Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927.

Bild:
<< vorherige Seite

Private und öffentlich-rechtliche Verbände.
ständiges Recht auf Vermögenswerte haben, die ja nur die Mittel
zu diesen Zwecken sind?1

In diesem Sinne also kann man von der Persönlichkeit solcher
Kommunalverbände und öffentlicher Anstalten sprechen, aber
man darf daraus nicht folgern, daß sie rechtlich vom Staate un-
abhängig seien und ihm als gegebene Persönlichkeiten gegenüber-
treten (ähnlich wie andere Staaten); sie haben nur eine beschränkte
Selbständigkeit und sie haben sie kraft staatlichen Rechtes (Ver-
fassung und Gesetz), nicht aus eigener Kraft.

Öffentlich-rechtliche Verbände können also zugleich und
sekundär, als Privatrechtssubjekte, juristische Personen sein; und
umgekehrt können privatrechtliche Verbände sekundär öffentlich-
rechtliche Pflichten und Rechte haben, Pflichten nämlich, die das
öffentliche Recht an ihre privatrechtliche Vermögensfähigkeit
knüpft, wie die Steuerpflicht, die Gerichtspflicht und die Polizei-
pflichten des wirtschaftlichen Verkehrs, oder auch die besonderen
Pflichten (und Rechte), wie sie durch eine Verleihung oder eine
Finanzerlaubnis (z. B. zum Veredlungsverkehr) entstehen können.

Dadurch werden die privaten Verbände nicht etwa zu öffent-
lichen, sowenig die Einzelpersonen ihre private Eigenschaft ver-
lieren durch derartige Beziehungen zum Staat. Was den privaten
Verband vom öffentlichen unterscheidet, sind nicht diese se-
kundären Pflichten, sondern die Zufälligkeit ihres Zweckes und
ihres Bestandes selbst: öffentliche Verbände bestehen nicht zu-
fällig, sondern notwendig und von Rechts wegen; private bestehen
kraft zufälliger Entschließung von Priavtpersonen (vgl. oben S. 342).
Wird ein Verband von Gesetzes wegen postuliert, so ist damit auch
sein Zweck als dem öffentlichen Interesse dienend gekennzeichnet;
und umgekehrt: wenn ein Zweck als im öffentlichen Interesse

1 Positivrechtlich ist es allerdings möglich, daß eine Verfassung, wie
z. B. die Verfassungen einiger schweizerischer Kantone, den Gemeinden ihr
Vermögen garantieren; dann ist es in der Tat für den Staat unantastbar;
aber eine solche Gewährleistung hat in einer staatlichen Verfassung nur
Sinn, wenn der Gemeinde auch verfassungsrechtlich entsprechende öffentlich-
rechtliche Aufgaben zugeteilt und auferlegt sind, was z. T. ebenfalls zutrifft;
und gerade wo diese Aufgaben der Gemeinde entzogen wurden, entstand
jeweils die Frage, ob ihnen ihr Vermögen auch belassen werden müsse.
Ähnliches ist zu sagen für den Fall, wenn im Bundesstaat die Aufgaben zwi-
schen Gesamtstaat und Gliedstaaten anders verteilt werden.

Private und öffentlich-rechtliche Verbände.
ständiges Recht auf Vermögenswerte haben, die ja nur die Mittel
zu diesen Zwecken sind?1

In diesem Sinne also kann man von der Persönlichkeit solcher
Kommunalverbände und öffentlicher Anstalten sprechen, aber
man darf daraus nicht folgern, daß sie rechtlich vom Staate un-
abhängig seien und ihm als gegebene Persönlichkeiten gegenüber-
treten (ähnlich wie andere Staaten); sie haben nur eine beschränkte
Selbständigkeit und sie haben sie kraft staatlichen Rechtes (Ver-
fassung und Gesetz), nicht aus eigener Kraft.

Öffentlich-rechtliche Verbände können also zugleich und
sekundär, als Privatrechtssubjekte, juristische Personen sein; und
umgekehrt können privatrechtliche Verbände sekundär öffentlich-
rechtliche Pflichten und Rechte haben, Pflichten nämlich, die das
öffentliche Recht an ihre privatrechtliche Vermögensfähigkeit
knüpft, wie die Steuerpflicht, die Gerichtspflicht und die Polizei-
pflichten des wirtschaftlichen Verkehrs, oder auch die besonderen
Pflichten (und Rechte), wie sie durch eine Verleihung oder eine
Finanzerlaubnis (z. B. zum Veredlungsverkehr) entstehen können.

