ist so viel (auch aus seinen andern Werken) sicher, dass er mit Ab- sicht auf den Eindruck des Grellen und Unheimlichen ausging und dass die Reflexlosigkeit hiezu ein wesentliches Mittel ist. Bei Rem- brandt dagegen herrscht, trotz allem Abenteuerlichen in Figuren und Trachten, ein tröstlicher, heimlicher Klang vor, weil das Sonnenlicht theils unmittelbar, theils mit dem Goldduft der Reflexe die ganze Räumlichkeit erhellt und wohnbar macht. (Beiläufig: ausser einigen Porträts, wovon unten, scheint nicht bloss die Landschaft in den Uf-a fizien, sondern auch eine Ruhe auf der Flucht, im Pal. Manfrin zub Venedig ein echtes Werk Rembrandts zu sein.)
Von Caravaggio's Schülern sind die Nichtneapolitaner Carlo Saraceni und Moyse Valentin die farbigsten, auch sonst ziem- lich gewissenhaft. (Von Saraceni: Geschichten des heil. Benno in derc Anima zu Rom, 1. Cap. r. und 1. Cap. l.; Tod der Maria in S. M.d della Scala, links; -- von Valentin: Joseph als Traumdeuter, Pal.e Borghese; Enthauptung des Täufers, Pal. Sciarra; Judith, im Pal.f Manfrin zu Venedig.)g
Spagnoletto wird oft hart, glasig und grell, trotz seiner ve- nezian. Erinnerungen. So schon in seinem abscheulichen Bacchus vomh Jahr 1626 (Museum von Neapel); sein heil. Sebastian (ebenda) ist merkwürdig als spätestes mit Liebe gemaltes Bild, vom Jahr 1651. Am meisten venezianisch erscheint mir seine geringe Figur des heil. Hieronymus (Uffizien, Tribuna). -- Stanzioni ist um ein Bedeu-i tendes milder und weicher; von den Übrigen hat Salvator Rosa, wenn er will, das wärmste Licht und das klarste Helldunkel (Ver- schwörung des Catilina, Pal. Pitti), sonst aber oft etwas Fahles undk Dumpfes. Bei Calabrese und mehrern Andern muss man sich mit einer höchst äusserlichen Farbenbravour begnügen.
Pietro da Cortona ist ein so bedeutender Colorist als man es ohne allen Ernst der sachlichen Auffassung sein kann. Seine Farbe ist -- man gestatte uns das fade Wort -- in hohem Grade freund- lich; in den grossen, mehr decorativ als ernstlich gemeinten Gewölbe- malereien hat er zuerst sich genau nach demjenigen Eindruck gerich- tet, welchen das vom Gedanken verlassene, müssig irrende Auge am meisten wünscht. Vorherrschend ein heller Ton, eine sonnige Luft, bequeme Bewegung der Figuren im lichten Raum, ein oberflächlich
Das Colorit.
ist so viel (auch aus seinen andern Werken) sicher, dass er mit Ab- sicht auf den Eindruck des Grellen und Unheimlichen ausging und dass die Reflexlosigkeit hiezu ein wesentliches Mittel ist. Bei Rem- brandt dagegen herrscht, trotz allem Abenteuerlichen in Figuren und Trachten, ein tröstlicher, heimlicher Klang vor, weil das Sonnenlicht theils unmittelbar, theils mit dem Goldduft der Reflexe die ganze Räumlichkeit erhellt und wohnbar macht. (Beiläufig: ausser einigen Porträts, wovon unten, scheint nicht bloss die Landschaft in den Uf-a fizien, sondern auch eine Ruhe auf der Flucht, im Pal. Manfrin zub Venedig ein echtes Werk Rembrandts zu sein.)
