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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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der Anna Sforza mit Alfonso d'Este im Castell von Mai-3. Abschnitt.
land, gehalten wurden. (Es könnte immerhin in der Pa-
lastcapelle geschehen sein.) Auch angesehene Privatleute
ließen sich wohl einen solchen Hochzeitsredner als vornehmen
Luxus gefallen. In Ferrara ersuchte man bei solchen An-
lässen einfach den Guarino 1), er möchte einen seiner Schüler
senden. Die Kirche als solche besorgte bei Trauungen und
Leichen nur die eigentlichen Ceremonien.

Von den academischen Reden sind die bei Einführung
neuer Professoren und die bei Curseröffnungen 2) von den
Professoren selbst gehaltenen mit dem größten rhetorischen
Aufwand behandelt. Der gewöhnliche Cathedervortrag
näherte sich ebenfalls oft der eigentlichen Rede 3).

Bei den Advocaten gab das jeweilige Auditorium den
Maßstab für die Behandlung der Rede. Je nach Umstän-
den wurde dieselbe mit dem vollen philologisch-antiquari-
schen Pomp ausgestattet.

Eine ganz eigene Gattung sind die italienisch gehalte-Soldatenreden.
nen Anreden an die Soldaten, theils vor dem Kampf,
theils nachher. Federigo von Urbino 4) war hiefür classisch;
einer Schaar nach der andern, wie sie kampfgerüstet da
standen, flößte er Stolz und Begeisterung ein. Manche
Rede in den Kriegsschriftstellern des XV. Jahrhunderts,
z. B. bei Porcellius (S. 100) möchte nur theilweise fingirt
sein, theilweise aber auf wirklich gesprochenen Worten be-
ruhen. Wieder etwas Anderes waren die Anreden an die
seit 1506, hauptsächlich auf Macchiavell's Betrieb organisirte

1) Anecdota lit. I, p. 299, in Fedra's Leichenrede auf Lod. Podoca-
taro, welchen Guarino vorzugsweise zu solchen Aufträgen bestimmte.
2) Von solchen Einleitungsvorlesungen sind viele [e]rhalten, in den Wer-
ken des Sabellicus, Beroaldus maior, Codrus Urceus etc.
3) Den ausgezeichneten Ruhm von Pomponazzo's Vortrag s. bei Paul.
Jov. Elogia.
4) Vespas. Fior. p. 103. Vgl. die Geschichte p. 598, wie Gianozzo
Mannetti zu ihm ins Lager kömmt.

der Anna Sforza mit Alfonſo d'Eſte im Caſtell von Mai-3. Abſchnitt.
land, gehalten wurden. (Es könnte immerhin in der Pa-
laſtcapelle geſchehen ſein.) Auch angeſehene Privatleute
ließen ſich wohl einen ſolchen Hochzeitsredner als vornehmen
Luxus gefallen. In Ferrara erſuchte man bei ſolchen An-
läſſen einfach den Guarino 1), er möchte einen ſeiner Schüler
ſenden. Die Kirche als ſolche beſorgte bei Trauungen und
Leichen nur die eigentlichen Ceremonien.

Von den academiſchen Reden ſind die bei Einführung
neuer Profeſſoren und die bei Curseröffnungen 2) von den
Profeſſoren ſelbſt gehaltenen mit dem größten rhetoriſchen
Aufwand behandelt. Der gewöhnliche Cathedervortrag
näherte ſich ebenfalls oft der eigentlichen Rede 3).

Bei den Advocaten gab das jeweilige Auditorium den
Maßſtab für die Behandlung der Rede. Je nach Umſtän-
den wurde dieſelbe mit dem vollen philologiſch-antiquari-
ſchen Pomp ausgeſtattet.