Dadurch werden die privaten Verbände nicht etwa zu öffent-
lichen, sowenig die Einzelpersonen ihre private Eigenschaft ver-
lieren durch derartige Beziehungen zum Staat. Was den privaten
Verband vom öffentlichen unterscheidet, sind nicht diese se-
kundären Pflichten, sondern die Zufälligkeit ihres Zweckes und
ihres Bestandes selbst: öffentliche Verbände bestehen nicht zu-
fällig, sondern notwendig und von Rechts wegen; private bestehen
kraft zufälliger Entschließung von Priavtpersonen (vgl. oben S. 342).
Wird ein Verband von Gesetzes wegen postuliert, so ist damit auch
sein Zweck als dem öffentlichen Interesse dienend gekennzeichnet;
und umgekehrt: wenn ein Zweck als im öffentlichen Interesse

1 Positivrechtlich ist es allerdings möglich, daß eine Verfassung, wie
z. B. die Verfassungen einiger schweizerischer Kantone, den Gemeinden ihr
Vermögen garantieren; dann ist es in der Tat für den Staat unantastbar;
aber eine solche Gewährleistung hat in einer staatlichen Verfassung nur
Sinn, wenn der Gemeinde auch verfassungsrechtlich entsprechende öffentlich-
rechtliche Aufgaben zugeteilt und auferlegt sind, was z. T. ebenfalls zutrifft;
und gerade wo diese Aufgaben der Gemeinde entzogen wurden, entstand
jeweils die Frage, ob ihnen ihr Vermögen auch belassen werden müsse.
Ähnliches ist zu sagen für den Fall, wenn im Bundesstaat die Aufgaben zwi-
schen Gesamtstaat und Gliedstaaten anders verteilt werden.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0362" n="347"/><fw place="top" type="header">Private und öffentlich-rechtliche Verbände.</fw><lb/>
ständiges Recht auf Vermögenswerte haben, die ja nur die Mittel<lb/>
zu diesen Zwecken sind?<note place="foot" n="1">Positivrechtlich ist es allerdings möglich, daß eine Verfassung, wie<lb/>
z. B. die Verfassungen einiger schweizerischer Kantone, den Gemeinden ihr<lb/>
Vermögen garantieren; dann ist es in der Tat für den Staat unantastbar;<lb/>
aber eine solche Gewährleistung hat in einer staatlichen Verfassung nur<lb/>
Sinn, wenn der Gemeinde auch verfassungsrechtlich entsprechende öffentlich-<lb/>
rechtliche Aufgaben zugeteilt und auferlegt sind, was z. T. ebenfalls zutrifft;<lb/>
und gerade wo diese Aufgaben der Gemeinde entzogen wurden, entstand<lb/>
jeweils die Frage, ob ihnen ihr Vermögen auch belassen werden müsse.<lb/>
Ähnliches ist zu sagen für den Fall, wenn im Bundesstaat die Aufgaben zwi-<lb/>
schen Gesamtstaat und Gliedstaaten anders verteilt werden.</note></p><lb/>
            <p>In diesem Sinne also kann man von der Persönlichkeit solcher<lb/>
Kommunalverbände und öffentlicher Anstalten sprechen, aber<lb/>
man darf daraus nicht folgern, daß sie rechtlich vom Staate un-<lb/>
abhängig seien und ihm als gegebene Persönlichkeiten gegenüber-<lb/>
treten (ähnlich wie andere Staaten); sie haben nur eine beschränkte<lb/>
Selbständigkeit und sie haben sie kraft staatlichen Rechtes (Ver-<lb/>
fassung und Gesetz), nicht aus eigener Kraft.</p><lb/>
            <p>Öffentlich-rechtliche Verbände können also zugleich und<lb/>
sekundär, als Privatrechtssubjekte, juristische Personen sein; und<lb/>
umgekehrt können privatrechtliche Verbände sekundär öffentlich-<lb/>
rechtliche Pflichten und Rechte haben, Pflichten nämlich, die das<lb/>
öffentliche Recht an ihre privatrechtliche Vermögensfähigkeit<lb/>
knüpft, wie die Steuerpflicht, die Gerichtspflicht und die Polizei-<lb/>
pflichten des wirtschaftlichen Verkehrs, oder auch die besonderen<lb/>
Pflichten (und Rechte), wie sie durch eine Verleihung oder eine<lb/>
Finanzerlaubnis (z. B. zum Veredlungsverkehr) entstehen können.</p><lb/>
