3. Abschnitt.als der Brief seines Schülers Sabellicus 1) zu Gebote Pomponius Laetus.stände, in welchem Laetus wohl absichtlich etwas antikisirt wird; doch mögen einige Züge daraus folgen. Er war (S. 245) ein Bastard aus dem Hause der neapolitanischen Sanseverinen, Fürsten von Salerno, wollte sie aber nicht anerkennen und schrieb ihnen auf die Einladung, bei ihnen zu leben, das berühmte Billet: Pomponius Laetus cog- natis et propinquis suis salutem. Quod petitis fieri non potest. Valete. Ein unansehnliches Männchen mit kleinen lebhaften Augen, in wunderlicher Tracht, bewohnte er in den letzten Jahrzehnden des XV. Jahrhunderts, als Lehrer an der Universität Rom, bald sein Häuschen mit Garten auf dem Esquilin, bald seine Vigne auf dem Quirinal; dort zog er seine Enten u. a. Geflügel, hier baute er sein Grundstück durchaus nach den Vorschriften des Cato, Varro und Columella; Festtage widmete er draußen dem Fisch- und Vogelfang, auch wohl dem Gelage im Schatten bei einer Quelle oder an der Tiber. Reich- thum und Wohlleben verachtete er. Neid und Uebelrede war nicht in ihm und er duldete sie auch in seiner Nähe nicht, nur gegen die Hierarchie ließ er sich sehr frei gehen, wie er denn auch, die letzten Zeiten ausgenommen, als Verächter der Religion überhaupt galt. In die Humanisten- verfolgung Papst Pauls II. verflochten, war er von Vene- dig an diesen ausgeliefert worden und hatte sich durch kein Mittel zu unwürdigen Geständnissen bringen lassen; seitdem luden ihn Päpste und Prälaten zu sich ein und unterstützten ihn, und als in den Unruhen unter Sixtus IV. sein Haus geplündert wurde, steuerte man für ihn mehr zusammen als er eingebüßt hatte. Als Docent war er gewissenhaft; schon vor Tage sah man ihn mit seiner Laterne vom Es- quilin herabsteigen, und immer fand er seinen Hörsaal schon
1)M. Ant. Sabellici opera, Epist. L. XI, fol. 56. Dazu die be- treffende Biographie in den Elogia des Paolo Giovio.
3. Abſchnitt.als der Brief ſeines Schülers Sabellicus 1) zu Gebote Pomponius Laetus.ſtände, in welchem Laetus wohl abſichtlich etwas antikiſirt wird; doch mögen einige Züge daraus folgen. Er war (S. 245) ein Baſtard aus dem Hauſe der neapolitaniſchen Sanſeverinen, Fürſten von Salerno, wollte ſie aber nicht anerkennen und ſchrieb ihnen auf die Einladung, bei ihnen zu leben, das berühmte Billet: Pomponius Lætus cog- natis et propinquis suis salutem. Quod petitis fieri non potest. Valete. Ein unanſehnliches Männchen mit kleinen lebhaften Augen, in wunderlicher Tracht, bewohnte er in den letzten Jahrzehnden des XV. Jahrhunderts, als Lehrer an der Univerſität Rom, bald ſein Häuschen mit Garten auf dem Esquilin, bald ſeine Vigne auf dem Quirinal; dort zog er ſeine Enten u. a. Geflügel, hier baute er ſein Grundſtück durchaus nach den Vorſchriften des Cato, Varro und Columella; Feſttage widmete er draußen dem Fiſch- und Vogelfang, auch wohl dem Gelage im Schatten bei einer Quelle oder an der Tiber. Reich- thum und Wohlleben verachtete er. Neid und Uebelrede war nicht in ihm und er duldete ſie auch in ſeiner Nähe nicht, nur gegen die Hierarchie ließ er ſich ſehr frei gehen, wie er denn auch, die letzten Zeiten ausgenommen, als Verächter der Religion überhaupt galt. In die Humaniſten- verfolgung Papſt Pauls II. verflochten, war er von Vene- dig an dieſen ausgeliefert worden und hatte ſich durch kein Mittel zu unwürdigen Geſtändniſſen bringen laſſen; ſeitdem luden ihn Päpſte und Prälaten zu ſich ein und unterſtützten ihn, und als in den Unruhen unter Sixtus IV. ſein Haus geplündert wurde, ſteuerte man für ihn mehr zuſammen als er eingebüßt hatte. Als Docent war er gewiſſenhaft; ſchon vor Tage ſah man ihn mit ſeiner Laterne vom Es- quilin herabſteigen, und immer fand er ſeinen Hörſaal ſchon
1)M. Ant. Sabellici opera, Epist. L. XI, fol. 56. Dazu die be- treffende Biographie in den Elogia des Paolo Giovio.
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(S. 245) ein Baſtard aus dem Hauſe der neapolitaniſchen
Sanſeverinen, Fürſten von Salerno, wollte ſie aber nicht
anerkennen und ſchrieb ihnen auf die Einladung, bei ihnen
zu leben, das berühmte Billet: Pomponius Lætus cog-
natis et propinquis suis salutem. Quod petitis fieri
non potest. Valete. Ein unanſehnliches Männchen mit
kleinen lebhaften Augen, in wunderlicher Tracht, bewohnte
er in den letzten Jahrzehnden des XV. Jahrhunderts, als
Lehrer an der Univerſität Rom, bald ſein Häuschen mit
Garten auf dem Esquilin, bald ſeine Vigne auf dem
Quirinal; dort zog er ſeine Enten u. a. Geflügel, hier
baute er ſein Grundſtück durchaus nach den Vorſchriften
des Cato, Varro und Columella; Feſttage widmete er
draußen dem Fiſch- und Vogelfang, auch wohl dem Gelage
im Schatten bei einer Quelle oder an der Tiber. Reich-
thum und Wohlleben verachtete er. Neid und Uebelrede
war nicht in ihm und er duldete ſie auch in ſeiner Nähe
nicht, nur gegen die Hierarchie ließ er ſich ſehr frei gehen,
wie er denn auch, die letzten Zeiten ausgenommen, als
Verächter der Religion überhaupt galt. In die Humaniſten-
verfolgung Papſt Pauls II. verflochten, war er von Vene-
dig an dieſen ausgeliefert worden und hatte ſich durch kein
Mittel zu unwürdigen Geſtändniſſen bringen laſſen; ſeitdem
luden ihn Päpſte und Prälaten zu ſich ein und unterſtützten
ihn, und als in den Unruhen unter Sixtus IV. ſein Haus
geplündert wurde, ſteuerte man für ihn mehr zuſammen
als er eingebüßt hatte. Als Docent war er gewiſſenhaft;
ſchon vor Tage ſah man ihn mit ſeiner Laterne vom Es-
quilin herabſteigen, und immer fand er ſeinen Hörſaal ſchon
3. Abſchnitt.
Pomponius
Laetus.
1) M. Ant. Sabellici opera, Epist. L. XI, fol. 56. Dazu die be-
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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/286>, abgerufen am 22.11.2024.
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