Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927.Zwingendes und nichtzwingendes Recht. Deshalb, weil jedermann zur Beachtung dieser Rechte ver- dern weil er befugt ist, jedermann gegenüber in gewisser Beziehung über
die Sache zu verfügen, als der rechtliche Herr der Sache aufzutreten. Wenn der Pächter nicht ein Recht "an der Sache" hat, ist es eben deshalb, weil er Dritten gegenüber auf den Schutz des Eigentümers an- gewiesen ist und seine Besitz- und Nutzungsbefugnisse gegenüber Dritten nicht selbst behaupten kann. Die "unmittelbare Beziehung" des dinglich Berechtigten zur Sache ist der bildliche Ausdruck für die Verbindlichkeit des Rechts für jedermann. Vgl. die doppelte Charakterisierung des ding- lichen Rechts z. B. bei Cosack-Mitteis, Lehrbuch des bürgerlichen Rechts, 8./9. A II (1905) 9 ff.; Stobbe-Lehmann, Handbuch des deut- schen Privatrechts, 3. A. I (1893) 684; auch Savigny, System I 373; Kretschmar, Das Sachenrecht des BGB (1906) 1. -- Über die Beziehung der beiden Merkmale zueinander: v. Tuhr, Allgemeiner Teil d. bürgerl. Rechts I 133; E. Huber, Zum schweiz. Sachenrecht (1914) 34 ff. Beschränkte dingliche Rechte können von Gesetzes wegen bestehen (z. B. Pfandrechte, Zugrechte), meistens aber werden sie durch Rechts- geschäft begründet. Sie sind dingliche Rechte an fremder Sache, sofern sie jedem gegenüber geltend gemacht werden können, der sie beeinträchtigt. Man kann sich aber auch solche Rechte denken, die nicht jedermann, son- dern nur einigen gegenüber bestehen; z. B. gegenüber dem Eigentümer und seinen Rechtsnachfolgern und andern dinglich Berechtigten, sowie vielleicht ihren Gläubigern, nicht aber gegenüber anderen Dritten. Das ist die be- schränkt dingliche Wirkung, die das schweizerische Recht den im Grund- buch vorgemerkten Vertragsrechten zuspricht, z. B. den Vorkaufsrechten, der Pacht u. a. m., die (nach Art. 959 ZGB) "Wirkung gegenüber jedem später erworbenen Recht" (am Grundstück) erhalten (vgl. das deutsche BGB § 883), aber nicht gegenüber störenden Dritten, wie die volldinglichen Rechte des Dienstbarkeits- und Pfandberechtigten, während z. B. das Recht des Nacherben, sofern eingetragen, jedem Dritten gegenüber geltend gemacht werden kann (z. B. im Falle der Expropriation). Vgl. Ostertag, Sachenrecht, im Gmürschen Kommentar zum ZGB (1912) 169, 192; Tuor, Erbrecht, im gleichen Kommentar (1914) 253. -- Guhl, in der Festschrift für das Bundesgericht (1924) 93, 166, nennt das "persönliche Rechte mit verstärkter Wirkung". Daß Abstufungen zwischen volldinglichen und per- sönlichen Rechten möglich sind, ergibt sich eben daraus, daß ein Anspruch gegenüber allen oder einigen andern Personen gelten kann; nicht aus "der Beziehung zur Sache", die juristisch nicht definierbar ist, worauf E. Huber, Zum schweizerischen Sachenrecht (1914) 36, 38, hinweist. Die dingliche Wirkung eines Vertrages besteht in der Wirkung anderen Personen als den Vertragsparteien gegenüber; denn nur unter Personen bestehen recht- liche Beziehungen. Zwingendes und nichtzwingendes Recht. Deshalb, weil jedermann zur Beachtung dieser Rechte ver- dern weil er befugt ist, jedermann gegenüber in gewisser Beziehung über
