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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Die Florentiner.
den Löwenköpfen an der untern Schale möchte vielleicht sein Bestes
in dieser ganzen Gattung und eines der trefflichsten Zierwerke der
Frührenaissance überhaupt heissen dürfen.

Ghiberti geht als Decorator in Erz sogleich weit über die
Schranken der Arabeske hinaus, am Anfang noch mit einiger Scheu,
zuletzt ohne Rückhalt. Die Pfosten seiner drei Thüren haben an dera
Innenseite nur flache Arabesken, die späteste (mit den Thürflügeln
Andrea Pisano's) gerade die schönsten; an den Aussenseiten dagegen
stellte er Fruchtgewinde und Vögel, auch Köpfe u. a. m. in voller unter-
höhlter Arbeit dar, an der Nordthür noch mässig, an der Ostthür sehr
reich und schön, an der spätesten, südlichen schon überreich und na-
turalistisch, als wäre der Guss über den Gegenstand selbst gemacht
worden. An den Pforten der Ostthür sind die Einrahmungen zwar
zum Stoff und zur Function trefflich gedacht, in der Einzelform aber
nicht ohne einen barocken Anklang. An den beiden Reliquienkastenb
(s. unten) ist das Ornament mehr als billig untergeordnet.

Donatello ist in seinen Decorationen überaus gewagt. (Ein-
fassung seiner Annunziata in S. Croce, nach dem fünften Altar rechts,c
des wunderlichen Madonnenreliefs in der Capelle Medici ebenda, mitd
buntem Glas; reiche Nische an Orsanmichele mit der Gruppe Veroc-e
chio's.) Es ist mehr die muthwillige Seite der Frührenaissance, welche
mit ihrem von Rom geholten Reichthum noch nicht Haus zu halten
weiss. Von seinem Bruder, dem schon genannten Simone, rührt das
prächtige eherne Gitter an der Capelle der Madonna della Cintola imf
Dom von Prato her, mit den durchsichtigen Friesen und Seitenfriesen
von Rankenwerk und Figürchen, und den Palmetten und Candelabern
als Bekrönung; ebenso die Einrahmung der Hauptpforten von S. Peterg
in Rom. -- Ausserdem stammt wohl von Simone ein gewisser ein-
facherer Typus von Grabmonumenten, welcher schon seit Mitte des
XV. Jahrhunderts, vielleicht zuerst am Grabe des Gianozzo Pandol-h
fino (+ 1457) in der Badia und dann noch öfter recht schön vor-
kömmt. Er besteht in einer halbrunden, mit Laubwerk eingefassten
Nische, in welcher der mehr oder weniger verzierte Sarcophag auf-
gestellt ist; die Wand darunter wird durch wohl eingefasste farbige
Steinplatten als eine Art Unterbau charakterisirt. (S. Croce, Capellai

Die Florentiner.
den Löwenköpfen an der untern Schale möchte vielleicht sein Bestes
in dieser ganzen Gattung und eines der trefflichsten Zierwerke der
Frührenaissance überhaupt heissen dürfen.

Ghiberti geht als Decorator in Erz sogleich weit über die
Schranken der Arabeske hinaus, am Anfang noch mit einiger Scheu,
zuletzt ohne Rückhalt. Die Pfosten seiner drei Thüren haben an dera
Innenseite nur flache Arabesken, die späteste (mit den Thürflügeln
Andrea Pisano’s) gerade die schönsten; an den Aussenseiten dagegen
stellte er Fruchtgewinde und Vögel, auch Köpfe u. a. m. in voller unter-
höhlter Arbeit dar, an der Nordthür noch mässig, an der Ostthür sehr
reich und schön, an der spätesten, südlichen schon überreich und na-
turalistisch, als wäre der Guss über den Gegenstand selbst gemacht
worden. An den Pforten der Ostthür sind die Einrahmungen zwar
zum Stoff und zur Function trefflich gedacht, in der Einzelform aber
nicht ohne einen barocken Anklang. An den beiden Reliquienkastenb
(s. unten) ist das Ornament mehr als billig untergeordnet.

