Ebenso derjenige in Bergamo, dessen offene untere Halle auf Pfeilern und (innen) auf Säulen ruht.
In Parma und Modena nichts von Belang.
Dagegen besitzt Bologna eine Anzahl von Denkmälern, welche die oberitalische und die toscanische Weise zu einem merkwürdigen bGanzen vereinigen. -- Vor Allem ist die Loggia de' Mercanti (oder la Mercanzia) ein sehr schönes Beispiel gothischen Backstein- baues, angeblich vom Jahr 1294, doch wohl ein Jahrhundert neuer und vielleicht von der Loggia de' Lanzi in Florenz (s. unten) bedingt. Der Sinn ist wesentlich ein anderer: es sollte die Fronte einer Art von Börse und Handelsgerichtslokal werden. -- Das Material lud dazu ein, die Pfeiler als reiche Säulenbündel zu construiren; andererseits hängt damit die zaghafte Bildung des Hauptgesimses zusammen. Eine empfindliche Disharmonie liegt darin, dass (dem mittlern Baldachin zu Liebe) die Fenster nicht auf die Mitte der beiden untern Spitzbo- gen kommen. (Die Seitenfronten modern.)
Den Eindruck einer jener grossen Familienburgen des Mittelalters cgiebt, ebenfalls im Backsteinbau, am ehesten der Palazzo Pepoli, wo ausser den reichprofilirten gothischen Thorbogen noch ein gewal- tiger Hof mit Hallen an der einen Seite und vorgewölbten Gängen an den drei übrigen erhalten ist. Nimmt man den zierlichern Hof des dHauses Nr. 373 hinzu, so vervollständigt sich einigermassen das Bild des bolognesischen Privatbaues im XIV. Jahrhundert. -- Das riesige eSchloss, welches jetzt Palazzo Apostolico heisst, hat an der Vor- derseite noch einige reiche grosse Fenster; der erste Hof ruht fast nach altflorentinischer Weise auf achteckigen Pfeilern mit Blätter- capitälen und nicht völlig halbrunden Bogen.
f
Der Palazzo della ragione zu Ferrara, vom Jahr 1326, ein merkwürdiger gothischer Backsteinbau, hat bei der vor 20 Jahren unternommenen Erneuerung eine fast völlig neue Oberfläche erhalten.
g
Der Palazzo della ragione zu Padua ist mehr wegen der unge- heuern Grösse seines gewölbten obern Saales als aus irgend einem andern baulichen Grunde merkwürdig. (Die jetzige Gestalt nach 1420.) Sehr unglückliche Beleuchtung; die Vertheilung der Fresken Miretto's nicht architektonisch motivirt; die äussere Halle von zwei Stockwer- ken interessant als diejenige Form, welche Palladio anderthalb Jahr-
Gothischer Profanbau. Oberitalien.
a
Ebenso derjenige in Bergamo, dessen offene untere Halle auf Pfeilern und (innen) auf Säulen ruht.
In Parma und Modena nichts von Belang.
Dagegen besitzt Bologna eine Anzahl von Denkmälern, welche die oberitalische und die toscanische Weise zu einem merkwürdigen bGanzen vereinigen. — Vor Allem ist die Loggia de’ Mercanti (oder la Mercanzia) ein sehr schönes Beispiel gothischen Backstein- baues, angeblich vom Jahr 1294, doch wohl ein Jahrhundert neuer und vielleicht von der Loggia de’ Lanzi in Florenz (s. unten) bedingt. Der Sinn ist wesentlich ein anderer: es sollte die Fronte einer Art von Börse und Handelsgerichtslokal werden. — Das Material lud dazu ein, die Pfeiler als reiche Säulenbündel zu construiren; andererseits hängt damit die zaghafte Bildung des Hauptgesimses zusammen. Eine empfindliche Disharmonie liegt darin, dass (dem mittlern Baldachin zu Liebe) die Fenster nicht auf die Mitte der beiden untern Spitzbo- gen kommen. (Die Seitenfronten modern.)