die Sache zu verfügen, als der rechtliche Herr der Sache aufzutreten. Wenn der Pächter nicht ein Recht „an der Sache“ hat, ist es eben deshalb, weil er Dritten gegenüber auf den Schutz des Eigentümers an- gewiesen ist und seine Besitz- und Nutzungsbefugnisse gegenüber Dritten nicht selbst behaupten kann. Die „unmittelbare Beziehung“ des dinglich Berechtigten zur Sache ist der bildliche Ausdruck für die Verbindlichkeit des Rechts für jedermann. Vgl. die doppelte Charakterisierung des ding- lichen Rechts z. B. bei Cosack-Mitteis, Lehrbuch des bürgerlichen Rechts, 8./9. A II (1905) 9 ff.; Stobbe-Lehmann, Handbuch des deut- schen Privatrechts, 3. A. I (1893) 684; auch Savigny, System I 373; Kretschmar, Das Sachenrecht des BGB (1906) 1. — Über die Beziehung der beiden Merkmale zueinander: v. Tuhr, Allgemeiner Teil d. bürgerl. Rechts I 133; E. Huber, Zum schweiz. Sachenrecht (1914) 34 ff. Beschränkte dingliche Rechte können von Gesetzes wegen bestehen (z. B. Pfandrechte, Zugrechte), meistens aber werden sie durch Rechts- geschäft begründet. Sie sind dingliche Rechte an fremder Sache, sofern sie jedem gegenüber geltend gemacht werden können, der sie beeinträchtigt. Man kann sich aber auch solche Rechte denken, die nicht jedermann, son- dern nur einigen gegenüber bestehen; z. B. gegenüber dem Eigentümer und seinen Rechtsnachfolgern und andern dinglich Berechtigten, sowie vielleicht ihren Gläubigern, nicht aber gegenüber anderen Dritten. Das ist die be- schränkt dingliche Wirkung, die das schweizerische Recht den im Grund- buch vorgemerkten Vertragsrechten zuspricht, z. B. den Vorkaufsrechten, der Pacht u. a. m., die (nach Art. 959 ZGB) „Wirkung gegenüber jedem später erworbenen Recht“ (am Grundstück) erhalten (vgl. das deutsche BGB § 883), aber nicht gegenüber störenden Dritten, wie die volldinglichen Rechte des Dienstbarkeits- und Pfandberechtigten, während z. B. das Recht des Nacherben, sofern eingetragen, jedem Dritten gegenüber geltend gemacht werden kann (z. B. im Falle der Expropriation). Vgl. Ostertag, Sachenrecht, im Gmürschen Kommentar zum ZGB (1912) 169, 192; Tuor, Erbrecht, im gleichen Kommentar (1914) 253. — Guhl, in der Festschrift für das Bundesgericht (1924) 93, 166, nennt das „persönliche Rechte mit verstärkter Wirkung“. Daß Abstufungen zwischen volldinglichen und per- sönlichen Rechten möglich sind, ergibt sich eben daraus, daß ein Anspruch gegenüber allen oder einigen andern Personen gelten kann; nicht aus „der Beziehung zur Sache“, die juristisch nicht definierbar ist, worauf E. Huber, Zum schweizerischen Sachenrecht (1914) 36, 38, hinweist. Die dingliche Wirkung eines Vertrages besteht in der Wirkung anderen Personen als den Vertragsparteien gegenüber; denn nur unter Personen bestehen recht- liche Beziehungen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0046" n="31"/> <fw place="top" type="header">Zwingendes und nichtzwingendes Recht.</fw><lb/> <p>Deshalb, weil <hi rendition="#g">jedermann</hi> zur Beachtung dieser Rechte ver-<lb/> pflichtet ist, müssen sie auch gesetzlich, objektiv-rechtlich um-<lb/> schrieben werden, nicht bloß rechtsgeschäftlich; was jeder ein-<lb/><note xml:id="seg2pn_6_2" prev="#seg2pn_6_1" place="foot" n="2"><p>dern weil er <hi rendition="#g">befugt</hi> ist, jedermann gegenüber in gewisser Beziehung über<lb/> die Sache zu verfügen, als der rechtliche Herr der Sache aufzutreten.