Donatello ist in seinen Decorationen überaus gewagt. (Ein-
fassung seiner Annunziata in S. Croce, nach dem fünften Altar rechts,c
des wunderlichen Madonnenreliefs in der Capelle Medici ebenda, mitd
buntem Glas; reiche Nische an Orsanmichele mit der Gruppe Veroc-e
chio’s.) Es ist mehr die muthwillige Seite der Frührenaissance, welche
mit ihrem von Rom geholten Reichthum noch nicht Haus zu halten
weiss. Von seinem Bruder, dem schon genannten Simone, rührt das
prächtige eherne Gitter an der Capelle der Madonna della Cintola imf
Dom von Prato her, mit den durchsichtigen Friesen und Seitenfriesen
von Rankenwerk und Figürchen, und den Palmetten und Candelabern
als Bekrönung; ebenso die Einrahmung der Hauptpforten von S. Peterg
in Rom. — Ausserdem stammt wohl von Simone ein gewisser ein-
facherer Typus von Grabmonumenten, welcher schon seit Mitte des
XV. Jahrhunderts, vielleicht zuerst am Grabe des Gianozzo Pandol-h
fino († 1457) in der Badia und dann noch öfter recht schön vor-
kömmt. Er besteht in einer halbrunden, mit Laubwerk eingefassten
Nische, in welcher der mehr oder weniger verzierte Sarcophag auf-
gestellt ist; die Wand darunter wird durch wohl eingefasste farbige
Steinplatten als eine Art Unterbau charakterisirt. (S. Croce, Capellai

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[233/0255] Die Florentiner. den Löwenköpfen an der untern Schale möchte vielleicht sein Bestes in dieser ganzen Gattung und eines der trefflichsten Zierwerke der Frührenaissance überhaupt heissen dürfen. Ghiberti geht als Decorator in Erz sogleich weit über die Schranken der Arabeske hinaus, am Anfang noch mit einiger Scheu, zuletzt ohne Rückhalt. Die Pfosten seiner drei Thüren haben an der Innenseite nur flache Arabesken, die späteste (mit den Thürflügeln Andrea Pisano’s) gerade die schönsten; an den Aussenseiten dagegen stellte er Fruchtgewinde und Vögel, auch Köpfe u. a. m. in voller unter- höhlter Arbeit dar, an der Nordthür noch mässig, an der Ostthür sehr reich und schön, an der spätesten, südlichen schon überreich und na- turalistisch, als wäre der Guss über den Gegenstand selbst gemacht worden. An den Pforten der Ostthür sind die Einrahmungen zwar zum Stoff und zur Function trefflich gedacht, in der Einzelform aber nicht ohne einen barocken Anklang. An den beiden Reliquienkasten (s. unten) ist das Ornament mehr als billig untergeordnet. a b Donatello ist in seinen Decorationen überaus gewagt. (Ein- fassung seiner Annunziata in S. Croce, nach dem fünften Altar rechts, des wunderlichen Madonnenreliefs in der Capelle Medici ebenda, mit buntem Glas; reiche Nische an Orsanmichele mit der Gruppe Veroc- chio’s.) Es ist mehr die muthwillige Seite der Frührenaissance, welche mit ihrem von Rom geholten Reichthum noch nicht Haus zu halten weiss. Von seinem Bruder, dem schon genannten Simone, rührt das prächtige eherne Gitter an der Capelle der Madonna della Cintola im Dom von Prato her, mit den durchsichtigen Friesen und Seitenfriesen von Rankenwerk und Figürchen, und den Palmetten und Candelabern als Bekrönung; ebenso die Einrahmung der Hauptpforten von S. Peter in Rom. — Ausserdem stammt wohl von Simone ein gewisser ein- facherer Typus von Grabmonumenten, welcher schon seit Mitte des XV. Jahrhunderts, vielleicht zuerst am Grabe des Gianozzo Pandol- fino († 1457) in der Badia und dann noch öfter recht schön vor- kömmt. Er besteht in einer halbrunden, mit Laubwerk eingefassten Nische, in welcher der mehr oder weniger verzierte Sarcophag auf- gestellt ist; die Wand darunter wird durch wohl eingefasste farbige Steinplatten als eine Art Unterbau charakterisirt. (S. Croce, Capella c d e f g h i

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/255>, abgerufen am 05.12.2024.