dem Plan eines angesehenen Mitbürgers, Antonio Vincenzi. Das Gebäude sollte ein lateinisches Kreuz von 608 Fuss Länge werden, der in gerade Fronten ausgehende Querbau 436 Fuss lang; das Ganze durchaus dreischiffig und ausserdem mit Capellenreihen zu beiden Seiten; über der Kreuzung sollte eine achteckige Kuppel von 250 Fuss Höhe entstehen, flankirt von vier Thürmen. Sonach hätte man die Florentiner überholt in der riesenhaften vierarmigen Ausdehnung, auch durch die Zugabe der Capellenreihen ringsum; man wäre hinter ihrer (damals übrigens noch nicht erbauten) Kuppel zurückgeblieben, um nicht ebenfalls die innere Perspective durch schräge Mauermassen statt schlanker Pfeiler aufheben zu müssen; man hätte dies aber we- nigstens nach aussen reichlich ersetzt durch den Effect der vier Thürme. Gegenüber nordischen Cathedralen wäre man durch die sinnlose Aus- dehnung des Querbaues im Nachtheil gewesen, auch hätte die Ver- stärkung der Pfeiler unter der Kuppel, selbst wenn sie sich auf das Unentbehrliche beschränkte, immer den Blick in den Chor etwas be- einträchtigt. Der runde Chorabschluss endlich hätte schwerlich eine erträgliche Gestalt bekommen.
Von all diesem ist nun bloss das Langhaus und ein Ansatz zum Querschiff wirklich ausgeführt, und auch dieses nur mangelhaft, mit bloss theilweiser Vollendung der Aussenflächen, in ungleichen und zum Theil sehr späten Epochen (bis tief ins XVII. Jahrhundert).
So wie das Gebäude vor uns steht, ist es die Frucht eines Com- promisses zwischen nordischer und südlicher Gothik, doch in einem viel bessern und strengern Sinn als der Dom von Mailand.
Zur Basis des Innern nahm man die Anordnung des Langhauses von Florenz mit möglichst grossen Pfeilerweiten und Hauptquadraten, steigerte aber die Höhe. Den oblongen Abtheilungen der Nebenschiffe entsprechen je zwei etwas niedrigere Capellen mit gewaltigen Fen- stern; wenn dieselben sämmtlich mit Glasgemälden versehen waren, so blieb den obwohl an Umfang kleinern Rundfenstern der Neben- schiffe und des Hauptschiffes, d. h. dem Oberlicht, dennoch die Herr- schaft. Die Pfeiler und ihre Capitäle sind viel weniger scharf und schön gebildet als in Florenz, wirken aber durch ihre Höhe besser; zudem sind die Bogen schlanker, die Obermauer durch keine Galerie durchschnitten. (S. 141 u. Anm.)
10*
S. Petronio in Bologna.
dem Plan eines angesehenen Mitbürgers, Antonio Vincenzi. Das Gebäude sollte ein lateinisches Kreuz von 608 Fuss Länge werden, der in gerade Fronten ausgehende Querbau 436 Fuss lang; das Ganze durchaus dreischiffig und ausserdem mit Capellenreihen zu beiden Seiten; über der Kreuzung sollte eine achteckige Kuppel von 250 Fuss Höhe entstehen, flankirt von vier Thürmen. Sonach hätte man die Florentiner überholt in der riesenhaften vierarmigen Ausdehnung, auch durch die Zugabe der Capellenreihen ringsum; man wäre hinter ihrer (damals übrigens noch nicht erbauten) Kuppel zurückgeblieben, um nicht ebenfalls die innere Perspective durch schräge Mauermassen statt schlanker Pfeiler aufheben zu müssen; man hätte dies aber we- nigstens nach aussen reichlich ersetzt durch den Effect der vier Thürme. Gegenüber nordischen Cathedralen wäre man durch die sinnlose Aus- dehnung des Querbaues im Nachtheil gewesen, auch hätte die Ver- stärkung der Pfeiler unter der Kuppel, selbst wenn sie sich auf das Unentbehrliche beschränkte, immer den Blick in den Chor etwas be- einträchtigt. Der runde Chorabschluss endlich hätte schwerlich eine erträgliche Gestalt bekommen.