</p><lb/><p>Wenn der Pächter nicht ein Recht „an der Sache“ hat, ist es eben<lb/> deshalb, weil er Dritten gegenüber auf den Schutz des Eigentümers an-<lb/> gewiesen ist und seine Besitz- und Nutzungsbefugnisse gegenüber Dritten<lb/> nicht selbst behaupten kann. Die „unmittelbare Beziehung“ des dinglich<lb/> Berechtigten zur Sache ist der bildliche Ausdruck für die Verbindlichkeit<lb/> des Rechts für jedermann. Vgl. die doppelte Charakterisierung des ding-<lb/> lichen Rechts z. B. bei <hi rendition="#g">Cosack-Mitteis,</hi> Lehrbuch des bürgerlichen<lb/> Rechts, 8./9. A II (1905) 9 ff.; <hi rendition="#g">Stobbe-Lehmann,</hi> Handbuch des deut-<lb/> schen Privatrechts, 3. A. I (1893) 684; auch <hi rendition="#g">Savigny,</hi> System I 373;<lb/><hi rendition="#g">Kretschmar,</hi> Das Sachenrecht des BGB (1906) 1. — Über die Beziehung<lb/> der beiden Merkmale zueinander: v. <hi rendition="#g">Tuhr,</hi> Allgemeiner Teil d. bürgerl. Rechts<lb/> I 133; E. <hi rendition="#g">Huber,</hi> Zum schweiz. Sachenrecht (1914) 34 ff.</p><lb/><p>Beschränkte dingliche Rechte können von Gesetzes wegen bestehen<lb/> (z. B. Pfandrechte, Zugrechte), meistens aber werden sie durch Rechts-<lb/> geschäft begründet. Sie sind <hi rendition="#g">dingliche</hi> Rechte an fremder Sache, sofern<lb/> sie jedem gegenüber geltend gemacht werden können, der sie beeinträchtigt.<lb/> Man kann sich aber auch solche Rechte denken, die nicht jedermann, son-<lb/> dern nur einigen gegenüber bestehen; z. B. gegenüber dem Eigentümer und<lb/> seinen Rechtsnachfolgern und andern dinglich Berechtigten, sowie vielleicht<lb/> ihren Gläubigern, nicht aber gegenüber anderen Dritten. Das ist die be-<lb/> schränkt dingliche Wirkung, die das schweizerische Recht den im Grund-<lb/> buch vorgemerkten Vertragsrechten zuspricht, z. B. den Vorkaufsrechten,<lb/> der Pacht u. a. m., die (nach Art. 959 ZGB) „Wirkung gegenüber jedem<lb/> später erworbenen Recht“ (am Grundstück) erhalten (vgl. das deutsche<lb/> BGB § 883), aber nicht gegenüber störenden Dritten, wie die volldinglichen<lb/> Rechte des Dienstbarkeits- und Pfandberechtigten, während z. B. das<lb/> Recht des Nacherben, sofern eingetragen, jedem Dritten gegenüber geltend<lb/> gemacht werden kann (z. B. im Falle der Expropriation). Vgl. <hi rendition="#g">Ostertag,</hi><lb/> Sachenrecht, im <hi rendition="#g">Gmür</hi>schen Kommentar zum ZGB (1912) 169, 192; <hi rendition="#g">Tuor,</hi><lb/> Erbrecht, im gleichen Kommentar (1914) 253. — <hi rendition="#g">Guhl,</hi> in der Festschrift<lb/> für das Bundesgericht (1924) 93, 166, nennt das „persönliche Rechte mit<lb/> verstärkter Wirkung“. Daß Abstufungen zwischen volldinglichen und per-<lb/> sönlichen Rechten möglich sind, ergibt sich eben daraus, daß ein Anspruch<lb/> gegenüber allen oder einigen andern Personen gelten kann; nicht aus „der<lb/> Beziehung zur Sache“, die juristisch nicht definierbar ist, worauf E. <hi rendition="#g">Huber,</hi><lb/> Zum schweizerischen Sachenrecht (1914) 36, 38, hinweist. Die dingliche<lb/> Wirkung eines Vertrages besteht in der Wirkung anderen <hi rendition="#g">Personen</hi> als<lb/> den Vertragsparteien gegenüber; denn nur unter Personen bestehen recht-<lb/> liche Beziehungen.</p></note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [31/0046]
Zwingendes und nichtzwingendes Recht.
