Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

und nur in diesem Falle kann ja überhaupt von einem dolosen
Wollen die Rede sein -- so weiß er ganz von selbst, daß die
von ihm mit diesem Bewußtsein unternommene Handlung
-- mithin er selbst (objectiv) -- nach diesem Erfolge hinstrebt.
Jst es ihm gleichgültig, ob der Erfolg eintritt oder nicht, so
liegt darum hierin die Erklärung der Uebereinstimmung seines
Willens mit dem eventuellen Eintritt des Erfolgs. Er will
den Erfolg, für den Fall er zur Existenz kommen sollte.
Es bestreitet zwar v. B. (S. 36. 37), daß hierin ein dolus
gefunden werden könne, denn auch der Fahrlässige erkläre
sich damit einverstanden, daß, wenn des Geschick es so
füge, ein Unglück aus seiner Thätigkeit entspringen möge.
Mit Unrecht, denn culpa kann nur vorliegen, wenn der
Erfolg bestimmt von dem Willen abgelehnt gewesen war.
Dann aber ist auch durch diese Ablehnung ein eventuelles
Einverständniß, der Gedanke, es möge der Erfolg eintreten,
vollständig ausgeschlossen. Der Handelnde weiß nur, daß er
einen etwaigen Erfolg, als seinem verschuldeten Willen ent-
sprungen, verantworten muß. Es würde auch nach dieser
Ansicht v. B. selbst Derjenige, welcher sich mit Zuverlässigkeit
dem Glauben an die Unschädlichkeit seiner Handlung hingeben
konnte, für den dennoch eingetretenen Erfolg verhaftet sein.
Denn er weiß auch hier, daß immerhin die Möglichkeit des
Eintritts des Erfolgs nicht mit absoluter Sicherheit aus-
geschlossen ist, und würde darum seine Zustimmung ertheilt
haben, derselbe möge eintreten. -- Uebrigens ist wohl über-
haupt für eine Gleichgültigkeit im Strafrecht kein Platz.
Wer einen Erfolg als das mit einiger Wahrscheinlichkeit
bevorstehende Ergebniß seiner Handlung voraussieht, ist sich
bewußt, daß er im Falle seines Eintritts wegen culpa werde
bestraft werden, oder daß er denn doch, wie der Gärtner
welchem fremde Blumen zur Aufbewahrung anvertraut

und nur in dieſem Falle kann ja überhaupt von einem doloſen
Wollen die Rede ſein — ſo weiß er ganz von ſelbſt, daß die
von ihm mit dieſem Bewußtſein unternommene Handlung
— mithin er ſelbſt (objectiv) — nach dieſem Erfolge hinſtrebt.
Jſt es ihm gleichgültig, ob der Erfolg eintritt oder nicht, ſo
liegt darum hierin die Erklärung der Uebereinſtimmung ſeines
Willens mit dem eventuellen Eintritt des Erfolgs. Er will
den Erfolg, für den Fall er zur Exiſtenz kommen ſollte.
Es beſtreitet zwar v. B. (S. 36. 37), daß hierin ein dolus
gefunden werden könne, denn auch der Fahrläſſige erkläre
ſich damit einverſtanden, daß, wenn des Geſchick es ſo
füge, ein Unglück aus ſeiner Thätigkeit entſpringen möge.
Mit Unrecht, denn culpa kann nur vorliegen, wenn der
Erfolg beſtimmt von dem Willen abgelehnt geweſen war.
Dann aber iſt auch durch dieſe Ablehnung ein eventuelles
Einverſtändniß, der Gedanke, es möge der Erfolg eintreten,
vollſtändig ausgeſchloſſen. Der Handelnde weiß nur, daß er
einen etwaigen Erfolg, als ſeinem verſchuldeten Willen ent-
ſprungen, verantworten muß. Es würde auch nach dieſer
Anſicht v. B. ſelbſt Derjenige, welcher ſich mit Zuverläſſigkeit
dem Glauben an die Unſchädlichkeit ſeiner Handlung hingeben
konnte, für den dennoch eingetretenen Erfolg verhaftet ſein.
Denn er weiß auch hier, daß immerhin die Möglichkeit des
Eintritts des Erfolgs nicht mit abſoluter Sicherheit aus-
geſchloſſen iſt, und würde darum ſeine Zuſtimmung ertheilt
haben, derſelbe möge eintreten. — Uebrigens iſt wohl über-
haupt für eine Gleichgültigkeit im Strafrecht kein Platz.
Wer einen Erfolg als das mit einiger Wahrſcheinlichkeit
bevorſtehende Ergebniß ſeiner Handlung vorausſieht, iſt ſich
bewußt, daß er im Falle ſeines Eintritts wegen culpa werde
beſtraft werden, oder daß er denn doch, wie der Gärtner
welchem fremde Blumen zur Aufbewahrung anvertraut

