Ausserdem sind noch in der Annunziata Reste einer Fresco- lunette der Verkündigung erhalten; eine der einflussreichsten Compo- sitionen.
Von monumentalen Malereien mythologischen Inhaltes kenne ich in Italien ausser den Fresken von S. Paolo nur den vom Adler em- bporgetragenen Ganymed, jetzt an der Decke eines Saales in der Galerie zu Modena. Eine von dem Bild in Wien ganz verschiedene Composition, höchst meisterhaft in Wenigem.
c
Von Staffeleibildern ist die Danae im Pal. Borghese zu nennen. Vielleicht C.'s gemeinste Gestalt dieser Art, weil sie nicht einmal recht sinnlich ist; aber naiv und herrlich gemalt sind die beiden Putten, welche auf einem Probierstein einen goldenen Pfeil prüfen; der be- redte Amor ist vollends der Genien im Dom von Parma würdig. -- d(Die Allegorie der Tugend im Pal. Doria zu Rom gilt als echte Skizze, wenn ich nicht irre, für eines der Temperabilder C.'s in der Samm- lung der Handzeichnungen im Louvre.)
Wenn Jemand die Gewandtheit bewundert, mit welcher Coreggio unter allen möglichen Vorwänden nur immer das gegeben habe, was ihm am Herzen lag, nämlich bewegtes Leben in sinnlich reizender Form, so ist zu antworten, dass ein solcher Zwiespalt zwischen In- halt und Darstellung, wenn er in C. existirt hat, die Kunst immer und unfehlbar entsittlicht. Der Gegenstand ist keine beliebige Hülle für blosse künstlerische Gedanken.
Bei keinem Meister sind die Schüler übler daran gewesen. Er nahm ihnen das, was die Meister zweiten und dritten Ranges in jener Zeit schätzenswerth macht: den architektonischen Ernst der Compo- sition, die einfachen Linien, die Würde der Charaktere. Was aber ihm eigen war, dazu reichten wieder ihre Talente nicht aus, oder die Zeit war dafür noch nicht gekommen. In der That steht sein allbe- wunderter Styl über ein halbes Jahrhundert isolirt da; indem seine sämmtlichen Schüler mit einer Art von Verzweiflung sich der römi- schen Schule in die Arme werfen.
Inzwischen erwuchsen aber seine wahren Erben: die Schule der Caracci, deren Auffassung dem tiefsten Kerne nach von der seinigen
Malerei des XVI. Jahrhunderts. Coreggio.
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Ausserdem sind noch in der Annunziata Reste einer Fresco- lunette der Verkündigung erhalten; eine der einflussreichsten Compo- sitionen.
Von monumentalen Malereien mythologischen Inhaltes kenne ich in Italien ausser den Fresken von S. Paolo nur den vom Adler em- bporgetragenen Ganymed, jetzt an der Decke eines Saales in der Galerie zu Modena. Eine von dem Bild in Wien ganz verschiedene Composition, höchst meisterhaft in Wenigem.
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Von Staffeleibildern ist die Danae im Pal. Borghese zu nennen. Vielleicht C.’s gemeinste Gestalt dieser Art, weil sie nicht einmal recht sinnlich ist; aber naiv und herrlich gemalt sind die beiden Putten, welche auf einem Probierstein einen goldenen Pfeil prüfen; der be- redte Amor ist vollends der Genien im Dom von Parma würdig. — d(Die Allegorie der Tugend im Pal. Doria zu Rom gilt als echte Skizze, wenn ich nicht irre, für eines der Temperabilder C.’s in der Samm- lung der Handzeichnungen im Louvre.)
Wenn Jemand die Gewandtheit bewundert, mit welcher Coreggio unter allen möglichen Vorwänden nur immer das gegeben habe, was ihm am Herzen lag, nämlich bewegtes Leben in sinnlich reizender Form, so ist zu antworten, dass ein solcher Zwiespalt zwischen In- halt und Darstellung, wenn er in C. existirt hat, die Kunst immer und unfehlbar entsittlicht. Der Gegenstand ist keine beliebige Hülle für blosse künstlerische Gedanken.
Bei keinem Meister sind die Schüler übler daran gewesen. Er nahm ihnen das, was die Meister zweiten und dritten Ranges in jener Zeit schätzenswerth macht: den architektonischen Ernst der Compo- sition, die einfachen Linien, die Würde der Charaktere. Was aber ihm eigen war, dazu reichten wieder ihre Talente nicht aus, oder die Zeit war dafür noch nicht gekommen. In der That steht sein allbe- wunderter Styl über ein halbes Jahrhundert isolirt da; indem seine sämmtlichen Schüler mit einer Art von Verzweiflung sich der römi- schen Schule in die Arme werfen.
Inzwischen erwuchsen aber seine wahren Erben: die Schule der Caracci, deren Auffassung dem tiefsten Kerne nach von der seinigen
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[958/0980]
Malerei des XVI. Jahrhunderts. Coreggio.
Ausserdem sind noch in der Annunziata Reste einer Fresco-
lunette der Verkündigung erhalten; eine der einflussreichsten Compo-
sitionen.
Von monumentalen Malereien mythologischen Inhaltes kenne ich
in Italien ausser den Fresken von S. Paolo nur den vom Adler em-
porgetragenen Ganymed, jetzt an der Decke eines Saales in der
Galerie zu Modena. Eine von dem Bild in Wien ganz verschiedene
Composition, höchst meisterhaft in Wenigem.
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Von Staffeleibildern ist die Danae im Pal. Borghese zu nennen.
Vielleicht C.’s gemeinste Gestalt dieser Art, weil sie nicht einmal
recht sinnlich ist; aber naiv und herrlich gemalt sind die beiden Putten,
welche auf einem Probierstein einen goldenen Pfeil prüfen; der be-
redte Amor ist vollends der Genien im Dom von Parma würdig. —
(Die Allegorie der Tugend im Pal. Doria zu Rom gilt als echte Skizze,
wenn ich nicht irre, für eines der Temperabilder C.’s in der Samm-
lung der Handzeichnungen im Louvre.)
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Wenn Jemand die Gewandtheit bewundert, mit welcher Coreggio
unter allen möglichen Vorwänden nur immer das gegeben habe, was
ihm am Herzen lag, nämlich bewegtes Leben in sinnlich reizender
Form, so ist zu antworten, dass ein solcher Zwiespalt zwischen In-
halt und Darstellung, wenn er in C. existirt hat, die Kunst immer
und unfehlbar entsittlicht. Der Gegenstand ist keine beliebige Hülle
für blosse künstlerische Gedanken.
Bei keinem Meister sind die Schüler übler daran gewesen. Er
nahm ihnen das, was die Meister zweiten und dritten Ranges in jener
Zeit schätzenswerth macht: den architektonischen Ernst der Compo-
sition, die einfachen Linien, die Würde der Charaktere. Was aber
ihm eigen war, dazu reichten wieder ihre Talente nicht aus, oder die
Zeit war dafür noch nicht gekommen. In der That steht sein allbe-
wunderter Styl über ein halbes Jahrhundert isolirt da; indem seine
sämmtlichen Schüler mit einer Art von Verzweiflung sich der römi-
schen Schule in die Arme werfen.
Inzwischen erwuchsen aber seine wahren Erben: die Schule der
Caracci, deren Auffassung dem tiefsten Kerne nach von der seinigen
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 958. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/980>, abgerufen am 05.12.2024.
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