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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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3. Abschnitt.Welches Standes der Redner war, galt völlig gleich;
man bedurfte vor Allem des virtuosenhaft ausgebildeten
humanistischen Talentes. Am Hofe des Borso von Ferrara
hat der Hofarzt, Jeronimo da Castello, sowohl Friedrich III.
als Pius II. zum Willkomm anreden müssen 1); verheira-
thete Laien besteigen in den Kirchen die Kanzeln bei jedem
festlichen oder Traueranlaß, ja selbst an Heiligenfesten.
Es war den außeritalischen Basler Concilsherren etwas
Neues, daß der Erzbischof von Mailand am Ambrosius-
tage den Aeneas Sylvius auftreten ließ, welcher noch keine
Weihe empfangen hatte; trotz dem Murren der Theologen
ließen sie sich es gefallen und hörten mit größter Begier zu 2).

Ueberblicken wir zunächst die wichtigern und häufigern
Anlässe des öffentlichen Redens.

Feierliche
Staatsreden.
Vor Allem heißen die Gesandten von Staat an Staat
nicht vergebens Oratoren; neben der geheimen Unterhand-
lung gab es ein unvermeidliches Paradestück, eine öffentliche
Rede, vorgetragen unter möglichst pomphaften Umständen 3).
In der Regel führte von dem oft sehr zahlreichen Personal
Einer zugestandenermaßen das Wort, aber es passirte doch
dem Kenner Pius II., vor welchem sich gerne jeder hören
lassen wollte, daß er eine ganze Gesandtschaft, Einen nach
dem Andern, anhören mußte 4). Dann redeten gelehrte

1) Diario Ferrarese, bei Murat. XXIV, Col. 198. 205.
2) Pii II. Comment. L. I, p. 10.
3) So groß der Succeß des glücklichen Redners war, so furchtbar war
natürlich das Steckenbleiben vor großen und erlauchten Versamm-
lungen. Schreckensbeispiele sind gesammelt bei Petrus Crinitus, de
honesta disciplina V, cap.
3. Vgl. Vespas. Fior. p. 319. 430.
4) Pii II. Comment. L. IV. p. 205. Es waren noch dazu Römer,
die ihn in Viterbo erwarteten. Singuli per se verba fecere, ne
alius alio melior videretur, cum essent eloquentia ferme pares.

-- Daß der Bischof von Arezzo nicht das Wort führen durfte für
die Collectivgesandtschaft der italienischen Staaten an den neuge-
wählten Alexander VI, zählt Guicciardini (zu Anfang des I. B.)

3. Abſchnitt.Welches Standes der Redner war, galt völlig gleich;
man bedurfte vor Allem des virtuoſenhaft ausgebildeten
humaniſtiſchen Talentes. Am Hofe des Borſo von Ferrara
hat der Hofarzt, Jeronimo da Caſtello, ſowohl Friedrich III.
als Pius II. zum Willkomm anreden müſſen 1); verheira-
thete Laien beſteigen in den Kirchen die Kanzeln bei jedem
feſtlichen oder Traueranlaß, ja ſelbſt an Heiligenfeſten.
Es war den außeritaliſchen Basler Concilsherren etwas
Neues, daß der Erzbiſchof von Mailand am Ambroſius-
tage den Aeneas Sylvius auftreten ließ, welcher noch keine
Weihe empfangen hatte; trotz dem Murren der Theologen
ließen ſie ſich es gefallen und hörten mit größter Begier zu 2).

Ueberblicken wir zunächſt die wichtigern und häufigern
Anläſſe des öffentlichen Redens.