Von Caravaggio’s Schülern sind die Nichtneapolitaner Carlo Saraceni und Moyse Valentin die farbigsten, auch sonst ziem- lich gewissenhaft. (Von Saraceni: Geschichten des heil. Benno in derc Anima zu Rom, 1. Cap. r. und 1. Cap. l.; Tod der Maria in S. M.d della Scala, links; — von Valentin: Joseph als Traumdeuter, Pal.e Borghese; Enthauptung des Täufers, Pal. Sciarra; Judith, im Pal.f Manfrin zu Venedig.)g
Spagnoletto wird oft hart, glasig und grell, trotz seiner ve- nezian. Erinnerungen. So schon in seinem abscheulichen Bacchus vomh Jahr 1626 (Museum von Neapel); sein heil. Sebastian (ebenda) ist merkwürdig als spätestes mit Liebe gemaltes Bild, vom Jahr 1651. Am meisten venezianisch erscheint mir seine geringe Figur des heil. Hieronymus (Uffizien, Tribuna). — Stanzioni ist um ein Bedeu-i tendes milder und weicher; von den Übrigen hat Salvator Rosa, wenn er will, das wärmste Licht und das klarste Helldunkel (Ver- schwörung des Catilina, Pal. Pitti), sonst aber oft etwas Fahles undk Dumpfes. Bei Calabrese und mehrern Andern muss man sich mit einer höchst äusserlichen Farbenbravour begnügen.
Pietro da Cortona ist ein so bedeutender Colorist als man es ohne allen Ernst der sachlichen Auffassung sein kann. Seine Farbe ist — man gestatte uns das fade Wort — in hohem Grade freund- lich; in den grossen, mehr decorativ als ernstlich gemeinten Gewölbe- malereien hat er zuerst sich genau nach demjenigen Eindruck gerich- tet, welchen das vom Gedanken verlassene, müssig irrende Auge am meisten wünscht. Vorherrschend ein heller Ton, eine sonnige Luft, bequeme Bewegung der Figuren im lichten Raum, ein oberflächlich
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Das Colorit.
ist so viel (auch aus seinen andern Werken) sicher, dass er mit Ab-
sicht auf den Eindruck des Grellen und Unheimlichen ausging und
dass die Reflexlosigkeit hiezu ein wesentliches Mittel ist. Bei Rem-
brandt dagegen herrscht, trotz allem Abenteuerlichen in Figuren und
Trachten, ein tröstlicher, heimlicher Klang vor, weil das Sonnenlicht
theils unmittelbar, theils mit dem Goldduft der Reflexe die ganze
Räumlichkeit erhellt und wohnbar macht. (Beiläufig: ausser einigen
Porträts, wovon unten, scheint nicht bloss die Landschaft in den Uf-
fizien, sondern auch eine Ruhe auf der Flucht, im Pal. Manfrin zu
Venedig ein echtes Werk Rembrandts zu sein.)
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Von Caravaggio’s Schülern sind die Nichtneapolitaner Carlo
Saraceni und Moyse Valentin die farbigsten, auch sonst ziem-
lich gewissenhaft. (Von Saraceni: Geschichten des heil. Benno in der
Anima zu Rom, 1. Cap. r. und 1. Cap. l.; Tod der Maria in S. M.
della Scala, links; — von Valentin: Joseph als Traumdeuter, Pal.
Borghese; Enthauptung des Täufers, Pal. Sciarra; Judith, im Pal.
Manfrin zu Venedig.)
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nezian. Erinnerungen. So schon in seinem abscheulichen Bacchus vom
Jahr 1626 (Museum von Neapel); sein heil. Sebastian (ebenda) ist
merkwürdig als spätestes mit Liebe gemaltes Bild, vom Jahr 1651.
Am meisten venezianisch erscheint mir seine geringe Figur des heil.
Hieronymus (Uffizien, Tribuna). — Stanzioni ist um ein Bedeu-
tendes milder und weicher; von den Übrigen hat Salvator Rosa,
wenn er will, das wärmste Licht und das klarste Helldunkel (Ver-
schwörung des Catilina, Pal. Pitti), sonst aber oft etwas Fahles und
Dumpfes. Bei Calabrese und mehrern Andern muss man sich mit
einer höchst äusserlichen Farbenbravour begnügen.
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Pietro da Cortona ist ein so bedeutender Colorist als man
es ohne allen Ernst der sachlichen Auffassung sein kann. Seine Farbe
ist — man gestatte uns das fade Wort — in hohem Grade freund-
lich; in den grossen, mehr decorativ als ernstlich gemeinten Gewölbe-
malereien hat er zuerst sich genau nach demjenigen Eindruck gerich-
tet, welchen das vom Gedanken verlassene, müssig irrende Auge am
meisten wünscht. Vorherrschend ein heller Ton, eine sonnige Luft,
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 1017. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/1039>, abgerufen am 05.12.2024.
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