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Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927.

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Vorwort.

Die folgenden Untersuchungen haben Fragen zum Gegenstand,
die den Juristen und den Rechtsphilosophen von jeher beschäftigt
haben und gerade in neuester Zeit wieder besonders häufig be-
schäftigen. Das subjektive Recht, die wohlerworbenen Rechte,
die Strafe, die Rechtskraft, die Juristische Person, das Privat- und
das öffentliche Recht, der Staat, das Gebiet, die Geltung des
Rechts, seine Anwendung, das Gewohnheitsrecht, das Völkerrecht,
das Recht selbst: hat sich nicht an jedem dieser Probleme seit
Jahrhunderten der Scharfsinn der Gelehrten geübt? Ist nicht über
jedes schon genug gedacht und geschrieben worden? Läßt sich
erwarten, daß in einem dünnen Bande die Meinungen über all das
abgeklärt werden könnten?

Es mag in der Tat scheinen, daß der Verfasser damit zuviel
unternommen habe und besser getan hätte, sich auf eine dieser
Fragen zu beschränken. Dem wäre in der Tat so, wenn jede dieser
Fragen für sich behandelt werden könnte. Allein das gerade ist
der Mangel der bisherigen Lehre, daß sie nicht einsah oder doch
nicht klar genug einsah, daß alle diese Fragen, und noch andere,
miteinander zusammenhängen und nur einheitlich behandelt
werden können; daß sie dann aber auch ihre wahre Bedeutung
und ihre Erklärung erhalten. Das Einzelne in den Zusammenhang
des Ganzen zu stellen (und in den richtigen Zusammenhang, wie
ich hoffe), ist die bewußte Methode dieser Untersuchungen gewesen;
denn nur im Ganzen zeigt sich die Bedeutung des Teiles. Wer das
nicht tut, erfaßt die Eigenart des Teiles nicht, noch seine Funktion
im Ganzen. Wer z. B. die Rechtsanwendung nicht in Gegensatz
stellt zur Rechtssetzung und Rechtserzwingung, sieht ihre not-
wendige und eigenartige Funktion nicht; wer die organisatorischen
Normen nicht den Verhaltungsnormen gegenüberstellt, erkennt

Vorwort.

Die folgenden Untersuchungen haben Fragen zum Gegenstand,
die den Juristen und den Rechtsphilosophen von jeher beschäftigt
haben und gerade in neuester Zeit wieder besonders häufig be-
schäftigen. Das subjektive Recht, die wohlerworbenen Rechte,
die Strafe, die Rechtskraft, die Juristische Person, das Privat- und
das öffentliche Recht, der Staat, das Gebiet, die Geltung des
Rechts, seine Anwendung, das Gewohnheitsrecht, das Völkerrecht,
das Recht selbst: hat sich nicht an jedem dieser Probleme seit
Jahrhunderten der Scharfsinn der Gelehrten geübt? Ist nicht über
jedes schon genug gedacht und geschrieben worden? Läßt sich
erwarten, daß in einem dünnen Bande die Meinungen über all das
abgeklärt werden könnten?

Es mag in der Tat scheinen, daß der Verfasser damit zuviel
unternommen habe und besser getan hätte, sich auf eine dieser
Fragen zu beschränken. Dem wäre in der Tat so, wenn jede dieser
Fragen für sich behandelt werden könnte. Allein das gerade ist
der Mangel der bisherigen Lehre, daß sie nicht einsah oder doch
nicht klar genug einsah, daß alle diese Fragen, und noch andere,
miteinander zusammenhängen und nur einheitlich behandelt
werden können; daß sie dann aber auch ihre wahre Bedeutung
und ihre Erklärung erhalten. Das Einzelne in den Zusammenhang
des Ganzen zu stellen (und in den richtigen Zusammenhang, wie
ich hoffe), ist die bewußte Methode dieser Untersuchungen gewesen;
denn nur im Ganzen zeigt sich die Bedeutung des Teiles. Wer das
nicht tut, erfaßt die Eigenart des Teiles nicht, noch seine Funktion
im Ganzen. Wer z. B. die Rechtsanwendung nicht in Gegensatz
stellt zur Rechtssetzung und Rechtserzwingung, sieht ihre not-
wendige und eigenartige Funktion nicht; wer die organisatorischen
Normen nicht den Verhaltungsnormen gegenüberstellt, erkennt

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[VII/0006] Vorwort. Die folgenden Untersuchungen haben Fragen zum Gegenstand, die den Juristen und den Rechtsphilosophen von jeher beschäftigt haben und gerade in neuester Zeit wieder besonders häufig be- schäftigen. Das subjektive Recht, die wohlerworbenen Rechte, die Strafe, die Rechtskraft, die Juristische Person, das Privat- und das öffentliche Recht, der Staat, das Gebiet, die Geltung des Rechts, seine Anwendung, das Gewohnheitsrecht, das Völkerrecht, das Recht selbst: hat sich nicht an jedem dieser Probleme seit Jahrhunderten der Scharfsinn der Gelehrten geübt? Ist nicht über jedes schon genug gedacht und geschrieben worden? Läßt sich erwarten, daß in einem dünnen Bande die Meinungen über all das abgeklärt werden könnten? Es mag in der Tat scheinen, daß der Verfasser damit zuviel unternommen habe und besser getan hätte, sich auf eine dieser Fragen zu beschränken. Dem wäre in der Tat so, wenn jede dieser Fragen für sich behandelt werden könnte. Allein das gerade ist der Mangel der bisherigen Lehre, daß sie nicht einsah oder doch nicht klar genug einsah, daß alle diese Fragen, und noch andere, miteinander zusammenhängen und nur einheitlich behandelt werden können; daß sie dann aber auch ihre wahre Bedeutung und ihre Erklärung erhalten. Das Einzelne in den Zusammenhang des Ganzen zu stellen (und in den richtigen Zusammenhang, wie ich hoffe), ist die bewußte Methode dieser Untersuchungen gewesen; denn nur im Ganzen zeigt sich die Bedeutung des Teiles. Wer das nicht tut, erfaßt die Eigenart des Teiles nicht, noch seine Funktion im Ganzen. Wer z. B. die Rechtsanwendung nicht in Gegensatz stellt zur Rechtssetzung und Rechtserzwingung, sieht ihre not- wendige und eigenartige Funktion nicht; wer die organisatorischen Normen nicht den Verhaltungsnormen gegenüberstellt, erkennt

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Zitationshilfe: Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927, S. VII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927/6>, abgerufen am 23.11.2024.