Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.5. Abschnitt.macht, sollte auch das Weib vollkommen machen. Active Die Virago.Das Ruhmvollste was damals von den großen Ita- 1) Ant. Galateo, epist. 3, an die junge Bona Sforza, die spätere Gemahlin des Sigismund von Polen: Incipe aliquid de viro sa- pere, quoniam ad imperandum viris nata es ... Ita fac, ut sapientibus viris placeas, ut te prudentes et graves viri admi- rentur, et vulgi et muliercularum studia et iudicia despicias etc. Auch sonst ein merkwürdiger Brief. (Mai, Spicileg. rom. VIII, p. 532.) 2) So heißt sie in dem Hauptbericht Chron. venetum bei Murat. XXIV,
Col. 128, s. Vgl. Infessura bei Eccard, scriptt. II, Col. 1981 und Arch. stor. Append. II, p. 250. 5. Abſchnitt.macht, ſollte auch das Weib vollkommen machen. Active Die Virago.Das Ruhmvollſte was damals von den großen Ita- 1) Ant. Galateo, epist. 3, an die junge Bona Sforza, die ſpätere Gemahlin des Sigismund von Polen: Incipe aliquid de viro sa- pere, quoniam ad imperandum viris nata es … Ita fac, ut sapientibus viris placeas, ut te prudentes et graves viri admi- rentur, et vulgi et muliercularum studia et iudicia despicias etc. Auch ſonſt ein merkwürdiger Brief. (Mai, Spicileg. rom. VIII, p. 532.) 2) So heißt ſie in dem Hauptbericht Chron. venetum bei Murat. XXIV,
Col. 128, s. Vgl. Infessura bei Eccard, scriptt. II, Col. 1981 und Arch. stor. Append. II, p. 250. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0404" n="394"/><note place="left"><hi rendition="#b"><hi rendition="#u">5. Abſchnitt.</hi></hi></note>macht, ſollte auch das Weib vollkommen machen. Active<lb/> literariſche Thätigkeit verlangt man nicht von ihr, und<lb/> wenn ſie Dichterin iſt, ſo erwartet man wohl irgend einen<lb/> mächtigen Klang der Seele, aber keine ſpeciellen Intimitä-<lb/> ten in Form von Tagebüchern und Romanen. An das<lb/> Publicum dachten dieſe Frauen nicht; ſie mußten vor Allem<lb/> bedeutenden Männern imponiren <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Ant. Galateo, epist.</hi> 3, an die junge Bona Sforza, die ſpätere<lb/> Gemahlin des Sigismund von Polen: <hi rendition="#aq">Incipe aliquid de viro sa-<lb/> pere, quoniam ad imperandum viris nata es … Ita fac, ut<lb/> sapientibus viris placeas, ut te prudentes et graves viri admi-<lb/> rentur, et vulgi et muliercularum studia et iudicia despicias etc.</hi><lb/> Auch ſonſt ein merkwürdiger Brief. (<hi rendition="#aq">Mai, Spicileg. rom. VIII, p.</hi> 532.)</note> und deren Willkür in<lb/> Schranken halten.</p><lb/> <p><note place="left">Die Virago.</note>Das Ruhmvollſte was damals von den großen Ita-<lb/> lienerinnen geſagt wird, iſt, daß ſie einen männlichen Geiſt,<lb/> ein männliches Gemüth hätten. Man braucht nur die<lb/> völlig männliche Haltung der meiſten Weiber in den Helden-<lb/> gedichten, zumal bei Bojardo und Arioſto, zu beachten, um<lb/> zu wiſſen, daß es ſich hier um ein beſtimmtes Ideal handelt.<lb/> Der Titel einer „<hi rendition="#aq">virago</hi>“, den unſer Jahrhundert für ein<lb/> ſehr zweideutiges Compliment hält, war damals reiner<lb/> Ruhm. Ihn trug mit vollem Glanze Caterina Sforza,<lb/> Gemahlin, dann Wittwe des Girolamo Riario, deſſen Erbe<lb/> Forli ſie zuerſt gegen die Partei ſeiner Mörder, dann ſpäter<lb/> gegen Ceſare Borgia mit allen Kräften vertheidigte; ſie<lb/> unterlag, behielt aber doch die Bewunderung aller ihrer<lb/> Landsleute und den Namen der „<hi rendition="#aq">prima donna d'Italia</hi>“ <note place="foot" n="2)">So heißt ſie in dem Hauptbericht <hi rendition="#aq">Chron. venetum</hi> bei <hi rendition="#aq">Murat. XXIV,<lb/> Col. 128, s.</hi> Vgl. <hi rendition="#aq">Infessura</hi> bei <hi rendition="#aq">Eccard, scriptt. II, Col.</hi> 1981<lb/> und <hi rendition="#aq">Arch. stor. Append. II, p.</hi> 250.</note>.<lb/> Eine heroiſche Ader dieſer Art erkennt man noch in ver-<lb/> ſchiedenen Frauen der Renaiſſance, wenn auch keine mehr<lb/> ſolchen Anlaß fand, ſich als Heldin zu bethätigen. Iſabella<lb/> Gonzaga (S. 44) verräth dieſen Zug ganz deutlich.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [394/0404]
macht, ſollte auch das Weib vollkommen machen. Active
literariſche Thätigkeit verlangt man nicht von ihr, und
wenn ſie Dichterin iſt, ſo erwartet man wohl irgend einen
mächtigen Klang der Seele, aber keine ſpeciellen Intimitä-
ten in Form von Tagebüchern und Romanen. An das
Publicum dachten dieſe Frauen nicht; ſie mußten vor Allem
bedeutenden Männern imponiren 1) und deren Willkür in
Schranken halten.
5. Abſchnitt.
Das Ruhmvollſte was damals von den großen Ita-
lienerinnen geſagt wird, iſt, daß ſie einen männlichen Geiſt,
ein männliches Gemüth hätten. Man braucht nur die
völlig männliche Haltung der meiſten Weiber in den Helden-
gedichten, zumal bei Bojardo und Arioſto, zu beachten, um
zu wiſſen, daß es ſich hier um ein beſtimmtes Ideal handelt.
Der Titel einer „virago“, den unſer Jahrhundert für ein
ſehr zweideutiges Compliment hält, war damals reiner
Ruhm. Ihn trug mit vollem Glanze Caterina Sforza,
Gemahlin, dann Wittwe des Girolamo Riario, deſſen Erbe
Forli ſie zuerſt gegen die Partei ſeiner Mörder, dann ſpäter
gegen Ceſare Borgia mit allen Kräften vertheidigte; ſie
unterlag, behielt aber doch die Bewunderung aller ihrer
Landsleute und den Namen der „prima donna d'Italia“ 2).
Eine heroiſche Ader dieſer Art erkennt man noch in ver-
ſchiedenen Frauen der Renaiſſance, wenn auch keine mehr
ſolchen Anlaß fand, ſich als Heldin zu bethätigen. Iſabella
Gonzaga (S. 44) verräth dieſen Zug ganz deutlich.
Die Virago.
1) Ant. Galateo, epist. 3, an die junge Bona Sforza, die ſpätere
Gemahlin des Sigismund von Polen: Incipe aliquid de viro sa-
pere, quoniam ad imperandum viris nata es … Ita fac, ut
sapientibus viris placeas, ut te prudentes et graves viri admi-
rentur, et vulgi et muliercularum studia et iudicia despicias etc.
Auch ſonſt ein merkwürdiger Brief. (Mai, Spicileg. rom. VIII, p. 532.)
2) So heißt ſie in dem Hauptbericht Chron. venetum bei Murat. XXIV,
Col. 128, s. Vgl. Infessura bei Eccard, scriptt. II, Col. 1981
und Arch. stor. Append. II, p. 250.
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