Feierliche
Staatsreden.
Vor Allem heißen die Geſandten von Staat an Staat
nicht vergebens Oratoren; neben der geheimen Unterhand-
lung gab es ein unvermeidliches Paradeſtück, eine öffentliche
Rede, vorgetragen unter möglichſt pomphaften Umſtänden 3).
In der Regel führte von dem oft ſehr zahlreichen Perſonal
Einer zugeſtandenermaßen das Wort, aber es paſſirte doch
dem Kenner Pius II., vor welchem ſich gerne jeder hören
laſſen wollte, daß er eine ganze Geſandtſchaft, Einen nach
dem Andern, anhören mußte 4). Dann redeten gelehrte

1) Diario Ferrarese, bei Murat. XXIV, Col. 198. 205.
2) Pii II. Comment. L. I, p. 10.
3) So groß der Succeß des glücklichen Redners war, ſo furchtbar war
natürlich das Steckenbleiben vor großen und erlauchten Verſamm-
lungen. Schreckensbeiſpiele ſind geſammelt bei Petrus Crinitus, de
honesta disciplina V, cap.
3. Vgl. Vespas. Fior. p. 319. 430.
4) Pii II. Comment. L. IV. p. 205. Es waren noch dazu Römer,
die ihn in Viterbo erwarteten. Singuli per se verba fecere, ne
alius alio melior videretur, cum essent eloquentia ferme pares.

— Daß der Biſchof von Arezzo nicht das Wort führen durfte für
die Collectivgeſandtſchaft der italieniſchen Staaten an den neuge-
wählten Alexander VI, zählt Guicciardini (zu Anfang des I. B.)
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[228/0238] Welches Standes der Redner war, galt völlig gleich; man bedurfte vor Allem des virtuoſenhaft ausgebildeten humaniſtiſchen Talentes. Am Hofe des Borſo von Ferrara hat der Hofarzt, Jeronimo da Caſtello, ſowohl Friedrich III. als Pius II. zum Willkomm anreden müſſen 1); verheira- thete Laien beſteigen in den Kirchen die Kanzeln bei jedem feſtlichen oder Traueranlaß, ja ſelbſt an Heiligenfeſten. Es war den außeritaliſchen Basler Concilsherren etwas Neues, daß der Erzbiſchof von Mailand am Ambroſius- tage den Aeneas Sylvius auftreten ließ, welcher noch keine Weihe empfangen hatte; trotz dem Murren der Theologen ließen ſie ſich es gefallen und hörten mit größter Begier zu 2). 3. Abſchnitt. Ueberblicken wir zunächſt die wichtigern und häufigern Anläſſe des öffentlichen Redens. Vor Allem heißen die Geſandten von Staat an Staat nicht vergebens Oratoren; neben der geheimen Unterhand- lung gab es ein unvermeidliches Paradeſtück, eine öffentliche Rede, vorgetragen unter möglichſt pomphaften Umſtänden 3). In der Regel führte von dem oft ſehr zahlreichen Perſonal Einer zugeſtandenermaßen das Wort, aber es paſſirte doch dem Kenner Pius II., vor welchem ſich gerne jeder hören laſſen wollte, daß er eine ganze Geſandtſchaft, Einen nach dem Andern, anhören mußte 4). Dann redeten gelehrte Feierliche Staatsreden. 1) Diario Ferrarese, bei Murat. XXIV, Col. 198. 205. 2) Pii II. Comment. L. I, p. 10. 3) So groß der Succeß des glücklichen Redners war, ſo furchtbar war natürlich das Steckenbleiben vor großen und erlauchten Verſamm- lungen. Schreckensbeiſpiele ſind geſammelt bei Petrus Crinitus, de honesta disciplina V, cap. 3. Vgl. Vespas. Fior. p. 319. 430. 4) Pii II. Comment. L. IV. p. 205. Es waren noch dazu Römer, die ihn in Viterbo erwarteten. Singuli per se verba fecere, ne alius alio melior videretur, cum essent eloquentia ferme pares. — Daß der Biſchof von Arezzo nicht das Wort führen durfte für die Collectivgeſandtſchaft der italieniſchen Staaten an den neuge- wählten Alexander VI, zählt Guicciardini (zu Anfang des I. B.)

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/238>, abgerufen am 27.11.2024.