Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.Moderne Malerei. avier Rundbilder der Elemente (Pal. Borghese) die coketteste Lieblich-keit erreichen, deren ein Bologneser fähig war: ein paar hübsche kleine bBilder in den Uffizien; hübsche Putten am Gewölbe der Chornische cin S. M. della Pace zu Rom. Den tiefsten Eindruck muss aber Do- menichino auch hier auf Nic. Poussin gemacht haben. Sein Triumph ddes Ovid (Pal. Corsini in Rom), sein Einzug der Flora (Gal. des Ca- epitols), sein Zeitgott, der den Horen zum Tanze aufspielt (Academie von Venedig) mit ihren erloschenen Farben und etwas allgemeinen Formen reizen den Blick nicht; wer aber die Kunst geschichtlich be- trachtet, wird dieses Streben, in der Zeit der falschen Prätensionen rein und wahr zu bleiben, nur mit Rührung verfolgen können. Und einmal ist er auch ganz naiv und schön, in der Hirtenscene oder No- fvellenscene des Pal. Colonna; einem Bilde, welches sich gar wohl dem berühmten "Et in Arcadia ego" (Louvre) gleichstellen darf. -- Guercino hat ausser jenen Fresken der Villa Ludovisi (S. 1016, f) eine gAnzahl meist gleichgültiger Historienbilder gemalt (Mucius Scaevola, im Pal. Pallavicini zu Genua), unter welchen nur die genannte Dido hauf dem Scheiterhaufen (im Pal. Spada zu Rom) durch Schönheit des Ausdruckes und durch ungemeine Kraft der Farbe sich auszeichnet. -- Von einem sonst wenig bekannten Giacinto Geminiani ist in den iUffizien (I. Gang) eine "Auffindung der Leiche Leanders", welche die besten Inspirationen eines Guercino und Poussin in hohem Grade zu vereinigen scheint. -- Guido lässt mit solchen Scenen in der Regel ksehr kalt. Seine Nausicaa (Mus. von Neapel) hält mit grosser See- lenruhe Hof zwischen ihren Mägden. Seine Entführung der Helena l(Pal. Spada) geschieht wie ein anderer Ausgang am hellen Tage. Das treffliche Bild einer Nymphe und eines Helden, in den Uffizien. -- Von der Elis. Sirani, welche Guido's maniera seconda zu reprodu- mciren nicht müde wird, findet man eine Caritas mit drei Kindern im Pal. Sciarra. Die Naturalisten malten lieber das Heilige profan als das Profane Moderne Malerei. avier Rundbilder der Elemente (Pal. Borghese) die coketteste Lieblich-keit erreichen, deren ein Bologneser fähig war: ein paar hübsche kleine bBilder in den Uffizien; hübsche Putten am Gewölbe der Chornische cin S. M. della Pace zu Rom. Den tiefsten Eindruck muss aber Do- menichino auch hier auf Nic. Poussin gemacht haben. Sein Triumph ddes Ovid (Pal. Corsini in Rom), sein Einzug der Flora (Gal. des Ca- epitols), sein Zeitgott, der den Horen zum Tanze aufspielt (Academie von Venedig) mit ihren erloschenen Farben und etwas allgemeinen Formen reizen den Blick nicht; wer aber die Kunst geschichtlich be- trachtet, wird dieses Streben, in der Zeit der falschen Prätensionen rein und wahr zu bleiben, nur mit Rührung verfolgen können. Und einmal ist er auch ganz naiv und schön, in der Hirtenscene oder No- fvellenscene des Pal. Colonna; einem Bilde, welches sich gar wohl dem berühmten „Et in Arcadia ego“ (Louvre) gleichstellen darf. — Guercino hat ausser jenen Fresken der Villa Ludovisi (S. 1016, f) eine gAnzahl meist gleichgültiger Historienbilder gemalt (Mucius Scævola, im Pal. Pallavicini zu Genua), unter welchen nur die genannte Dido hauf dem Scheiterhaufen (im Pal. Spada zu Rom) durch Schönheit des Ausdruckes und durch ungemeine Kraft der Farbe sich auszeichnet. — Von einem sonst wenig bekannten Giacinto Geminiani ist in den iUffizien (I. Gang) eine „Auffindung der Leiche Leanders“, welche die besten Inspirationen eines Guercino und Poussin in hohem Grade