Bettelordenskirchen: Santa Croce. Die Aufgabe war, mit möglichsta Wenigem, wie es sich für die Mendicanten ziemt, ein Gotteshaus für ein ganzes Volk zu bauen, welches damals den Kanzeln und Beicht- stühlen der Franciscaner zuströmte. Arnolfo ist hier, wie überall, streng und kalt im Detail, allein seine Disposition ist grossartig. Bei der ungeheuern Grösse des Gebäudes war es constructiv wünsch- bar, wenn nicht nothwendig, die Mauern der Nebenschiffe nicht durch blosse angestützte Balken, sondern durch gewölbte Bogen mit den Mauern des Hauptschiffes zu verbinden, und ihnen über diesen Bogen eigene Dächer, damit auch eine Reihe eigener Giebel zu geben. Die Pfeiler sind achteckig. An der hintern Seite des Querschiffes ziehn sich zehn Capellen von halber Höhe hin; in ihrer Mitte der polygone Chor; ausserdem sind höhere Capellen an beiden Enden und an der nähern Seite des Querschiffes angebaut. Die Ansicht von hinten (am besten sichtbar vom Garten des Marchese Berte aus) zeigt die Mauern des Chores und der Capellen mit steilen Giebeln gekrönt, welche in- dess kein Dach hinter sich haben. Der Thurm ganz erneut; die Fas- sade ohne Incrustation; der vordere Klosterhof, mit etwas abgeflach- ten Rundbogen, achteckigen Säulen, eigenthümlichen Basen, gilt für Arnolfo's Werk.
Überblicken wir seine Thätigkeit, so ist das, was ihm Ruhm und Bedeutung gab, gewiss mehr das Constructive, als das Formale an seinen Werken. Er geht in der weiten Spannung seiner Gewölbe und Decken, endlich in dem Entwurf seiner Kuppel über alles bisher bekannte, namentlich aber über alle nordische Gothik (die etwas ganz anderes wollte) hinaus.
Wo Er die Baukunst in formaler Beziehung vernachlässigt, da trat Giotto mit seinem hohen Sinn des Masses als Vollender in die Lücke. Ausser dem Entwurf zur Domfassade schuf er den prächti- gen "Campanile" (seit 1334; nach seinem Tode 1336 seinem Ent-b wurf gemäss vollendet von Taddeo Gaddi; die Sage von einem beab- sichtigten Spitzdach, das über dem starken Hauptgesimse keinen rechten Sinn mehr hätte, lassen wir auf sich beruhen.) Von einer Entwicklung aus dem Derben ins Leichte, wie sie etwa das Lebens- princip eines Thurmes von Freiburg im Breisgau ausmacht, sind hier nur Andeutungen vorhanden, nur so viel als streng nothwendig war;
Santa Croce. Giotto’s Campanile.
Bettelordenskirchen: Santa Croce. Die Aufgabe war, mit möglichsta Wenigem, wie es sich für die Mendicanten ziemt, ein Gotteshaus für ein ganzes Volk zu bauen, welches damals den Kanzeln und Beicht- stühlen der Franciscaner zuströmte. Arnolfo ist hier, wie überall, streng und kalt im Detail, allein seine Disposition ist grossartig. Bei der ungeheuern Grösse des Gebäudes war es constructiv wünsch- bar, wenn nicht nothwendig, die Mauern der Nebenschiffe nicht durch blosse angestützte Balken, sondern durch gewölbte Bogen mit den Mauern des Hauptschiffes zu verbinden, und ihnen über diesen Bogen eigene Dächer, damit auch eine Reihe eigener Giebel zu geben. Die Pfeiler sind achteckig. An der hintern Seite des Querschiffes ziehn sich zehn Capellen von halber Höhe hin; in ihrer Mitte der polygone Chor; ausserdem sind höhere Capellen an beiden Enden und an der nähern Seite des Querschiffes angebaut. Die Ansicht von hinten (am besten sichtbar vom Garten des Marchese Berte aus) zeigt die Mauern des Chores und der Capellen mit steilen Giebeln gekrönt, welche in- dess kein Dach hinter sich haben. Der Thurm ganz erneut; die Fas- sade ohne Incrustation; der vordere Klosterhof, mit etwas abgeflach- ten Rundbogen, achteckigen Säulen, eigenthümlichen Basen, gilt für Arnolfo’s Werk.