Von all diesem ist nun bloss das Langhaus und ein Ansatz zum Querschiff wirklich ausgeführt, und auch dieses nur mangelhaft, mit bloss theilweiser Vollendung der Aussenflächen, in ungleichen und zum Theil sehr späten Epochen (bis tief ins XVII. Jahrhundert).
So wie das Gebäude vor uns steht, ist es die Frucht eines Com- promisses zwischen nordischer und südlicher Gothik, doch in einem viel bessern und strengern Sinn als der Dom von Mailand.
Zur Basis des Innern nahm man die Anordnung des Langhauses von Florenz mit möglichst grossen Pfeilerweiten und Hauptquadraten, steigerte aber die Höhe. Den oblongen Abtheilungen der Nebenschiffe entsprechen je zwei etwas niedrigere Capellen mit gewaltigen Fen- stern; wenn dieselben sämmtlich mit Glasgemälden versehen waren, so blieb den obwohl an Umfang kleinern Rundfenstern der Neben- schiffe und des Hauptschiffes, d. h. dem Oberlicht, dennoch die Herr- schaft. Die Pfeiler und ihre Capitäle sind viel weniger scharf und schön gebildet als in Florenz, wirken aber durch ihre Höhe besser; zudem sind die Bogen schlanker, die Obermauer durch keine Galerie durchschnitten. (S. 141 u. Anm.)
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S. Petronio in Bologna.
dem Plan eines angesehenen Mitbürgers, Antonio Vincenzi. Das
Gebäude sollte ein lateinisches Kreuz von 608 Fuss Länge werden,
der in gerade Fronten ausgehende Querbau 436 Fuss lang; das Ganze
durchaus dreischiffig und ausserdem mit Capellenreihen zu beiden
Seiten; über der Kreuzung sollte eine achteckige Kuppel von 250 Fuss
Höhe entstehen, flankirt von vier Thürmen. Sonach hätte man die
Florentiner überholt in der riesenhaften vierarmigen Ausdehnung,
auch durch die Zugabe der Capellenreihen ringsum; man wäre hinter
ihrer (damals übrigens noch nicht erbauten) Kuppel zurückgeblieben,
um nicht ebenfalls die innere Perspective durch schräge Mauermassen
statt schlanker Pfeiler aufheben zu müssen; man hätte dies aber we-
nigstens nach aussen reichlich ersetzt durch den Effect der vier Thürme.
Gegenüber nordischen Cathedralen wäre man durch die sinnlose Aus-
dehnung des Querbaues im Nachtheil gewesen, auch hätte die Ver-
stärkung der Pfeiler unter der Kuppel, selbst wenn sie sich auf das
Unentbehrliche beschränkte, immer den Blick in den Chor etwas be-
einträchtigt. Der runde Chorabschluss endlich hätte schwerlich eine
erträgliche Gestalt bekommen.
Von all diesem ist nun bloss das Langhaus und ein Ansatz zum
Querschiff wirklich ausgeführt, und auch dieses nur mangelhaft, mit
bloss theilweiser Vollendung der Aussenflächen, in ungleichen und zum
Theil sehr späten Epochen (bis tief ins XVII. Jahrhundert).
So wie das Gebäude vor uns steht, ist es die Frucht eines Com-
promisses zwischen nordischer und südlicher Gothik, doch in einem
viel bessern und strengern Sinn als der Dom von Mailand.
Zur Basis des Innern nahm man die Anordnung des Langhauses
von Florenz mit möglichst grossen Pfeilerweiten und Hauptquadraten,
steigerte aber die Höhe. Den oblongen Abtheilungen der Nebenschiffe
entsprechen je zwei etwas niedrigere Capellen mit gewaltigen Fen-
stern; wenn dieselben sämmtlich mit Glasgemälden versehen waren,
so blieb den obwohl an Umfang kleinern Rundfenstern der Neben-
schiffe und des Hauptschiffes, d. h. dem Oberlicht, dennoch die Herr-
schaft. Die Pfeiler und ihre Capitäle sind viel weniger scharf und
schön gebildet als in Florenz, wirken aber durch ihre Höhe besser;
zudem sind die Bogen schlanker, die Obermauer durch keine Galerie
durchschnitten. (S. 141 u. Anm.)
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/169>, abgerufen am 04.12.2024.
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