Den Eindruck einer jener grossen Familienburgen des Mittelalters cgiebt, ebenfalls im Backsteinbau, am ehesten der Palazzo Pepoli, wo ausser den reichprofilirten gothischen Thorbogen noch ein gewal- tiger Hof mit Hallen an der einen Seite und vorgewölbten Gängen an den drei übrigen erhalten ist. Nimmt man den zierlichern Hof des dHauses Nr. 373 hinzu, so vervollständigt sich einigermassen das Bild des bolognesischen Privatbaues im XIV. Jahrhundert. — Das riesige eSchloss, welches jetzt Palazzo Apostolico heisst, hat an der Vor- derseite noch einige reiche grosse Fenster; der erste Hof ruht fast nach altflorentinischer Weise auf achteckigen Pfeilern mit Blätter- capitälen und nicht völlig halbrunden Bogen.
f
Der Palazzo della ragione zu Ferrara, vom Jahr 1326, ein merkwürdiger gothischer Backsteinbau, hat bei der vor 20 Jahren unternommenen Erneuerung eine fast völlig neue Oberfläche erhalten.
g
Der Palazzo della ragione zu Padua ist mehr wegen der unge- heuern Grösse seines gewölbten obern Saales als aus irgend einem andern baulichen Grunde merkwürdig. (Die jetzige Gestalt nach 1420.) Sehr unglückliche Beleuchtung; die Vertheilung der Fresken Miretto’s nicht architektonisch motivirt; die äussere Halle von zwei Stockwer- ken interessant als diejenige Form, welche Palladio anderthalb Jahr-
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0176"n="154"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Gothischer Profanbau. Oberitalien.</hi></fw><lb/><noteplace="left">a</note><p>Ebenso derjenige in <hirendition="#g">Bergamo</hi>, dessen offene untere Halle auf<lb/>
Pfeilern und (innen) auf Säulen ruht.</p><lb/><p>In Parma und Modena nichts von Belang.</p><lb/><p>Dagegen besitzt <hirendition="#g">Bologna</hi> eine Anzahl von Denkmälern, welche<lb/>
die oberitalische und die toscanische Weise zu einem merkwürdigen<lb/><noteplace="left">b</note>Ganzen vereinigen. — Vor Allem ist die <hirendition="#g">Loggia de’ Mercanti</hi><lb/>
(oder la Mercanzia) ein sehr schönes Beispiel gothischen Backstein-<lb/>
baues, angeblich vom Jahr 1294, doch wohl ein Jahrhundert neuer<lb/>
und vielleicht von der Loggia de’ Lanzi in Florenz (s. unten) bedingt.<lb/>
Der Sinn ist wesentlich ein anderer: es sollte die Fronte einer Art<lb/>
von Börse und Handelsgerichtslokal werden. — Das Material lud dazu<lb/>
ein, die Pfeiler als reiche Säulenbündel zu construiren; andererseits<lb/>
hängt damit die zaghafte Bildung des Hauptgesimses zusammen. Eine<lb/>
empfindliche Disharmonie liegt darin, dass (dem mittlern Baldachin<lb/>
zu Liebe) die Fenster nicht auf die Mitte der beiden untern Spitzbo-<lb/>
gen kommen. (Die Seitenfronten modern.)</p><lb/><p>Den Eindruck einer jener grossen Familienburgen des Mittelalters<lb/><noteplace="left">c</note>giebt, ebenfalls im Backsteinbau, am ehesten der <hirendition="#g">Palazzo Pepoli</hi>,<lb/>
wo ausser den reichprofilirten gothischen Thorbogen noch ein gewal-<lb/>
tiger Hof mit Hallen an der einen Seite und vorgewölbten Gängen an<lb/>
den drei übrigen erhalten ist. Nimmt man den zierlichern Hof des<lb/><noteplace="left">d</note>Hauses Nr. 373 hinzu, so vervollständigt sich einigermassen das Bild<lb/>
des bolognesischen Privatbaues im XIV. Jahrhundert. — Das riesige<lb/><noteplace="left">e</note>Schloss, welches jetzt <hirendition="#g">Palazzo Apostolico</hi> heisst, hat an der Vor-<lb/>
