nähernden Anlagen entstand noch 1509 eine einfache weitbogige Ba- asilica: S. Pietro e Paolo in Murano.
Schliesslich sind ein paar niedliche kleine Bauten des Guglielmo bBergamasco hier mit zu erwähnen: die Capella Cornaro (rechts) an SS. Apostoli, mit vier reichen Ecksäulen und einer Kuppel, -- und cdas sechseckige Capellchen bei S. Michele (1530), mit einfachen Eck- säulen aussen, doppelten innen und einer Kuppel; ein geistlicher Pavillon.
Die Kreuzgänge dieses Styles, soweit sie noch zugänglich sind, bedeuten künstlerisch nicht viel. (Bei den Frari, S. Giovanni e Paolo, Carmine etc. 1).
Auf dem venezianischen Thurmbau lag damals wie in allen Zeiten die Verpflichtung einer Mauerdicke ohne Unterbrechung. Man wusste aus Erfahrung, dass der Thurm trotz aller Fundamentirung sich irgendwie senken würde und wagte desshalb nur ganz oben eine freie durchsichtige Pfeilerstellung; alles Übrige wurde nur festes Mauer- werk, mit kleinen Nothfenstern. Es ist merkwürdig, dass die Renais- sance nicht dennoch eine äussere Decoration versucht, dass sie sich fast durchaus mit Wandstreifen und etwa Einem Zwischengesims be- dgnügt hat. Der einzige etwas reichere Thurm ist der isolirt stehende ebei S. Pietro in Castello (1474). Ein anderer ganz origineller steht bei S. Maria dell' Orto. Später (1510) gab Bartolommeo Buono dem fCampanile von S. Marco sein hübsches Obergeschoss sammt Spitze. -- gWenn die Torre dell' Orologio (1496 von Pietro Lombardo) wirk- lich erst nach mehrern Jahrzehnden ihre Seitenflügel erhalten hat, so war sie bisdahin der einzige Thurm mit vollständiger Pilasterbeklei- dung in mehrern Stockwerken. Von den übrigen Thürmen des XVI. hJahrhunderts ist der bei S. Giorgio de' Greci einer der elegantesten. (Wohl mit der Kirche von Jac. Sansovino.)
Zwischen den Kirchen und Palästen stehen die Scuole, d. h. Bru- derschaftshäuser, in der Mitte. In Venedig vorzüglich waren die geist-
1)*Ausserdem enthält Treviso, wie man sagt, treffliche Bauten der Lombardi: den Dom, die Madonna grande und S. Polo. Auch ihre Sculpturen in dieser und andern Kirchen derselben Stadt werden gerühmt.
Frührenaissance. Venedig. Thürme.
nähernden Anlagen entstand noch 1509 eine einfache weitbogige Ba- asilica: S. Pietro e Paolo in Murano.
Schliesslich sind ein paar niedliche kleine Bauten des Guglielmo bBergamasco hier mit zu erwähnen: die Capella Cornaro (rechts) an SS. Apostoli, mit vier reichen Ecksäulen und einer Kuppel, — und cdas sechseckige Capellchen bei S. Michele (1530), mit einfachen Eck- säulen aussen, doppelten innen und einer Kuppel; ein geistlicher Pavillon.
Die Kreuzgänge dieses Styles, soweit sie noch zugänglich sind, bedeuten künstlerisch nicht viel. (Bei den Frari, S. Giovanni e Paolo, Carmine etc. 1).
