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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Lorenzo Costa u. a. Andrea Mantegna.
z. B. mehrere einzelne Figuren in der Sacristei von S. Maria in Vado;a
ein S. Sebastian mit 2 andern Heiligen und der Stifterfamilie in S.b
Paolo, rechts neben dem Chor.

Von Costa und Francia zugleich ist der schwächliche Domenico
Panetti
abhängig. In Ferrara: Ateneo: eine Heimsuchung, und einc
S. Andreas; -- Sacristei von S. M. in Vado: die Fahrt der heiligend
Familie über den Nil, ein gemüthliches Frescobild; -- Chor von S.e
Andrea: alte Altar- oder Orgelflügel mit dem englischen Gruss und
2 Heiligen, schon in Garofalo's Art. -- Ganz in Francia's Nachahmung
versenkt erscheint Micchele Cortellini: in S. Andrea, 3. Cap. r.,f
eine thronende Madonna mit 4 Heiligen (1506 1). -- Von Costa's be-
deutendstem Schüler, Mazzolino, wird beim XVI. Jahrh. die Rede sein.


Der bedeutendste Träger derjenigen Kunstentwicklung, welche
von Padua ausging, ist jedenfalls der grosse Paduaner Andrea Man-
tegna
(1430--1506). (Vgl. S. 279, c; 297, a.)

Sein wichtigstes Werk sind die Malereien aus den Legenden des
heil. Jacobus und des heil. Christoph in der Capelle dieser Heiligen
in den Eremitani zu Padua. (Ausgeführt mit Hülfe des Bono,g
Ansuino und Pizzolo.) Es ist nicht die höhere Auffassung der Mo-
mente, wodurch er hier die Florentiner übertrifft; das Flehen des Ja-
cobus um Aufnahme ist nicht eben würdig; bei der Taufe des Her-
mogenes erscheinen die meisten Anwesenden sehr zerstreut; das
Schleppen der St. Christophsleiche ist eine der blossen Verkürzung
zu Gefallen gemalte Goliathscene. Aber an Lebendigkeit des Ge-
schehens und an vollkommener Wahrheit der Charaktere hat kaum
ein Florentiner Ähnliches aufzuweisen. Man betrachte z. B. das wirre
Durcheinanderrennen der Widersacher des heil. Jacobus, wo er die
Dämonen gegen sie aufruft; oder wie in dem "Gang zum Richtplatz"
das blosse Innehalten des Zuges ausgedrückt ist; oder die Gruppe der
auf S. Christoph Zielenden; oder die der bekehrten Kriegsknechte.

1 Die thätige Stadtbehörde von Ferrara wird auch dieses Bild nächstens in
das Ateneo übertragen lassen und an Ort und Stelle durch eine jener treff-
lichen Copien ersetzen, womit besonders der Maler Candi den alten Ferra-
resen ein doppeltes Dasein verliehen hat.

Lorenzo Costa u. a. Andrea Mantegna.
z. B. mehrere einzelne Figuren in der Sacristei von S. Maria in Vado;a
ein S. Sebastian mit 2 andern Heiligen und der Stifterfamilie in S.b
Paolo, rechts neben dem Chor.

Von Costa und Francia zugleich ist der schwächliche Domenico
Panetti
abhängig. In Ferrara: Ateneo: eine Heimsuchung, und einc
S. Andreas; — Sacristei von S. M. in Vado: die Fahrt der heiligend
Familie über den Nil, ein gemüthliches Frescobild; — Chor von S.e
Andrea: alte Altar- oder Orgelflügel mit dem englischen Gruss und
2 Heiligen, schon in Garofalo’s Art. — Ganz in Francia’s Nachahmung
versenkt erscheint Micchele Cortellini: in S. Andrea, 3. Cap. r.,f
eine thronende Madonna mit 4 Heiligen (1506 1). — Von Costa’s be-
deutendstem Schüler, Mazzolino, wird beim XVI. Jahrh. die Rede sein.


Der bedeutendste Träger derjenigen Kunstentwicklung, welche
von Padua ausging, ist jedenfalls der grosse Paduaner Andrea Man-
tegna
(1430—1506). (Vgl. S. 279, c; 297, a.)