zu vereinigen scheint. — Guido lässt mit solchen Scenen in der Regel ksehr kalt. Seine Nausicaa (Mus. von Neapel) hält mit grosser See- lenruhe Hof zwischen ihren Mägden. Seine Entführung der Helena l(Pal. Spada) geschieht wie ein anderer Ausgang am hellen Tage. Das treffliche Bild einer Nymphe und eines Helden, in den Uffizien. — Von der Elis. Sirani, welche Guido’s maniera seconda zu reprodu- mciren nicht müde wird, findet man eine Caritas mit drei Kindern im Pal. Sciarra. Die Naturalisten malten lieber das Heilige profan als das Profane <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f1068" n="1046"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Moderne Malerei.</hi></fw><lb/><note place="left">a</note>vier Rundbilder der Elemente (Pal. Borghese) die coketteste Lieblich-<lb/> keit erreichen, deren ein Bologneser fähig war: ein paar hübsche kleine<lb/><note place="left">b</note>Bilder in den Uffizien; hübsche Putten am Gewölbe der Chornische<lb/><note place="left">c</note>in S. M. della Pace zu Rom. Den tiefsten Eindruck muss aber Do-<lb/> menichino auch hier auf <hi rendition="#g">Nic. Poussin</hi> gemacht haben. Sein Triumph<lb/><note place="left">d</note>des Ovid (Pal. 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Moderne Malerei.
vier Rundbilder der Elemente (Pal. Borghese) die coketteste Lieblich-
keit erreichen, deren ein Bologneser fähig war: ein paar hübsche kleine
Bilder in den Uffizien; hübsche Putten am Gewölbe der Chornische
in S. M. della Pace zu Rom. Den tiefsten Eindruck muss aber Do-
menichino auch hier auf Nic. Poussin gemacht haben. Sein Triumph
des Ovid (Pal. Corsini in Rom), sein Einzug der Flora (Gal. des Ca-
pitols), sein Zeitgott, der den Horen zum Tanze aufspielt (Academie
von Venedig) mit ihren erloschenen Farben und etwas allgemeinen
Formen reizen den Blick nicht; wer aber die Kunst geschichtlich be-
trachtet, wird dieses Streben, in der Zeit der falschen Prätensionen
rein und wahr zu bleiben, nur mit Rührung verfolgen können. Und
einmal ist er auch ganz naiv und schön, in der Hirtenscene oder No-
vellenscene des Pal. Colonna; einem Bilde, welches sich gar wohl
dem berühmten „Et in Arcadia ego“ (Louvre) gleichstellen darf. —
Guercino hat ausser jenen Fresken der Villa Ludovisi (S. 1016, f) eine
Anzahl meist gleichgültiger Historienbilder gemalt (Mucius Scævola,
im Pal. Pallavicini zu Genua), unter welchen nur die genannte Dido
auf dem Scheiterhaufen (im Pal. Spada zu Rom) durch Schönheit des
Ausdruckes und durch ungemeine Kraft der Farbe sich auszeichnet. —
Von einem sonst wenig bekannten Giacinto Geminiani ist in den
Uffizien (I. Gang) eine „Auffindung der Leiche Leanders“, welche
die besten Inspirationen eines Guercino und Poussin in hohem Grade
zu vereinigen scheint. — Guido lässt mit solchen Scenen in der Regel
sehr kalt. Seine Nausicaa (Mus. von Neapel) hält mit grosser See-
lenruhe Hof zwischen ihren Mägden. Seine Entführung der Helena
(Pal. Spada) geschieht wie ein anderer Ausgang am hellen Tage.
Das treffliche Bild einer Nymphe und eines Helden, in den Uffizien. —
Von der Elis. Sirani, welche Guido’s maniera seconda zu reprodu-
ciren nicht müde wird, findet man eine Caritas mit drei Kindern im
Pal. Sciarra.
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Die Naturalisten malten lieber das Heilige profan als das Profane
ideal; sie entschädigten sich durch das Genre. Salvator, der ihnen
entrann, um sich in allen möglichen Gattungen zu versuchen, gab in
seinem schon erwähnten Catilina (Pal. Pitti) eine ausgesuchte Ge-
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