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Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927.

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Rechtssatz und Rechtsgeschäft.
und die Rechtsphilosophie sich oft genug abgemüht haben, woraus
die (nicht bestrittene) Verbindlichkeit der Verträge abzuleiten
sei, wie sie zu erklären sei.

Diese letztere Fragestellung nimmt es als gegeben an, daß
Verträge geschlossen werden können; sie sucht aber für diese
quasi universell anerkannte Tatsache den zureichenden Grund
und findet ihn bald im Willen der Parteien oder im Willen des
Promittenten, bald im Verbot: neminem laedere, bald in der bin-
denden Wirkung des erweckten Vertrauens, bald in der Pflicht
der Wahrhaftigkeit, bald in mehreren dieser Erwägungen zu-
gleich1.

1 Vgl. die Zusammenstellung dieser Theorien bei Hofmann, Die
Entstehungsgründe der Obligationen, insbesondere der Vertrag (Wien 1874)
85 ff.; Ehrenzweig, Über den Rechtsgrund der Vertragsverbindlichkeit
(Wien 1889); Jhering, Der Zweck im Recht, 3. A., I 266; Gounot, Du
principe de l'autonomie de la volonte en droit prive, these (Dijon 1911/12) 10.
Die Verbindlichkeit a priori behauptet A. Reinach, Die apriorischen
Grundlagen des bürgerlichen Rechts (1913 [aus Jahrbuch für Philosophie-
und Phänomenologie von Husserl I]); ähnlich Gerh. Husserl, Rechtskraft
und Rechtsgeltung (1925) 39; Soziologische Theorien bei Schloßmann
a. a. O. 8; Barth, Philosophie der Geschichte als Soziologie, 3. A., 638;
vgl. etwa auch Tönnies, Gemeinschaft und Gesellschaft, 7. A., 46: "Er
(der Kontrakt) ist die Resultante aus zwei divergierendeu Einzelwillen, die
sich in einem Punkte schneiden"; Jerusalem, Soziologie des Rechts I
(1925). Rationelle Begründungen z. B. bei del Vecchio, Die Grundprin-
zipien des Rechts, übersetzt von Hellwig (1923) 43 ff.; L. Nelson, System
der philosophischen Rechtslehre (Leipzig 1920) 86 ff.: "Die Verbindlichkeit
der Verträge ist eine Folge des Gesetzes der Wahrhaftigkeit der Gedanken-
mitteilung. Sie folgt also aus der bloßen Form des Rechtsgesetzes, wenn
einmal die rechtliche Möglichkeit der Verträge vorausgesetzt wird." Allein,
wenn Verträge möglich sind, ist ihre Verbindlichkeit gegeben und bedarf
keiner Begründung mehr. Cathrein, Recht, Naturrecht und positives
Recht, 2. A. (1909) 321. -- Riezler, Rechtsgefühl (1921) 59; Christer,
Annales de la classe des sciences sociales et econ. de l'acad. oukranienne,
t. II--III (Kief 1926) 360.
Die ganze naturrechtliche Lehre vom Mittelalter bis auf Rousseau
und später nahm es ausdrücklich oder stillschweigend als Axiom an, daß
Verträge zu halten sind, und begründete darauf die Verbindlichkeit des
positiven Rechts. Vgl. Grotius, De jure belli ac pacis, Proleg. 15; Hob-
bes,
Leviathan, c. 15, sagt: "A lege naturae, quae impedientia pacem
humanam jura relinqui jubet, sequitur, praestanda esse pacta. Nam,
absque eo jus in omnia frustra deponitur, manetque omnium contra omnes

Rechtssatz und Rechtsgeschäft.
und die Rechtsphilosophie sich oft genug abgemüht haben, woraus
die (nicht bestrittene) Verbindlichkeit der Verträge abzuleiten
sei, wie sie zu erklären sei.

Diese letztere Fragestellung nimmt es als gegeben an, daß
Verträge geschlossen werden können; sie sucht aber für diese
quasi universell anerkannte Tatsache den zureichenden Grund
und findet ihn bald im Willen der Parteien oder im Willen des
Promittenten, bald im Verbot: neminem laedere, bald in der bin-
denden Wirkung des erweckten Vertrauens, bald in der Pflicht
der Wahrhaftigkeit, bald in mehreren dieser Erwägungen zu-
gleich1.

