Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873.X. Begünstigung. Eine nicht gelungene Partie des deutschen Strafgesetz- Ad I werfen sich folgende Erwägungen auf: 1) Der Begünstiger muß nach §. 257, um strafbar zu sein, wissen, daß er es mit einem Verbrecher zu thun habe, und befürchten, derselbe werde bestraft werden. Hält er die begangene That nicht für strafbar, so kann ihn daher eine Strafe nicht treffen, sollte er auch ein gerichtliches Einschreiten als bevorstehend voraussehen. Er ist sogar straflos, wenn er zwar die begangene That für strafbar erachtet, aber -- selbst fahrlässig -- der Ansicht ist, sie werde verheimlicht bleiben, oder es werde eine Anklage nicht erhoben werden, und sich nur darum etwa zur Beförderung der Flucht des X. Begünſtigung. Eine nicht gelungene Partie des deutſchen Strafgeſetz- Ad I werfen ſich folgende Erwägungen auf: 1) Der Begünſtiger muß nach §. 257, um ſtrafbar zu ſein, wiſſen, daß er es mit einem Verbrecher zu thun habe, und befürchten, derſelbe werde beſtraft werden. Hält er die begangene That nicht für ſtrafbar, ſo kann ihn daher eine Strafe nicht treffen, ſollte er auch ein gerichtliches Einſchreiten als bevorſtehend vorausſehen. Er iſt ſogar ſtraflos, wenn er zwar die begangene That für ſtrafbar erachtet, aber — ſelbſt fahrläſſig — der Anſicht iſt, ſie werde verheimlicht bleiben, oder es werde eine Anklage nicht erhoben werden, und ſich nur darum etwa zur Beförderung der Flucht des <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0140" n="136"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">X.</hi> Begünſtigung.</hi> </head><lb/> <p>Eine nicht gelungene Partie des deutſchen Strafgeſetz-<lb/> buchs iſt in den §§. 257—259 enthalten. §. 257 verordnet,<lb/> daß Derjenige der Begünſtigung ſchuldig ſei, welcher nach<lb/> Begehung eines Verbrechens oder Vergehens dem Thäter<lb/> oder Theilnehmer wiſſentlich Beiſtand leiſte, um <hi rendition="#aq">I.</hi> denſelben<lb/> der Beſtrafung zu entziehen, oder <hi rendition="#aq">II.</hi> um ihm die Vortheile<lb/> des Verbrechens oder Vergehens zu ſichern. Das „wiſſent-<lb/> lich“ in dieſer Definition iſt, wie bereits Schwarze Gerichts-<lb/> ſaal 1872 H. 5 bemerkt, überflüſſig, weil das „um“ das<lb/> Nämliche bezeichnet. Das „Beiſtandleiſten“ aber enthält<lb/> keine techniſche Bedeutung und erſcheint an und für ſich<lb/> nichtsſagend. Denn auch Derjenige leiſtet nach Vollziehung<lb/> der ſtrafbaren That dem Verbrecher Beiſtand, welcher ihn in<lb/> den gewöhnlichen Geſchäften des täglichen Lebens unterſtützt.<lb/> Eine Bedeutung wird dem Beiſtandleiſten vielmehr erſt durch<lb/> die beigefügte geſetzliche Erläuterung, um u. ſ. w. verliehen.<lb/> Außerhalb des Kreiſes dieſer geſetzlichen Erläuterung gibt es<lb/> darum keine Begünſtigung.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">Ad I</hi> werfen ſich folgende Erwägungen auf:</p><lb/> <list> <item>1) Der Begünſtiger muß nach §. 257, um ſtrafbar zu<lb/> ſein, wiſſen, daß er es mit einem Verbrecher zu thun habe,<lb/> und befürchten, derſelbe werde beſtraft werden. Hält er die<lb/> begangene That nicht für ſtrafbar, ſo kann ihn daher eine<lb/> Strafe nicht treffen, ſollte er auch ein gerichtliches Einſchreiten<lb/> als bevorſtehend vorausſehen. Er iſt ſogar ſtraflos, wenn<lb/> er zwar die begangene That für ſtrafbar erachtet, aber —<lb/> ſelbſt fahrläſſig — der Anſicht iſt, ſie werde verheimlicht<lb/> bleiben, oder es werde eine Anklage nicht erhoben werden,<lb/> und ſich nur darum etwa zur Beförderung der Flucht des<lb/></item> </list> </div> </body> </text> </TEI> [136/0140]
X. Begünſtigung.
Eine nicht gelungene Partie des deutſchen Strafgeſetz-
buchs iſt in den §§. 257—259 enthalten. §. 257 verordnet,
daß Derjenige der Begünſtigung ſchuldig ſei, welcher nach
Begehung eines Verbrechens oder Vergehens dem Thäter
oder Theilnehmer wiſſentlich Beiſtand leiſte, um I. denſelben
der Beſtrafung zu entziehen, oder II. um ihm die Vortheile
des Verbrechens oder Vergehens zu ſichern. Das „wiſſent-
lich“ in dieſer Definition iſt, wie bereits Schwarze Gerichts-
ſaal 1872 H. 5 bemerkt, überflüſſig, weil das „um“ das
Nämliche bezeichnet. Das „Beiſtandleiſten“ aber enthält
keine techniſche Bedeutung und erſcheint an und für ſich
nichtsſagend. Denn auch Derjenige leiſtet nach Vollziehung
der ſtrafbaren That dem Verbrecher Beiſtand, welcher ihn in
den gewöhnlichen Geſchäften des täglichen Lebens unterſtützt.
Eine Bedeutung wird dem Beiſtandleiſten vielmehr erſt durch
die beigefügte geſetzliche Erläuterung, um u. ſ. w. verliehen.
Außerhalb des Kreiſes dieſer geſetzlichen Erläuterung gibt es
darum keine Begünſtigung.
Ad I werfen ſich folgende Erwägungen auf:
1) Der Begünſtiger muß nach §. 257, um ſtrafbar zu
ſein, wiſſen, daß er es mit einem Verbrecher zu thun habe,
und befürchten, derſelbe werde beſtraft werden. Hält er die
begangene That nicht für ſtrafbar, ſo kann ihn daher eine
Strafe nicht treffen, ſollte er auch ein gerichtliches Einſchreiten
als bevorſtehend vorausſehen. Er iſt ſogar ſtraflos, wenn
er zwar die begangene That für ſtrafbar erachtet, aber —
ſelbſt fahrläſſig — der Anſicht iſt, ſie werde verheimlicht
bleiben, oder es werde eine Anklage nicht erhoben werden,
und ſich nur darum etwa zur Beförderung der Flucht des
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