Eine ganz eigene Gattung ſind die italieniſch gehalte-Soldatenreden.
nen Anreden an die Soldaten, theils vor dem Kampf,
theils nachher. Federigo von Urbino 4) war hiefür claſſiſch;
einer Schaar nach der andern, wie ſie kampfgerüſtet da
ſtanden, flößte er Stolz und Begeiſterung ein. Manche
Rede in den Kriegsſchriftſtellern des XV. Jahrhunderts,
z. B. bei Porcellius (S. 100) möchte nur theilweiſe fingirt
ſein, theilweiſe aber auf wirklich geſprochenen Worten be-
ruhen. Wieder etwas Anderes waren die Anreden an die
ſeit 1506, hauptſächlich auf Macchiavell's Betrieb organiſirte

1) Anecdota lit. I, p. 299, in Fedra's Leichenrede auf Lod. Podoca-
taro, welchen Guarino vorzugsweiſe zu ſolchen Aufträgen beſtimmte.
2) Von ſolchen Einleitungsvorleſungen ſind viele [e]rhalten, in den Wer-
ken des Sabellicus, Beroaldus maior, Codrus Urceus ꝛc.
3) Den ausgezeichneten Ruhm von Pomponazzo's Vortrag ſ. bei Paul.
Jov. Elogia.
4) Vespas. Fior. p. 103. Vgl. die Geſchichte p. 598, wie Gianozzo
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[231/0241] der Anna Sforza mit Alfonſo d'Eſte im Caſtell von Mai- land, gehalten wurden. (Es könnte immerhin in der Pa- laſtcapelle geſchehen ſein.) Auch angeſehene Privatleute ließen ſich wohl einen ſolchen Hochzeitsredner als vornehmen Luxus gefallen. In Ferrara erſuchte man bei ſolchen An- läſſen einfach den Guarino 1), er möchte einen ſeiner Schüler ſenden. Die Kirche als ſolche beſorgte bei Trauungen und Leichen nur die eigentlichen Ceremonien. 3. Abſchnitt. Von den academiſchen Reden ſind die bei Einführung neuer Profeſſoren und die bei Curseröffnungen 2) von den Profeſſoren ſelbſt gehaltenen mit dem größten rhetoriſchen Aufwand behandelt. Der gewöhnliche Cathedervortrag näherte ſich ebenfalls oft der eigentlichen Rede 3). Bei den Advocaten gab das jeweilige Auditorium den Maßſtab für die Behandlung der Rede. Je nach Umſtän- den wurde dieſelbe mit dem vollen philologiſch-antiquari- ſchen Pomp ausgeſtattet. Eine ganz eigene Gattung ſind die italieniſch gehalte- nen Anreden an die Soldaten, theils vor dem Kampf, theils nachher. Federigo von Urbino 4) war hiefür claſſiſch; einer Schaar nach der andern, wie ſie kampfgerüſtet da ſtanden, flößte er Stolz und Begeiſterung ein. Manche Rede in den Kriegsſchriftſtellern des XV. Jahrhunderts, z. B. bei Porcellius (S. 100) möchte nur theilweiſe fingirt ſein, theilweiſe aber auf wirklich geſprochenen Worten be- ruhen. Wieder etwas Anderes waren die Anreden an die ſeit 1506, hauptſächlich auf Macchiavell's Betrieb organiſirte Soldatenreden. 1) Anecdota lit. I, p. 299, in Fedra's Leichenrede auf Lod. Podoca- taro, welchen Guarino vorzugsweiſe zu ſolchen Aufträgen beſtimmte. 2) Von ſolchen Einleitungsvorleſungen ſind viele erhalten, in den Wer- ken des Sabellicus, Beroaldus maior, Codrus Urceus ꝛc. 3) Den ausgezeichneten Ruhm von Pomponazzo's Vortrag ſ. bei Paul. Jov. Elogia. 4) Vespas. Fior. p. 103. Vgl. die Geſchichte p. 598, wie Gianozzo Mannetti zu ihm ins Lager kömmt.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/241>, abgerufen am 23.11.2024.