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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Hochrenaissance. Florentiner.
entworfene (und auf der einen Seite schon ausgeführte) Umkleidung
ader Domkuppel mit Galerie und Gesimse, die recht gut für diese
Stelle gedacht war, blieb unvollendet, weil Michelangelo sagte, es sei ein
Heuschreckenkäfig, dergleichen die Kinder in Italien aus Binsen flechten.
-- Die Zeichnung zum Fussboden des Domes wird u. a. Künstlern
auch dem Baccio zugeschrieben; es ist das bedeutendste Werk dieser
Art, welches aus der Blüthezeit vorhanden ist. -- Der Thurm von
bS. Spirito wird nur in Florenz bewundert; derjenige von S. Miniato
ist nur unvollkommen erhalten. -- In S. Maria novella steckt der, wie
cman sagt schöne, Orgellettner Baccio's in dem jetzigen hölzernen
verborgen.

Mehrere Gebäude, deren Urheber nicht genannt wird, zeigen eine
dgrosse Ähnlichkeit mit seinem Styl. So u. a. der kleine mittlere Hof
des (sonst neuern) Pal. Bacciochi (Via de' Pucci N. 6117).

e

Von Baccio's Sohn Domenico rührt der stattliche Pal. Buturlin
(einst Niccolini, Via de' Servi N. 6256) her; die Fassade wiederholt
noch den Typus des Pal. Guadagni; innen ein schöner zwölfsäuliger
Hof und darüber der Oberbau; die Formen um einen Grad kälter als
in den Bauten des Vaters.

Ein Nachahmer Baccio's, dessen Thätigkeit bis gegen Ende des
XVI. Jahrhunderts reicht, Giov. Ant. Dosio (geb. 1533), muss we-
gen eines vorzüglichen Gebäudes schon in dieser Reihe genannt werden:
fwegen des Pal. Larderel (Via de' Tornabuoni N. 4191), welchen man
wohl nicht den schönsten Palast, allein das edelste Haus der floren-
tinischen Architektur heissen könnte. Es ist die Vereinfachung des
Pal. Bartolini, streng der Horizontale unterworfen, mit dreimaliger
toscanischer Ordnung an den Fenstersäulen. -- Dosio's übrige Bauten
gfolgen dem Styl der Zeit, so die Capelle Gaddi in S. Maria novella
(zweite d. l. Querschiffes) der Säuleneinschachtelung des Michelangelo
(die tüchtigen Stuccaturen der Decke von Dosio's eigener Hand);
auch die Capelle Niccolini in S. Croce hat nichts eigenthümliches;
hwohl aber der in seiner Einfachheit merkwürdig malerische Hof des
Arcivescovato, welcher mit äusserst Wenigem einen bedeutenden Ein-
druck hervorbringt.

Sonst trägt in Florenz noch den kenntlichen Stempel der goldenen
iZeit der Mercato nuovo des Bernardo Tasso 1547 (nicht von

Hochrenaissance. Florentiner.
entworfene (und auf der einen Seite schon ausgeführte) Umkleidung
ader Domkuppel mit Galerie und Gesimse, die recht gut für diese
Stelle gedacht war, blieb unvollendet, weil Michelangelo sagte, es sei ein
Heuschreckenkäfig, dergleichen die Kinder in Italien aus Binsen flechten.
— Die Zeichnung zum Fussboden des Domes wird u. a. Künstlern
auch dem Baccio zugeschrieben; es ist das bedeutendste Werk dieser
Art, welches aus der Blüthezeit vorhanden ist. — Der Thurm von
bS. Spirito wird nur in Florenz bewundert; derjenige von S. Miniato
ist nur unvollkommen erhalten. — In S. Maria novella steckt der, wie
cman sagt schöne, Orgellettner Baccio’s in dem jetzigen hölzernen
verborgen.

Mehrere Gebäude, deren Urheber nicht genannt wird, zeigen eine
dgrosse Ähnlichkeit mit seinem Styl. So u. a. der kleine mittlere Hof
des (sonst neuern) Pal. Bacciochi (Via de’ Pucci N. 6117).

e

Von Baccio’s Sohn Domenico rührt der stattliche Pal. Buturlin
(einst Niccolini, Via de’ Servi N. 6256) her; die Fassade wiederholt
noch den Typus des Pal. Guadagni; innen ein schöner zwölfsäuliger
Hof und darüber der Oberbau; die Formen um einen Grad kälter als
in den Bauten des Vaters.