Deshalb, weil jedermann zur Beachtung dieser Rechte ver-
pflichtet ist, müssen sie auch gesetzlich, objektiv-rechtlich um-
schrieben werden, nicht bloß rechtsgeschäftlich; was jeder ein-
2
2 dern weil er befugt ist, jedermann gegenüber in gewisser Beziehung über
die Sache zu verfügen, als der rechtliche Herr der Sache aufzutreten.
Wenn der Pächter nicht ein Recht „an der Sache“ hat, ist es eben
deshalb, weil er Dritten gegenüber auf den Schutz des Eigentümers an-
gewiesen ist und seine Besitz- und Nutzungsbefugnisse gegenüber Dritten
nicht selbst behaupten kann. Die „unmittelbare Beziehung“ des dinglich
Berechtigten zur Sache ist der bildliche Ausdruck für die Verbindlichkeit
des Rechts für jedermann. Vgl. die doppelte Charakterisierung des ding-
lichen Rechts z. B. bei Cosack-Mitteis, Lehrbuch des bürgerlichen
Rechts, 8./9. A II (1905) 9 ff.; Stobbe-Lehmann, Handbuch des deut-
schen Privatrechts, 3. A. I (1893) 684; auch Savigny, System I 373;
Kretschmar, Das Sachenrecht des BGB (1906) 1. — Über die Beziehung
der beiden Merkmale zueinander: v. Tuhr, Allgemeiner Teil d. bürgerl. Rechts
I 133; E. Huber, Zum schweiz. Sachenrecht (1914) 34 ff.
Beschränkte dingliche Rechte können von Gesetzes wegen bestehen
(z. B. Pfandrechte, Zugrechte), meistens aber werden sie durch Rechts-
geschäft begründet. Sie sind dingliche Rechte an fremder Sache, sofern
sie jedem gegenüber geltend gemacht werden können, der sie beeinträchtigt.
Man kann sich aber auch solche Rechte denken, die nicht jedermann, son-
dern nur einigen gegenüber bestehen; z. B. gegenüber dem Eigentümer und
seinen Rechtsnachfolgern und andern dinglich Berechtigten, sowie vielleicht
ihren Gläubigern, nicht aber gegenüber anderen Dritten. Das ist die be-
schränkt dingliche Wirkung, die das schweizerische Recht den im Grund-
buch vorgemerkten Vertragsrechten zuspricht, z. B. den Vorkaufsrechten,
der Pacht u. a. m., die (nach Art. 959 ZGB) „Wirkung gegenüber jedem
später erworbenen Recht“ (am Grundstück) erhalten (vgl. das deutsche
BGB § 883), aber nicht gegenüber störenden Dritten, wie die volldinglichen
Rechte des Dienstbarkeits- und Pfandberechtigten, während z. B. das
Recht des Nacherben, sofern eingetragen, jedem Dritten gegenüber geltend
gemacht werden kann (z. B. im Falle der Expropriation). Vgl. Ostertag,
Sachenrecht, im Gmürschen Kommentar zum ZGB (1912) 169, 192; Tuor,
Erbrecht, im gleichen Kommentar (1914) 253. — Guhl, in der Festschrift
für das Bundesgericht (1924) 93, 166, nennt das „persönliche Rechte mit
verstärkter Wirkung“. Daß Abstufungen zwischen volldinglichen und per-
sönlichen Rechten möglich sind, ergibt sich eben daraus, daß ein Anspruch
gegenüber allen oder einigen andern Personen gelten kann; nicht aus „der
Beziehung zur Sache“, die juristisch nicht definierbar ist, worauf E. Huber,
Zum schweizerischen Sachenrecht (1914) 36, 38, hinweist. Die dingliche
Wirkung eines Vertrages besteht in der Wirkung anderen Personen als
den Vertragsparteien gegenüber; denn nur unter Personen bestehen recht-
liche Beziehungen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |