3. Abschnitt.vervollständigen; mit Lionardo Aretino zusammen brachte er die zwölf letzten Stücke des Plautus zum Vorschein, so wie die Verrinen des Cicero.
Aus antikem Patriotismus sammelte der berühmte Grieche Cardinal Bessarion 1) 600 Codices, heidnischen wie christlichen Inhalts, mit ungeheuren Opfern, und suchte nun einen sichern Ort, wohin er sie stiften könne, damit seine unglückliche Heimath, wenn sie je wieder frei würde, ihre verlorene Literatur wieder finden möchte. Die Signorie von Venedig (S. 73) erklärte sich zum Bau eines Locales bereit und noch heute bewahrt die Marcusbibliothek einen Theil jener Schätze 2).
Das Zusammenkommen der berühmten mediceischen Bibliothek hat eine ganz besondere Geschichte, auf welche wir hier nicht eingehen können; der Hauptsammler für Lorenzo magnifico war Johannes Lascaris. Bekanntlich hat die Sammlung nach der Plünderung des Jahres 1494 noch einmal stückweise durch Cardinal Giovanni Medici (Leo X.) erworben werden müssen.
Die Bibliothek von Urbino.Die urbinatische Bibliothek 3) (jetzt im Vatican) war durchaus die Gründung des großen Federigo von Monte- feltro (S. 45), der schon als Knabe zu sammeln begonnen hatte, später beständig 30 bis 40 Scrittori an verschiedenen Orten beschäftigte, und im Verlauf der Zeit über 30,000 Ducaten daran wandte. Sie wurde, hauptsächlich mit Hülfe Vespasiano's, ganz systematisch fortgesetzt und ver- vollständigt, und was dieser davon berichtet, ist besonders merkwürdig als Idealbild einer damaligen Bibliothek. Man besaß z. B. in Urbino die Inventarien der Vaticana, der
1)Vespas. Fior. p. 193. Vgl. Marin Sanudo, bei Murat. XXII, Col. 1185, s.
2) Wie man einstweilen damit umging, s. bei Malipiero, Ann. veneti, Arch. stor. VII, II, p. 653. 655.
3)Vespas. Fior. p. 124, s.
3. Abſchnitt.vervollſtändigen; mit Lionardo Aretino zuſammen brachte er die zwölf letzten Stücke des Plautus zum Vorſchein, ſo wie die Verrinen des Cicero.
Aus antikem Patriotismus ſammelte der berühmte Grieche Cardinal Beſſarion 1) 600 Codices, heidniſchen wie chriſtlichen Inhalts, mit ungeheuren Opfern, und ſuchte nun einen ſichern Ort, wohin er ſie ſtiften könne, damit ſeine unglückliche Heimath, wenn ſie je wieder frei würde, ihre verlorene Literatur wieder finden möchte. Die Signorie von Venedig (S. 73) erklärte ſich zum Bau eines Locales bereit und noch heute bewahrt die Marcusbibliothek einen Theil jener Schätze 2).
Das Zuſammenkommen der berühmten mediceiſchen Bibliothek hat eine ganz beſondere Geſchichte, auf welche wir hier nicht eingehen können; der Hauptſammler für Lorenzo magnifico war Johannes Lascaris. Bekanntlich hat die Sammlung nach der Plünderung des Jahres 1494 noch einmal ſtückweiſe durch Cardinal Giovanni Medici (Leo X.) erworben werden müſſen.
Die Bibliothek von Urbino.Die urbinatiſche Bibliothek 3) (jetzt im Vatican) war durchaus die Gründung des großen Federigo von Monte- feltro (S. 45), der ſchon als Knabe zu ſammeln begonnen hatte, ſpäter beſtändig 30 bis 40 Scrittori an verſchiedenen Orten beſchäftigte, und im Verlauf der Zeit über 30,000 Ducaten daran wandte. Sie wurde, hauptſächlich mit Hülfe Vespaſiano's, ganz ſyſtematiſch fortgeſetzt und ver- vollſtändigt, und was dieſer davon berichtet, iſt beſonders merkwürdig als Idealbild einer damaligen Bibliothek. Man beſaß z. B. in Urbino die Inventarien der Vaticana, der
1)Vespas. Fior. p. 193. Vgl. Marin Sanudo, bei Murat. XXII, Col. 1185, s.
2) Wie man einſtweilen damit umging, ſ. bei Malipiero, Ann. veneti, Arch. stor. VII, II, p. 653. 655.
3)Vespas. Fior. p. 124, s.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0200"n="190"/><noteplace="left"><hirendition="#b"><hirendition="#u">3. Abſchnitt.</hi></hi></note>vervollſtändigen; mit Lionardo Aretino zuſammen brachte<lb/>
er die zwölf letzten Stücke des Plautus zum Vorſchein, ſo<lb/>
wie die Verrinen des Cicero.</p><lb/><p>Aus antikem Patriotismus ſammelte der berühmte<lb/>
Grieche Cardinal Beſſarion <noteplace="foot"n="1)"><hirendition="#aq">Vespas. Fior. p. 193.</hi> Vgl. <hirendition="#aq">Marin Sanudo,</hi> bei <hirendition="#aq">Murat. XXII,<lb/>
Col. 1185, s.</hi></note> 600 Codices, heidniſchen wie<lb/>
chriſtlichen Inhalts, mit ungeheuren Opfern, und ſuchte<lb/>
nun einen ſichern Ort, wohin er ſie ſtiften könne, damit<lb/>ſeine unglückliche Heimath, wenn ſie je wieder frei würde,<lb/>
ihre verlorene Literatur wieder finden möchte. Die Signorie<lb/>
von Venedig (S. 73) erklärte ſich zum Bau eines Locales<lb/>
bereit und noch heute bewahrt die Marcusbibliothek einen<lb/>
Theil jener Schätze <noteplace="foot"n="2)">Wie man einſtweilen damit umging, ſ. bei <hirendition="#aq">Malipiero, Ann. veneti,<lb/>
Arch. stor. VII, II, p. 653. 655.</hi></note>.</p><lb/><p>Das Zuſammenkommen der berühmten mediceiſchen<lb/>
Bibliothek hat eine ganz beſondere Geſchichte, auf welche<lb/>
wir hier nicht eingehen können; der Hauptſammler für<lb/>
Lorenzo magnifico war Johannes Lascaris. Bekanntlich<lb/>
hat die Sammlung nach der Plünderung des Jahres 1494<lb/>
noch einmal ſtückweiſe durch Cardinal Giovanni Medici<lb/>
(Leo <hirendition="#aq">X.</hi>) erworben werden müſſen.</p><lb/><p><noteplace="left">Die Bibliothek<lb/>
von Urbino.</note>Die urbinatiſche Bibliothek <noteplace="foot"n="3)"><hirendition="#aq">Vespas. Fior. p. 124, s.</hi></note> (jetzt im Vatican) war<lb/>
durchaus die Gründung des großen Federigo von Monte-<lb/>
feltro (S. 45), der ſchon als Knabe zu ſammeln begonnen<lb/>
hatte, ſpäter beſtändig 30 bis 40 Scrittori an verſchiedenen<lb/>
Orten beſchäftigte, und im Verlauf der Zeit über 30,000<lb/>
Ducaten daran wandte. Sie wurde, hauptſächlich mit<lb/>
Hülfe Vespaſiano's, ganz ſyſtematiſch fortgeſetzt und ver-<lb/>
vollſtändigt, und was dieſer davon berichtet, iſt beſonders<lb/>
merkwürdig als Idealbild einer damaligen Bibliothek. Man<lb/>
beſaß z. B. in Urbino die Inventarien der Vaticana, der<lb/></p></div></body></text></TEI>
[190/0200]
vervollſtändigen; mit Lionardo Aretino zuſammen brachte
er die zwölf letzten Stücke des Plautus zum Vorſchein, ſo
wie die Verrinen des Cicero.
3. Abſchnitt.
Aus antikem Patriotismus ſammelte der berühmte
Grieche Cardinal Beſſarion 1) 600 Codices, heidniſchen wie
chriſtlichen Inhalts, mit ungeheuren Opfern, und ſuchte
nun einen ſichern Ort, wohin er ſie ſtiften könne, damit
ſeine unglückliche Heimath, wenn ſie je wieder frei würde,
ihre verlorene Literatur wieder finden möchte. Die Signorie
von Venedig (S. 73) erklärte ſich zum Bau eines Locales
bereit und noch heute bewahrt die Marcusbibliothek einen
Theil jener Schätze 2).
Das Zuſammenkommen der berühmten mediceiſchen
Bibliothek hat eine ganz beſondere Geſchichte, auf welche
wir hier nicht eingehen können; der Hauptſammler für
Lorenzo magnifico war Johannes Lascaris. Bekanntlich
hat die Sammlung nach der Plünderung des Jahres 1494
noch einmal ſtückweiſe durch Cardinal Giovanni Medici
(Leo X.) erworben werden müſſen.
Die urbinatiſche Bibliothek 3) (jetzt im Vatican) war
durchaus die Gründung des großen Federigo von Monte-
feltro (S. 45), der ſchon als Knabe zu ſammeln begonnen
hatte, ſpäter beſtändig 30 bis 40 Scrittori an verſchiedenen
Orten beſchäftigte, und im Verlauf der Zeit über 30,000
Ducaten daran wandte. Sie wurde, hauptſächlich mit
Hülfe Vespaſiano's, ganz ſyſtematiſch fortgeſetzt und ver-
vollſtändigt, und was dieſer davon berichtet, iſt beſonders
merkwürdig als Idealbild einer damaligen Bibliothek. Man
beſaß z. B. in Urbino die Inventarien der Vaticana, der
Die Bibliothek
von Urbino.
1) Vespas. Fior. p. 193. Vgl. Marin Sanudo, bei Murat. XXII,
Col. 1185, s.
2) Wie man einſtweilen damit umging, ſ. bei Malipiero, Ann. veneti,
Arch. stor. VII, II, p. 653. 655.
3) Vespas. Fior. p. 124, s.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/200>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.