Auf dem venezianischen Thurmbau lag damals wie in allen Zeiten die Verpflichtung einer Mauerdicke ohne Unterbrechung. Man wusste aus Erfahrung, dass der Thurm trotz aller Fundamentirung sich irgendwie senken würde und wagte desshalb nur ganz oben eine freie durchsichtige Pfeilerstellung; alles Übrige wurde nur festes Mauer- werk, mit kleinen Nothfenstern. Es ist merkwürdig, dass die Renais- sance nicht dennoch eine äussere Decoration versucht, dass sie sich fast durchaus mit Wandstreifen und etwa Einem Zwischengesims be- dgnügt hat. Der einzige etwas reichere Thurm ist der isolirt stehende ebei S. Pietro in Castello (1474). Ein anderer ganz origineller steht bei S. Maria dell’ Orto. Später (1510) gab Bartolommeo Buono dem fCampanile von S. Marco sein hübsches Obergeschoss sammt Spitze. — gWenn die Torre dell’ Orologio (1496 von Pietro Lombardo) wirk- lich erst nach mehrern Jahrzehnden ihre Seitenflügel erhalten hat, so war sie bisdahin der einzige Thurm mit vollständiger Pilasterbeklei- dung in mehrern Stockwerken. Von den übrigen Thürmen des XVI. hJahrhunderts ist der bei S. Giorgio de’ Greci einer der elegantesten. (Wohl mit der Kirche von Jac. Sansovino.)
Zwischen den Kirchen und Palästen stehen die Scuole, d. h. Bru- derschaftshäuser, in der Mitte. In Venedig vorzüglich waren die geist-
1)*Ausserdem enthält Treviso, wie man sagt, treffliche Bauten der Lombardi: den Dom, die Madonna grande und S. Polo. Auch ihre Sculpturen in dieser und andern Kirchen derselben Stadt werden gerühmt.
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Frührenaissance. Venedig. Thürme.
nähernden Anlagen entstand noch 1509 eine einfache weitbogige Ba-
silica: S. Pietro e Paolo in Murano.
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Schliesslich sind ein paar niedliche kleine Bauten des Guglielmo
Bergamasco hier mit zu erwähnen: die Capella Cornaro (rechts)
an SS. Apostoli, mit vier reichen Ecksäulen und einer Kuppel, — und
das sechseckige Capellchen bei S. Michele (1530), mit einfachen Eck-
säulen aussen, doppelten innen und einer Kuppel; ein geistlicher
Pavillon.
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Die Kreuzgänge dieses Styles, soweit sie noch zugänglich sind,
bedeuten künstlerisch nicht viel. (Bei den Frari, S. Giovanni e Paolo,
Carmine etc. 1).
Auf dem venezianischen Thurmbau lag damals wie in allen
Zeiten die Verpflichtung einer Mauerdicke ohne Unterbrechung. Man
wusste aus Erfahrung, dass der Thurm trotz aller Fundamentirung
sich irgendwie senken würde und wagte desshalb nur ganz oben eine
freie durchsichtige Pfeilerstellung; alles Übrige wurde nur festes Mauer-
werk, mit kleinen Nothfenstern. Es ist merkwürdig, dass die Renais-
sance nicht dennoch eine äussere Decoration versucht, dass sie sich
fast durchaus mit Wandstreifen und etwa Einem Zwischengesims be-
gnügt hat. Der einzige etwas reichere Thurm ist der isolirt stehende
bei S. Pietro in Castello (1474). Ein anderer ganz origineller steht
bei S. Maria dell’ Orto. Später (1510) gab Bartolommeo Buono dem
Campanile von S. Marco sein hübsches Obergeschoss sammt Spitze. —
Wenn die Torre dell’ Orologio (1496 von Pietro Lombardo) wirk-
lich erst nach mehrern Jahrzehnden ihre Seitenflügel erhalten hat, so
war sie bisdahin der einzige Thurm mit vollständiger Pilasterbeklei-
dung in mehrern Stockwerken. Von den übrigen Thürmen des XVI.
Jahrhunderts ist der bei S. Giorgio de’ Greci einer der elegantesten.
(Wohl mit der Kirche von Jac. Sansovino.)
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Zwischen den Kirchen und Palästen stehen die Scuole, d. h. Bru-
derschaftshäuser, in der Mitte. In Venedig vorzüglich waren die geist-
1) Ausserdem enthält Treviso, wie man sagt, treffliche Bauten der Lombardi:
den Dom, die Madonna grande und S. Polo. Auch ihre Sculpturen in dieser
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/240>, abgerufen am 04.12.2024.
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