Überblicken wir seine Thätigkeit, so ist das, was ihm Ruhm und Bedeutung gab, gewiss mehr das Constructive, als das Formale an seinen Werken. Er geht in der weiten Spannung seiner Gewölbe und Decken, endlich in dem Entwurf seiner Kuppel über alles bisher bekannte, namentlich aber über alle nordische Gothik (die etwas ganz anderes wollte) hinaus.
Wo Er die Baukunst in formaler Beziehung vernachlässigt, da trat Giotto mit seinem hohen Sinn des Masses als Vollender in die Lücke. Ausser dem Entwurf zur Domfassade schuf er den prächti- gen „Campanile“ (seit 1334; nach seinem Tode 1336 seinem Ent-b wurf gemäss vollendet von Taddeo Gaddi; die Sage von einem beab- sichtigten Spitzdach, das über dem starken Hauptgesimse keinen rechten Sinn mehr hätte, lassen wir auf sich beruhen.) Von einer Entwicklung aus dem Derben ins Leichte, wie sie etwa das Lebens- princip eines Thurmes von Freiburg im Breisgau ausmacht, sind hier nur Andeutungen vorhanden, nur so viel als streng nothwendig war;
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Santa Croce. Giotto’s Campanile.
Bettelordenskirchen: Santa Croce. Die Aufgabe war, mit möglichst
Wenigem, wie es sich für die Mendicanten ziemt, ein Gotteshaus für
ein ganzes Volk zu bauen, welches damals den Kanzeln und Beicht-
stühlen der Franciscaner zuströmte. Arnolfo ist hier, wie überall,
streng und kalt im Detail, allein seine Disposition ist grossartig. Bei
der ungeheuern Grösse des Gebäudes war es constructiv wünsch-
bar, wenn nicht nothwendig, die Mauern der Nebenschiffe nicht durch
blosse angestützte Balken, sondern durch gewölbte Bogen mit den
Mauern des Hauptschiffes zu verbinden, und ihnen über diesen Bogen
eigene Dächer, damit auch eine Reihe eigener Giebel zu geben. Die
Pfeiler sind achteckig. An der hintern Seite des Querschiffes ziehn
sich zehn Capellen von halber Höhe hin; in ihrer Mitte der polygone
Chor; ausserdem sind höhere Capellen an beiden Enden und an der
nähern Seite des Querschiffes angebaut. Die Ansicht von hinten (am
besten sichtbar vom Garten des Marchese Berte aus) zeigt die Mauern
des Chores und der Capellen mit steilen Giebeln gekrönt, welche in-
dess kein Dach hinter sich haben. Der Thurm ganz erneut; die Fas-
sade ohne Incrustation; der vordere Klosterhof, mit etwas abgeflach-
ten Rundbogen, achteckigen Säulen, eigenthümlichen Basen, gilt für
Arnolfo’s Werk.
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Überblicken wir seine Thätigkeit, so ist das, was ihm Ruhm und
Bedeutung gab, gewiss mehr das Constructive, als das Formale
an seinen Werken. Er geht in der weiten Spannung seiner Gewölbe
und Decken, endlich in dem Entwurf seiner Kuppel über alles bisher
bekannte, namentlich aber über alle nordische Gothik (die etwas ganz
anderes wollte) hinaus.
Wo Er die Baukunst in formaler Beziehung vernachlässigt, da
trat Giotto mit seinem hohen Sinn des Masses als Vollender in die
Lücke. Ausser dem Entwurf zur Domfassade schuf er den prächti-
gen „Campanile“ (seit 1334; nach seinem Tode 1336 seinem Ent-
wurf gemäss vollendet von Taddeo Gaddi; die Sage von einem beab-
sichtigten Spitzdach, das über dem starken Hauptgesimse keinen
rechten Sinn mehr hätte, lassen wir auf sich beruhen.) Von einer
Entwicklung aus dem Derben ins Leichte, wie sie etwa das Lebens-
princip eines Thurmes von Freiburg im Breisgau ausmacht, sind hier
nur Andeutungen vorhanden, nur so viel als streng nothwendig war;
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/165>, abgerufen am 04.12.2024.
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