1 Vgl. die Zusammenstellung dieser Theorien bei Hofmann, Die
Entstehungsgründe der Obligationen, insbesondere der Vertrag (Wien 1874)
85 ff.; Ehrenzweig, Über den Rechtsgrund der Vertragsverbindlichkeit
(Wien 1889); Jhering, Der Zweck im Recht, 3. A., I 266; Gounot, Du
principe de l'autonomie de la volonté en droit privé, thèse (Dijon 1911/12) 10.
Die Verbindlichkeit a priori behauptet A. Reinach, Die apriorischen
Grundlagen des bürgerlichen Rechts (1913 [aus Jahrbuch für Philosophie-
und Phänomenologie von Husserl I]); ähnlich Gerh. Husserl, Rechtskraft
und Rechtsgeltung (1925) 39; Soziologische Theorien bei Schloßmann
a. a. O. 8; Barth, Philosophie der Geschichte als Soziologie, 3. A., 638;
vgl. etwa auch Tönnies, Gemeinschaft und Gesellschaft, 7. A., 46: „Er
(der Kontrakt) ist die Resultante aus zwei divergierendeu Einzelwillen, die
sich in einem Punkte schneiden“; Jerusalem, Soziologie des Rechts I
(1925). Rationelle Begründungen z. B. bei del Vecchio, Die Grundprin-
zipien des Rechts, übersetzt von Hellwig (1923) 43 ff.; L. Nelson, System
der philosophischen Rechtslehre (Leipzig 1920) 86 ff.: „Die Verbindlichkeit
der Verträge ist eine Folge des Gesetzes der Wahrhaftigkeit der Gedanken-
mitteilung. Sie folgt also aus der bloßen Form des Rechtsgesetzes, wenn
einmal die rechtliche Möglichkeit der Verträge vorausgesetzt wird.“ Allein,
wenn Verträge möglich sind, ist ihre Verbindlichkeit gegeben und bedarf
keiner Begründung mehr. Cathrein, Recht, Naturrecht und positives
Recht, 2. A. (1909) 321. — Riezler, Rechtsgefühl (1921) 59; Christer,
Annales de la classe des sciences sociales et écon. de l'acad. oukranienne,
t. II—III (Kief 1926) 360.
Die ganze naturrechtliche Lehre vom Mittelalter bis auf Rousseau
und später nahm es ausdrücklich oder stillschweigend als Axiom an, daß
Verträge zu halten sind, und begründete darauf die Verbindlichkeit des
positiven Rechts. Vgl. Grotius, De jure belli ac pacis, Proleg. 15; Hob-
bes,
Leviathan, c. 15, sagt: „A lege naturae, quae impedientia pacem
humanam jura relinqui jubet, sequitur, praestanda essé pacta. Nam,
absque eo jus in omnia frustra deponitur, manetque omnium contra omnes
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[5/0020] Rechtssatz und Rechtsgeschäft. und die Rechtsphilosophie sich oft genug abgemüht haben, woraus die (nicht bestrittene) Verbindlichkeit der Verträge abzuleiten sei, wie sie zu erklären sei. Diese letztere Fragestellung nimmt es als gegeben an, daß Verträge geschlossen werden können; sie sucht aber für diese quasi universell anerkannte Tatsache den zureichenden Grund und findet ihn bald im Willen der Parteien oder im Willen des Promittenten, bald im Verbot: neminem laedere, bald in der bin- denden Wirkung des erweckten Vertrauens, bald in der Pflicht der Wahrhaftigkeit, bald in mehreren dieser Erwägungen zu- gleich 1. 1 Vgl. die Zusammenstellung dieser Theorien bei Hofmann, Die Entstehungsgründe der Obligationen, insbesondere der Vertrag (Wien 1874) 85 ff.; Ehrenzweig, Über den Rechtsgrund der Vertragsverbindlichkeit (Wien 1889); Jhering, Der Zweck im Recht, 3. A., I 266; Gounot, Du principe de l'autonomie de la volonté en droit privé, thèse (Dijon 1911/12) 10. Die Verbindlichkeit a priori behauptet A. Reinach, Die apriorischen Grundlagen des bürgerlichen Rechts (1913 [aus Jahrbuch für Philosophie- und Phänomenologie von Husserl I]); ähnlich Gerh. Husserl, Rechtskraft und Rechtsgeltung (1925) 39; Soziologische Theorien bei Schloßmann a. a. O. 8; Barth, Philosophie der Geschichte als Soziologie, 3. A., 638; vgl. etwa auch Tönnies, Gemeinschaft und Gesellschaft, 7. A., 46: „Er (der Kontrakt) ist die Resultante aus zwei divergierendeu Einzelwillen, die sich in einem Punkte schneiden“; Jerusalem, Soziologie des Rechts I (1925). Rationelle Begründungen z. B. bei del Vecchio, Die Grundprin- zipien des Rechts, übersetzt von Hellwig (1923) 43 ff.; L. Nelson, System der philosophischen Rechtslehre (Leipzig 1920) 86 ff.: „Die Verbindlichkeit der Verträge ist eine Folge des Gesetzes der Wahrhaftigkeit der Gedanken- mitteilung. Sie folgt also aus der bloßen Form des Rechtsgesetzes, wenn einmal die rechtliche Möglichkeit der Verträge vorausgesetzt wird.“ Allein, wenn Verträge möglich sind, ist ihre Verbindlichkeit gegeben und bedarf keiner Begründung mehr. Cathrein, Recht, Naturrecht und positives Recht, 2. A. (1909) 321. — Riezler, Rechtsgefühl (1921) 59; Christer, Annales de la classe des sciences sociales et écon. de l'acad. oukranienne, t. II—III (Kief 1926) 360. Die ganze naturrechtliche Lehre vom Mittelalter bis auf Rousseau und später nahm es ausdrücklich oder stillschweigend als Axiom an, daß Verträge zu halten sind, und begründete darauf die Verbindlichkeit des positiven Rechts. Vgl. Grotius, De jure belli ac pacis, Proleg. 15; Hob- bes, Leviathan, c. 15, sagt: „A lege naturae, quae impedientia pacem humanam jura relinqui jubet, sequitur, praestanda essé pacta. Nam, absque eo jus in omnia frustra deponitur, manetque omnium contra omnes

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Zitationshilfe: Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927/20>, abgerufen am 21.11.2024.