und ganzen Figuren, welche aus Guercino's Werkstatt hervorgingen, werden von den profanen Historien im Styl nicht abweichen. Es giebt z. B. gerade von Guercino ausser den gleichgültigen Historien (z. B. aAhasver und Esther, bei Camuccini) auch einige vortreffliche wie die oben (S. 1012) genannten, oder wie sein "Salomo mit der Königin von bSaba" (S. Croce in Piacenza, Querschiff r.). -- Geschichten wie die der Susanna, oder der Frau des Potiphar mit Joseph (grosse Bilder cdes Biliverti im Pal. Barberini zu Rom und in den Uffizien), oder des Loth und seiner Töchter, Situationen wie die der Judith nehmen von der Bibel nicht mehr als den Vorwand her. (Die Susanna des dCapuccino im Pal. Spinola, Str. nuova, zu Genua.) Die schönste eJudith ist ohne allen Zweifel die des Cristofano Allori (Pal. fPitti, kleines Ex. im Pal. Corsini zu Florenz, sehr ruinirtes Ex. im gPal. Connestabile zu Perugia); freilich eine Buhlerin, bei welcher es zweifelhaft bleibt, ob sie irgend einer Leidenschaft des Herzens fähig ist, mit schwimmenden Augenlidern, schwellenden Lippen und einem bestimmten Fett, wozu der prächtige Aufputz vorzüglich gut stimmt. hEdler ist wohl bisweilen Guido's Judith (z. B. im Pal. Adorno zu Genua); auch die des Guercin (S. 1036); bei beiden hie und da mit dem Ausdruck sehnsüchtigen Dankes. -- Auch die Tochter des He- rodes ist als Gegenstand am besten hier zu nennen. (Kalt und pomp- ihaft, von Guido, Pal. Corsini in Rom.) Bei Domenichino sind alttestamentliche Historien im Ganzen das allerschwächste. Vier Ovale kal fresco, in S. Silvestro a monte cavallo zu Rom, 1. Querschiff; (im r. Querschiff sieht man das fleissige Hauptbild eines seiner wenigen lSchüler, Ant. Barbalunga, Gottvater in einer Glorie, unten zwei mHeilige); -- im Casino Rospigliosi: das Paradies, und der Triumph nDavids (?); -- Pal. Barberini: der Sündenfall, aus lauter Reminiscenzen bestehend. -- David mit Goliaths Haupt, das Gegenstück zur Judith, unzählige Male, am gemeinsten von Domenico Feti, der ihn auf odem Haupte sitzen lässt (Pal. Manfrin in Venedig).
Die Parabeln des neuen Testamentes, welche durch edle Be- handlung gar wohl einen biblischen Typus erhalten können, erman- geln in dieser Zeit durchgängig einer solchen Weihe, ohne doch durch genrehaften Reiz (wie z. B. bei Teniers) oder durch Miniaturpracht p(wie z. B. Elzheimer's "verlorner Sohn" im Pal. Sciarra) zu ent-
Moderne Malerei.
und ganzen Figuren, welche aus Guercino’s Werkstatt hervorgingen, werden von den profanen Historien im Styl nicht abweichen. Es giebt z. B. gerade von Guercino ausser den gleichgültigen Historien (z. B. aAhasver und Esther, bei Camuccini) auch einige vortreffliche wie die oben (S. 1012) genannten, oder wie sein „Salomo mit der Königin von bSaba“ (S. Croce in Piacenza, Querschiff r.). — Geschichten wie die der Susanna, oder der Frau des Potiphar mit Joseph (grosse Bilder cdes Biliverti im Pal. Barberini zu Rom und in den Uffizien), oder des Loth und seiner Töchter, Situationen wie die der Judith nehmen von der Bibel nicht mehr als den Vorwand her. (Die Susanna des dCapuccino im Pal. Spinola, Str. nuova, zu Genua.) Die schönste eJudith ist ohne allen Zweifel die des Cristofano Allori (Pal. fPitti, kleines Ex. im Pal. Corsini zu Florenz, sehr ruinirtes Ex. im gPal. Connestabile zu Perugia); freilich eine Buhlerin, bei welcher es zweifelhaft bleibt, ob sie irgend einer Leidenschaft des Herzens fähig ist, mit schwimmenden Augenlidern, schwellenden Lippen und einem bestimmten Fett, wozu der prächtige Aufputz vorzüglich gut stimmt. hEdler ist wohl bisweilen Guido’s Judith (z. B. im Pal. Adorno zu Genua); auch die des Guercin (S. 1036); bei beiden hie und da mit dem Ausdruck sehnsüchtigen Dankes. — Auch die Tochter des He- rodes ist als Gegenstand am besten hier zu nennen. (Kalt und pomp- ihaft, von Guido, Pal. Corsini in Rom.) Bei Domenichino sind alttestamentliche Historien im Ganzen das allerschwächste. Vier Ovale kal fresco, in S. Silvestro a monte cavallo zu Rom, 1. Querschiff; (im r. Querschiff sieht man das fleissige Hauptbild eines seiner wenigen lSchüler, Ant. Barbalunga, Gottvater in einer Glorie, unten zwei mHeilige); — im Casino Rospigliosi: das Paradies, und der Triumph nDavids (?); — Pal. Barberini: der Sündenfall, aus lauter Reminiscenzen bestehend. — David mit Goliaths Haupt, das Gegenstück zur Judith, unzählige Male, am gemeinsten von Domenico Feti, der ihn auf odem Haupte sitzen lässt (Pal. Manfrin in Venedig).