derseite noch einige reiche grosse Fenster; der erste Hof ruht fast<lb/>
nach altflorentinischer Weise auf achteckigen Pfeilern mit Blätter-<lb/>
capitälen und nicht völlig halbrunden Bogen.</p><lb/><noteplace="left">f</note><p>Der Palazzo della ragione zu <hirendition="#g">Ferrara</hi>, vom Jahr 1326, ein<lb/>
merkwürdiger gothischer Backsteinbau, hat bei der vor 20 Jahren<lb/>
unternommenen Erneuerung eine fast völlig neue Oberfläche erhalten.</p><lb/><noteplace="left">g</note><p>Der Palazzo della ragione zu <hirendition="#g">Padua</hi> ist mehr wegen der unge-<lb/>
heuern Grösse seines gewölbten obern Saales als aus irgend einem<lb/>
andern baulichen Grunde merkwürdig. (Die jetzige Gestalt nach 1420.)<lb/>
Sehr unglückliche Beleuchtung; die Vertheilung der Fresken Miretto’s<lb/>
nicht architektonisch motivirt; die äussere Halle von zwei Stockwer-<lb/>
ken interessant als diejenige Form, welche Palladio anderthalb Jahr-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[154/0176]
Gothischer Profanbau. Oberitalien.
Ebenso derjenige in Bergamo, dessen offene untere Halle auf
Pfeilern und (innen) auf Säulen ruht.
In Parma und Modena nichts von Belang.
Dagegen besitzt Bologna eine Anzahl von Denkmälern, welche
die oberitalische und die toscanische Weise zu einem merkwürdigen
Ganzen vereinigen. — Vor Allem ist die Loggia de’ Mercanti
(oder la Mercanzia) ein sehr schönes Beispiel gothischen Backstein-
baues, angeblich vom Jahr 1294, doch wohl ein Jahrhundert neuer
und vielleicht von der Loggia de’ Lanzi in Florenz (s. unten) bedingt.
Der Sinn ist wesentlich ein anderer: es sollte die Fronte einer Art
von Börse und Handelsgerichtslokal werden. — Das Material lud dazu
ein, die Pfeiler als reiche Säulenbündel zu construiren; andererseits
hängt damit die zaghafte Bildung des Hauptgesimses zusammen. Eine
empfindliche Disharmonie liegt darin, dass (dem mittlern Baldachin
zu Liebe) die Fenster nicht auf die Mitte der beiden untern Spitzbo-
gen kommen. (Die Seitenfronten modern.)
b
Den Eindruck einer jener grossen Familienburgen des Mittelalters
giebt, ebenfalls im Backsteinbau, am ehesten der Palazzo Pepoli,
wo ausser den reichprofilirten gothischen Thorbogen noch ein gewal-
tiger Hof mit Hallen an der einen Seite und vorgewölbten Gängen an
den drei übrigen erhalten ist. Nimmt man den zierlichern Hof des
Hauses Nr. 373 hinzu, so vervollständigt sich einigermassen das Bild
des bolognesischen Privatbaues im XIV. Jahrhundert. — Das riesige
Schloss, welches jetzt Palazzo Apostolico heisst, hat an der Vor-
derseite noch einige reiche grosse Fenster; der erste Hof ruht fast
nach altflorentinischer Weise auf achteckigen Pfeilern mit Blätter-
capitälen und nicht völlig halbrunden Bogen.
c
d
e
Der Palazzo della ragione zu Ferrara, vom Jahr 1326, ein
merkwürdiger gothischer Backsteinbau, hat bei der vor 20 Jahren
unternommenen Erneuerung eine fast völlig neue Oberfläche erhalten.
Der Palazzo della ragione zu Padua ist mehr wegen der unge-
heuern Grösse seines gewölbten obern Saales als aus irgend einem
andern baulichen Grunde merkwürdig. (Die jetzige Gestalt nach 1420.)
Sehr unglückliche Beleuchtung; die Vertheilung der Fresken Miretto’s
nicht architektonisch motivirt; die äussere Halle von zwei Stockwer-
ken interessant als diejenige Form, welche Palladio anderthalb Jahr-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/176>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.