            <p>Dadurch werden die privaten Verbände nicht etwa zu öffent-<lb/>
lichen, sowenig die Einzelpersonen ihre private Eigenschaft ver-<lb/>
lieren durch derartige Beziehungen zum Staat. Was den privaten<lb/>
Verband vom öffentlichen unterscheidet, sind nicht diese se-<lb/>
kundären Pflichten, sondern die Zufälligkeit ihres Zweckes und<lb/>
ihres Bestandes selbst: öffentliche Verbände bestehen nicht zu-<lb/>
fällig, sondern notwendig und von Rechts wegen; private bestehen<lb/>
kraft zufälliger Entschließung von Priavtpersonen (vgl. oben S. 342).<lb/>
Wird ein Verband von Gesetzes wegen postuliert, so ist damit auch<lb/>
sein Zweck als dem öffentlichen Interesse dienend gekennzeichnet;<lb/>
und umgekehrt: wenn ein Zweck als im öffentlichen Interesse<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[347/0362] Private und öffentlich-rechtliche Verbände. ständiges Recht auf Vermögenswerte haben, die ja nur die Mittel zu diesen Zwecken sind? 1 In diesem Sinne also kann man von der Persönlichkeit solcher Kommunalverbände und öffentlicher Anstalten sprechen, aber man darf daraus nicht folgern, daß sie rechtlich vom Staate un- abhängig seien und ihm als gegebene Persönlichkeiten gegenüber- treten (ähnlich wie andere Staaten); sie haben nur eine beschränkte Selbständigkeit und sie haben sie kraft staatlichen Rechtes (Ver- fassung und Gesetz), nicht aus eigener Kraft. Öffentlich-rechtliche Verbände können also zugleich und sekundär, als Privatrechtssubjekte, juristische Personen sein; und umgekehrt können privatrechtliche Verbände sekundär öffentlich- rechtliche Pflichten und Rechte haben, Pflichten nämlich, die das öffentliche Recht an ihre privatrechtliche Vermögensfähigkeit knüpft, wie die Steuerpflicht, die Gerichtspflicht und die Polizei- pflichten des wirtschaftlichen Verkehrs, oder auch die besonderen Pflichten (und Rechte), wie sie durch eine Verleihung oder eine Finanzerlaubnis (z. B. zum Veredlungsverkehr) entstehen können. Dadurch werden die privaten Verbände nicht etwa zu öffent- lichen, sowenig die Einzelpersonen ihre private Eigenschaft ver- lieren durch derartige Beziehungen zum Staat. Was den privaten Verband vom öffentlichen unterscheidet, sind nicht diese se- kundären Pflichten, sondern die Zufälligkeit ihres Zweckes und ihres Bestandes selbst: öffentliche Verbände bestehen nicht zu- fällig, sondern notwendig und von Rechts wegen; private bestehen kraft zufälliger Entschließung von Priavtpersonen (vgl. oben S. 342). Wird ein Verband von Gesetzes wegen postuliert, so ist damit auch sein Zweck als dem öffentlichen Interesse dienend gekennzeichnet; und umgekehrt: wenn ein Zweck als im öffentlichen Interesse 1 Positivrechtlich ist es allerdings möglich, daß eine Verfassung, wie z. B. die Verfassungen einiger schweizerischer Kantone, den Gemeinden ihr Vermögen garantieren; dann ist es in der Tat für den Staat unantastbar; aber eine solche Gewährleistung hat in einer staatlichen Verfassung nur Sinn, wenn der Gemeinde auch verfassungsrechtlich entsprechende öffentlich- rechtliche Aufgaben zugeteilt und auferlegt sind, was z. T. ebenfalls zutrifft; und gerade wo diese Aufgaben der Gemeinde entzogen wurden, entstand jeweils die Frage, ob ihnen ihr Vermögen auch belassen werden müsse. Ähnliches ist zu sagen für den Fall, wenn im Bundesstaat die Aufgaben zwi- schen Gesamtstaat und Gliedstaaten anders verteilt werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927/362
Zitationshilfe: Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927/362>, abgerufen am 24.11.2024.