Die Parabeln des neuen Testamentes, welche durch edle Be- handlung gar wohl einen biblischen Typus erhalten können, erman- geln in dieser Zeit durchgängig einer solchen Weihe, ohne doch durch genrehaften Reiz (wie z. B. bei Teniers) oder durch Miniaturpracht p(wie z. B. Elzheimer’s „verlorner Sohn“ im Pal. Sciarra) zu ent-
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Moderne Malerei.
und ganzen Figuren, welche aus Guercino’s Werkstatt hervorgingen,
werden von den profanen Historien im Styl nicht abweichen. Es giebt
z. B. gerade von Guercino ausser den gleichgültigen Historien (z. B.
Ahasver und Esther, bei Camuccini) auch einige vortreffliche wie die
oben (S. 1012) genannten, oder wie sein „Salomo mit der Königin von
Saba“ (S. Croce in Piacenza, Querschiff r.). — Geschichten wie die
der Susanna, oder der Frau des Potiphar mit Joseph (grosse Bilder
des Biliverti im Pal. Barberini zu Rom und in den Uffizien), oder
des Loth und seiner Töchter, Situationen wie die der Judith nehmen
von der Bibel nicht mehr als den Vorwand her. (Die Susanna des
Capuccino im Pal. Spinola, Str. nuova, zu Genua.) Die schönste
Judith ist ohne allen Zweifel die des Cristofano Allori (Pal.
Pitti, kleines Ex. im Pal. Corsini zu Florenz, sehr ruinirtes Ex. im
Pal. Connestabile zu Perugia); freilich eine Buhlerin, bei welcher es
zweifelhaft bleibt, ob sie irgend einer Leidenschaft des Herzens fähig
ist, mit schwimmenden Augenlidern, schwellenden Lippen und einem
bestimmten Fett, wozu der prächtige Aufputz vorzüglich gut stimmt.
Edler ist wohl bisweilen Guido’s Judith (z. B. im Pal. Adorno zu
Genua); auch die des Guercin (S. 1036); bei beiden hie und da mit
dem Ausdruck sehnsüchtigen Dankes. — Auch die Tochter des He-
rodes ist als Gegenstand am besten hier zu nennen. (Kalt und pomp-
haft, von Guido, Pal. Corsini in Rom.) Bei Domenichino sind
alttestamentliche Historien im Ganzen das allerschwächste. Vier Ovale
al fresco, in S. Silvestro a monte cavallo zu Rom, 1. Querschiff; (im
r. Querschiff sieht man das fleissige Hauptbild eines seiner wenigen
Schüler, Ant. Barbalunga, Gottvater in einer Glorie, unten zwei
Heilige); — im Casino Rospigliosi: das Paradies, und der Triumph
Davids (?); — Pal. Barberini: der Sündenfall, aus lauter Reminiscenzen
bestehend. — David mit Goliaths Haupt, das Gegenstück zur Judith,
unzählige Male, am gemeinsten von Domenico Feti, der ihn auf
dem Haupte sitzen lässt (Pal. Manfrin in Venedig).
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Die Parabeln des neuen Testamentes, welche durch edle Be-
handlung gar wohl einen biblischen Typus erhalten können, erman-
geln in dieser Zeit durchgängig einer solchen Weihe, ohne doch durch
genrehaften Reiz (wie z. B. bei Teniers) oder durch Miniaturpracht
(wie z. B. Elzheimer’s „verlorner Sohn“ im Pal. Sciarra) zu ent-
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 1026[1044]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/1066>, abgerufen am 05.12.2024.
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