigstens nicht so sehr sein, als manches minder edle Metall, wenn nicht eine Vereinigung so vieler Völker entstanden wäre, sie als ein Zeichen des Wehrts zu gebrauchen. Sie werden also zur ver- käuflichsten Waare bei allen Völkern, die es als ein solches anwenden. Bei den Negern tritt ein ande- res Produkt der Natur in deren Stelle, das für keine andere Völker einen Wehrt haben würde. Dies sind die kleinen Schnekken, Bouges oder Kauris ge-
2. Buch. Von dem Waarenhandel.
§. 2.
Man erinnere ſich an den §. 1. der Einleitung gegebenen Begriff vom Handel; ſo wird es bald ein- leuchten, daß ein Produkt der Natur und der Kunſt nur unter folgenden Vorausſezungen zur Waare werden koͤnne.
1) Es muß ein Beduͤrfnis vieler ſein. Denn nur ſo kann dem Handelnden der Gedanke entſtehen, einen Vorraht davon anzuſchaffen, groͤſſer als er ihn ſelbſt bedarf, um ihn mit Vorteil an andre ab- zutreten. Es koͤmmt aber nicht darauf an, wie dringend das Beduͤrfnis der Sache deren Natur nach ſei, oder ob es aus einer bloſſen Meinung und Ge fallen der Menſchen dazu werde. Edelgeſteine ſind fuͤr keinen Menſchen ein wahres Beduͤrfniß, werden es aber blos durch die menſchliche Meinung. Selbſt die edlen Metalle wuͤrden es nicht ſein, wuͤrden es wenigſtens nicht ſo ſehr ſein, als manches minder edle Metall, wenn nicht eine Vereinigung ſo vieler Voͤlker entſtanden waͤre, ſie als ein Zeichen des Wehrts zu gebrauchen. Sie werden alſo zur ver- kaͤuflichſten Waare bei allen Voͤlkern, die es als ein ſolches anwenden. Bei den Negern tritt ein ande- res Produkt der Natur in deren Stelle, das fuͤr keine andere Voͤlker einen Wehrt haben wuͤrde. Dies ſind die kleinen Schnekken, Bouges oder Kauris ge-
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2. Buch. Von dem Waarenhandel.
§. 2.
Man erinnere ſich an den §. 1. der Einleitung
gegebenen Begriff vom Handel; ſo wird es bald ein-
leuchten, daß ein Produkt der Natur und der Kunſt
nur unter folgenden Vorausſezungen zur Waare
werden koͤnne.
1) Es muß ein Beduͤrfnis vieler ſein. Denn
nur ſo kann dem Handelnden der Gedanke entſtehen,
einen Vorraht davon anzuſchaffen, groͤſſer als er ihn
ſelbſt bedarf, um ihn mit Vorteil an andre ab-
zutreten. Es koͤmmt aber nicht darauf an, wie
dringend das Beduͤrfnis der Sache deren Natur nach
ſei, oder ob es aus einer bloſſen Meinung und Ge
fallen der Menſchen dazu werde. Edelgeſteine ſind
fuͤr keinen Menſchen ein wahres Beduͤrfniß, werden
es aber blos durch die menſchliche Meinung. Selbſt
die edlen Metalle wuͤrden es nicht ſein, wuͤrden es
wenigſtens nicht ſo ſehr ſein, als manches minder edle
Metall, wenn nicht eine Vereinigung ſo vieler
Voͤlker entſtanden waͤre, ſie als ein Zeichen des
Wehrts zu gebrauchen. Sie werden alſo zur ver-
kaͤuflichſten Waare bei allen Voͤlkern, die es als ein
ſolches anwenden. Bei den Negern tritt ein ande-
res Produkt der Natur in deren Stelle, das fuͤr
keine andere Voͤlker einen Wehrt haben wuͤrde. Dies
ſind die kleinen Schnekken, Bouges oder Kauris ge-
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Büsch, Johann Georg: Theoretisch-Praktische Darstellung der Handlung in deren mannigfaltigen Geschäften. Bd. 1. Hamburg, 1792, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung01_1792/146>, abgerufen am 24.11.2024.
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