anentempel Aurelians (im Garten des Palazzo Colonna zu Rom) frägt man sich unwillkührlich, wo der Rest hingekommen. Vieles mag allerdings noch unter der jetzigen Bodenfläche übereinandergestürzt liegen, sonst aber darf man etwa vermuthen, dass das mittelalterliche Rom seine Kalköfen mit dem antiken Marmor gespeist habe.
An die Tempel schliessen sich von selbst die Grabmäler an, welche ja in gewissem Sinne wahre Heiligthümer der Manen waren. Wir übergehen die altitalischen mit ihrer jetzt meist sehr formlosen Kegelgestalt 1) oder ihren Felsgrotten und Gewölben, um uns den Wer- ken einer durchgebildeten, frei schaltenden Kunst zuzuwenden.
Diese behielt zunächst, für die Gräber der Grossen dieser Erde, die runde Gestalt bei und gab ihr den Charakter eines mächtigen Baues bmit griechischen Formen. So ist das Grab der Cäcilia Metella an der Via Appia vor Rom ein derber Rundbau auf viereckigem Unter- satz, mit dem bekannten schönen Fries von Fruchtschnüren und Stier- schädeln, innen mit einem konischen Gewölbe. Aehnlich (?) das des Mu- cnatius Plancus zu Gaeta. -- Noch viel herrlicher aber waren die Grabmäler ausgestattet, welche Augustus und Hadrian für sich und ihre Familien bauten. Freilich verräth deren jetzige Gestalt -- der dsog. Correo und die Engelsburg -- nicht mehr viel von der ehe- maligen terrassenweisen Abstufung mit rund herum gehenden Säulen- ehallen und Baumreihen bis zur Kuppel empor. (Das runde Mauso- leum der Kaiserinn Helena, jetzt Tor Pignattara vor Porta maggiore, lohnt in seinem jetzigen Zustande den Besuch nur noch für den Forscher. fEin grosses rundes Denkmal nebst einem andern, thurmartigen, steht zu Conochia, zwischen Alt-Capua und Caserta.)
Eine jetzt vereinzelt stehende Grabform (die aber früher noch in gRom ihres Gleichen hatte) ist die Pyramide des Cajus Cestius, bei Porta S. Paolo; die Grille eines reichen Mannes, vielleicht angeregt durch Eindrücke des damals neu eroberten Aegyptens. Wie die co- lossale Bildsäule des Verstorbenen und die noch jetzt in Resten vor-
1)*An dem sog. Grabmal der Horatier und Curiatier vor Albano ist die Beklei- dung des Untersatzes und der fünf Kegel fast ganz modern.
Architektur. Grabmäler.
anentempel Aurelians (im Garten des Palazzo Colonna zu Rom) frägt man sich unwillkührlich, wo der Rest hingekommen. Vieles mag allerdings noch unter der jetzigen Bodenfläche übereinandergestürzt liegen, sonst aber darf man etwa vermuthen, dass das mittelalterliche Rom seine Kalköfen mit dem antiken Marmor gespeist habe.
An die Tempel schliessen sich von selbst die Grabmäler an, welche ja in gewissem Sinne wahre Heiligthümer der Manen waren. Wir übergehen die altitalischen mit ihrer jetzt meist sehr formlosen Kegelgestalt 1) oder ihren Felsgrotten und Gewölben, um uns den Wer- ken einer durchgebildeten, frei schaltenden Kunst zuzuwenden.
Diese behielt zunächst, für die Gräber der Grossen dieser Erde, die runde Gestalt bei und gab ihr den Charakter eines mächtigen Baues bmit griechischen Formen. So ist das Grab der Cäcilia Metella an der Via Appia vor Rom ein derber Rundbau auf viereckigem Unter- satz, mit dem bekannten schönen Fries von Fruchtschnüren und Stier- schädeln, innen mit einem konischen Gewölbe. Aehnlich (?) das des Mu- cnatius Plancus zu Gaeta. — Noch viel herrlicher aber waren die Grabmäler ausgestattet, welche Augustus und Hadrian für sich und ihre Familien bauten. Freilich verräth deren jetzige Gestalt — der dsog. Correo und die Engelsburg — nicht mehr viel von der ehe- maligen terrassenweisen Abstufung mit rund herum gehenden Säulen- ehallen und Baumreihen bis zur Kuppel empor. (Das runde Mauso- leum der Kaiserinn Helena, jetzt Tor Pignattara vor Porta maggiore, lohnt in seinem jetzigen Zustande den Besuch nur noch für den Forscher. fEin grosses rundes Denkmal nebst einem andern, thurmartigen, steht zu Conochia, zwischen Alt-Capua und Caserta.)
Eine jetzt vereinzelt stehende Grabform (die aber früher noch in gRom ihres Gleichen hatte) ist die Pyramide des Cajus Cestius, bei Porta S. Paolo; die Grille eines reichen Mannes, vielleicht angeregt durch Eindrücke des damals neu eroberten Aegyptens. Wie die co- lossale Bildsäule des Verstorbenen und die noch jetzt in Resten vor-
1)*An dem sog. Grabmal der Horatier und Curiatier vor Albano ist die Beklei- dung des Untersatzes und der fünf Kegel fast ganz modern.
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liegen, sonst aber darf man etwa vermuthen, dass das mittelalterliche
Rom seine Kalköfen mit dem antiken Marmor gespeist habe.
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An die Tempel schliessen sich von selbst die Grabmäler an,
welche ja in gewissem Sinne wahre Heiligthümer der Manen waren.
Wir übergehen die altitalischen mit ihrer jetzt meist sehr formlosen
Kegelgestalt 1) oder ihren Felsgrotten und Gewölben, um uns den Wer-
ken einer durchgebildeten, frei schaltenden Kunst zuzuwenden.
Diese behielt zunächst, für die Gräber der Grossen dieser Erde,
die runde Gestalt bei und gab ihr den Charakter eines mächtigen Baues
mit griechischen Formen. So ist das Grab der Cäcilia Metella an
der Via Appia vor Rom ein derber Rundbau auf viereckigem Unter-
satz, mit dem bekannten schönen Fries von Fruchtschnüren und Stier-
schädeln, innen mit einem konischen Gewölbe. Aehnlich (?) das des Mu-
natius Plancus zu Gaeta. — Noch viel herrlicher aber waren die
Grabmäler ausgestattet, welche Augustus und Hadrian für sich und
ihre Familien bauten. Freilich verräth deren jetzige Gestalt — der
sog. Correo und die Engelsburg — nicht mehr viel von der ehe-
maligen terrassenweisen Abstufung mit rund herum gehenden Säulen-
hallen und Baumreihen bis zur Kuppel empor. (Das runde Mauso-
leum der Kaiserinn Helena, jetzt Tor Pignattara vor Porta maggiore,
lohnt in seinem jetzigen Zustande den Besuch nur noch für den Forscher.
Ein grosses rundes Denkmal nebst einem andern, thurmartigen, steht
zu Conochia, zwischen Alt-Capua und Caserta.)
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Eine jetzt vereinzelt stehende Grabform (die aber früher noch in
Rom ihres Gleichen hatte) ist die Pyramide des Cajus Cestius, bei
Porta S. Paolo; die Grille eines reichen Mannes, vielleicht angeregt
durch Eindrücke des damals neu eroberten Aegyptens. Wie die co-
lossale Bildsäule des Verstorbenen und die noch jetzt in Resten vor-
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1) An dem sog. Grabmal der Horatier und Curiatier vor Albano ist die Beklei-
dung des Untersatzes und der fünf Kegel fast ganz modern.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/50>, abgerufen am 04.12.2024.
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