Ein Nachahmer Baccio’s, dessen Thätigkeit bis gegen Ende des
XVI. Jahrhunderts reicht, Giov. Ant. Dosio (geb. 1533), muss we-
gen eines vorzüglichen Gebäudes schon in dieser Reihe genannt werden:
fwegen des Pal. Larderel (Via de’ Tornabuoni N. 4191), welchen man
wohl nicht den schönsten Palast, allein das edelste Haus der floren-
tinischen Architektur heissen könnte. Es ist die Vereinfachung des
Pal. Bartolini, streng der Horizontale unterworfen, mit dreimaliger
toscanischer Ordnung an den Fenstersäulen. — Dosio’s übrige Bauten
gfolgen dem Styl der Zeit, so die Capelle Gaddi in S. Maria novella
(zweite d. l. Querschiffes) der Säuleneinschachtelung des Michelangelo
(die tüchtigen Stuccaturen der Decke von Dosio’s eigener Hand);
auch die Capelle Niccolini in S. Croce hat nichts eigenthümliches;
hwohl aber der in seiner Einfachheit merkwürdig malerische Hof des
Arcivescovato, welcher mit äusserst Wenigem einen bedeutenden Ein-
druck hervorbringt.

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iZeit der Mercato nuovo des Bernardo Tasso 1547 (nicht von

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[318/0340] Hochrenaissance. Florentiner. entworfene (und auf der einen Seite schon ausgeführte) Umkleidung der Domkuppel mit Galerie und Gesimse, die recht gut für diese Stelle gedacht war, blieb unvollendet, weil Michelangelo sagte, es sei ein Heuschreckenkäfig, dergleichen die Kinder in Italien aus Binsen flechten. — Die Zeichnung zum Fussboden des Domes wird u. a. Künstlern auch dem Baccio zugeschrieben; es ist das bedeutendste Werk dieser Art, welches aus der Blüthezeit vorhanden ist. — Der Thurm von S. Spirito wird nur in Florenz bewundert; derjenige von S. Miniato ist nur unvollkommen erhalten. — In S. Maria novella steckt der, wie man sagt schöne, Orgellettner Baccio’s in dem jetzigen hölzernen verborgen. a b c Mehrere Gebäude, deren Urheber nicht genannt wird, zeigen eine grosse Ähnlichkeit mit seinem Styl. So u. a. der kleine mittlere Hof des (sonst neuern) Pal. Bacciochi (Via de’ Pucci N. 6117). d Von Baccio’s Sohn Domenico rührt der stattliche Pal. Buturlin (einst Niccolini, Via de’ Servi N. 6256) her; die Fassade wiederholt noch den Typus des Pal. Guadagni; innen ein schöner zwölfsäuliger Hof und darüber der Oberbau; die Formen um einen Grad kälter als in den Bauten des Vaters. Ein Nachahmer Baccio’s, dessen Thätigkeit bis gegen Ende des XVI. Jahrhunderts reicht, Giov. Ant. Dosio (geb. 1533), muss we- gen eines vorzüglichen Gebäudes schon in dieser Reihe genannt werden: wegen des Pal. Larderel (Via de’ Tornabuoni N. 4191), welchen man wohl nicht den schönsten Palast, allein das edelste Haus der floren- tinischen Architektur heissen könnte. Es ist die Vereinfachung des Pal. Bartolini, streng der Horizontale unterworfen, mit dreimaliger toscanischer Ordnung an den Fenstersäulen. — Dosio’s übrige Bauten folgen dem Styl der Zeit, so die Capelle Gaddi in S. Maria novella (zweite d. l. Querschiffes) der Säuleneinschachtelung des Michelangelo (die tüchtigen Stuccaturen der Decke von Dosio’s eigener Hand); auch die Capelle Niccolini in S. Croce hat nichts eigenthümliches; wohl aber der in seiner Einfachheit merkwürdig malerische Hof des Arcivescovato, welcher mit äusserst Wenigem einen bedeutenden Ein- druck hervorbringt. f g h Sonst trägt in Florenz noch den kenntlichen Stempel der goldenen Zeit der Mercato nuovo des Bernardo Tasso 1547 (nicht von i

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/340>, abgerufen am 05.12.2024.