Sein wichtigstes Werk sind die Malereien aus den Legenden des
heil. Jacobus und des heil. Christoph in der Capelle dieser Heiligen
in den Eremitani zu Padua. (Ausgeführt mit Hülfe des Bono,g
Ansuino und Pizzolo.) Es ist nicht die höhere Auffassung der Mo-
mente, wodurch er hier die Florentiner übertrifft; das Flehen des Ja-
cobus um Aufnahme ist nicht eben würdig; bei der Taufe des Her-
mogenes erscheinen die meisten Anwesenden sehr zerstreut; das
Schleppen der St. Christophsleiche ist eine der blossen Verkürzung
zu Gefallen gemalte Goliathscene. Aber an Lebendigkeit des Ge-
schehens und an vollkommener Wahrheit der Charaktere hat kaum
ein Florentiner Ähnliches aufzuweisen. Man betrachte z. B. das wirre
Durcheinanderrennen der Widersacher des heil. Jacobus, wo er die
Dämonen gegen sie aufruft; oder wie in dem „Gang zum Richtplatz“
das blosse Innehalten des Zuges ausgedrückt ist; oder die Gruppe der
auf S. Christoph Zielenden; oder die der bekehrten Kriegsknechte.

1 Die thätige Stadtbehörde von Ferrara wird auch dieses Bild nächstens in
das Ateneo übertragen lassen und an Ort und Stelle durch eine jener treff-
lichen Copien ersetzen, womit besonders der Maler Candi den alten Ferra-
resen ein doppeltes Dasein verliehen hat.
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[815/0837] Lorenzo Costa u. a. Andrea Mantegna. z. B. mehrere einzelne Figuren in der Sacristei von S. Maria in Vado; ein S. Sebastian mit 2 andern Heiligen und der Stifterfamilie in S. Paolo, rechts neben dem Chor. a b Von Costa und Francia zugleich ist der schwächliche Domenico Panetti abhängig. In Ferrara: Ateneo: eine Heimsuchung, und ein S. Andreas; — Sacristei von S. M. in Vado: die Fahrt der heiligen Familie über den Nil, ein gemüthliches Frescobild; — Chor von S. Andrea: alte Altar- oder Orgelflügel mit dem englischen Gruss und 2 Heiligen, schon in Garofalo’s Art. — Ganz in Francia’s Nachahmung versenkt erscheint Micchele Cortellini: in S. Andrea, 3. Cap. r., eine thronende Madonna mit 4 Heiligen (1506 1). — Von Costa’s be- deutendstem Schüler, Mazzolino, wird beim XVI. Jahrh. die Rede sein. c d e f Der bedeutendste Träger derjenigen Kunstentwicklung, welche von Padua ausging, ist jedenfalls der grosse Paduaner Andrea Man- tegna (1430—1506). (Vgl. S. 279, c; 297, a.) Sein wichtigstes Werk sind die Malereien aus den Legenden des heil. Jacobus und des heil. Christoph in der Capelle dieser Heiligen in den Eremitani zu Padua. (Ausgeführt mit Hülfe des Bono, Ansuino und Pizzolo.) Es ist nicht die höhere Auffassung der Mo- mente, wodurch er hier die Florentiner übertrifft; das Flehen des Ja- cobus um Aufnahme ist nicht eben würdig; bei der Taufe des Her- mogenes erscheinen die meisten Anwesenden sehr zerstreut; das Schleppen der St. Christophsleiche ist eine der blossen Verkürzung zu Gefallen gemalte Goliathscene. Aber an Lebendigkeit des Ge- schehens und an vollkommener Wahrheit der Charaktere hat kaum ein Florentiner Ähnliches aufzuweisen. Man betrachte z. B. das wirre Durcheinanderrennen der Widersacher des heil. Jacobus, wo er die Dämonen gegen sie aufruft; oder wie in dem „Gang zum Richtplatz“ das blosse Innehalten des Zuges ausgedrückt ist; oder die Gruppe der auf S. Christoph Zielenden; oder die der bekehrten Kriegsknechte. g 1 Die thätige Stadtbehörde von Ferrara wird auch dieses Bild nächstens in das Ateneo übertragen lassen und an Ort und Stelle durch eine jener treff- lichen Copien ersetzen, womit besonders der Maler Candi den alten Ferra- resen ein doppeltes Dasein verliehen hat.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 815. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/837>, abgerufen am 16.07.2024.