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0036" n="32"/>
und nur in die&#x017F;em Falle kann ja überhaupt von einem dolo&#x017F;en<lb/>
Wollen die Rede &#x017F;ein &#x2014; &#x017F;o weiß er ganz von &#x017F;elb&#x017F;t, daß die<lb/>
von ihm mit die&#x017F;em Bewußt&#x017F;ein unternommene Handlung<lb/>
&#x2014; mithin er &#x017F;elb&#x017F;t (objectiv) &#x2014; nach die&#x017F;em Erfolge hin&#x017F;trebt.<lb/>
J&#x017F;t es ihm gleichgültig, ob der Erfolg eintritt oder nicht, &#x017F;o<lb/>
liegt darum hierin die Erklärung der Ueberein&#x017F;timmung &#x017F;eines<lb/>
Willens mit dem eventuellen Eintritt des Erfolgs. Er will<lb/>
den Erfolg, für den Fall er zur Exi&#x017F;tenz kommen &#x017F;ollte.<lb/>
Es be&#x017F;treitet zwar v. B. (S. 36. 37), daß hierin ein <hi rendition="#aq">dolus</hi><lb/>
gefunden werden könne, denn auch der Fahrlä&#x017F;&#x017F;ige erkläre<lb/>
&#x017F;ich damit <hi rendition="#g">einver&#x017F;tanden,</hi> daß, wenn des Ge&#x017F;chick es &#x017F;o<lb/>
füge, ein Unglück aus &#x017F;einer Thätigkeit ent&#x017F;pringen <hi rendition="#g">möge.</hi><lb/>
Mit Unrecht, denn <hi rendition="#aq">culpa</hi> kann nur vorliegen, wenn der<lb/>
Erfolg be&#x017F;timmt von dem Willen abgelehnt gewe&#x017F;en war.<lb/>
Dann aber i&#x017F;t auch durch die&#x017F;e Ablehnung ein eventuelles<lb/>
Einver&#x017F;tändniß, der Gedanke, es <hi rendition="#g">möge</hi> der Erfolg eintreten,<lb/>
voll&#x017F;tändig ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en. Der Handelnde weiß nur, daß er<lb/>
einen etwaigen Erfolg, als &#x017F;einem ver&#x017F;chuldeten Willen ent-<lb/>
&#x017F;prungen, verantworten <hi rendition="#g">muß.</hi> Es würde auch nach die&#x017F;er<lb/>
An&#x017F;icht v. B. &#x017F;elb&#x017F;t Derjenige, welcher &#x017F;ich mit Zuverlä&#x017F;&#x017F;igkeit<lb/>
dem Glauben an die Un&#x017F;chädlichkeit &#x017F;einer Handlung hingeben<lb/>
konnte, für den dennoch eingetretenen Erfolg verhaftet &#x017F;ein.<lb/>
Denn er weiß auch hier, daß immerhin die Möglichkeit des<lb/>
Eintritts des Erfolgs nicht mit ab&#x017F;oluter Sicherheit aus-<lb/>
ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t, und würde darum &#x017F;eine Zu&#x017F;timmung ertheilt<lb/>
haben, der&#x017F;elbe <hi rendition="#g">möge</hi> eintreten. &#x2014; Uebrigens i&#x017F;t wohl über-<lb/>
haupt für eine Gleichgültigkeit im Strafrecht kein Platz.<lb/>
Wer einen Erfolg als das mit einiger Wahr&#x017F;cheinlichkeit<lb/>
bevor&#x017F;tehende Ergebniß &#x017F;einer Handlung voraus&#x017F;ieht, i&#x017F;t &#x017F;ich<lb/>
bewußt, daß er im Falle &#x017F;eines Eintritts wegen <hi rendition="#aq">culpa</hi> werde<lb/>
be&#x017F;traft werden, oder daß er denn doch, wie der Gärtner<lb/>
welchem <hi rendition="#g">fremde</hi> Blumen zur Aufbewahrung anvertraut<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0036] und nur in dieſem Falle kann ja überhaupt von einem doloſen Wollen die Rede ſein — ſo weiß er ganz von ſelbſt, daß die von ihm mit dieſem Bewußtſein unternommene Handlung — mithin er ſelbſt (objectiv) — nach dieſem Erfolge hinſtrebt. Jſt es ihm gleichgültig, ob der Erfolg eintritt oder nicht, ſo liegt darum hierin die Erklärung der Uebereinſtimmung ſeines Willens mit dem eventuellen Eintritt des Erfolgs. Er will den Erfolg, für den Fall er zur Exiſtenz kommen ſollte. Es beſtreitet zwar v. B. (S. 36. 37), daß hierin ein dolus gefunden werden könne, denn auch der Fahrläſſige erkläre ſich damit einverſtanden, daß, wenn des Geſchick es ſo füge, ein Unglück aus ſeiner Thätigkeit entſpringen möge. Mit Unrecht, denn culpa kann nur vorliegen, wenn der Erfolg beſtimmt von dem Willen abgelehnt geweſen war. Dann aber iſt auch durch dieſe Ablehnung ein eventuelles Einverſtändniß, der Gedanke, es möge der Erfolg eintreten, vollſtändig ausgeſchloſſen. Der Handelnde weiß nur, daß er einen etwaigen Erfolg, als ſeinem verſchuldeten Willen ent- ſprungen, verantworten muß. Es würde auch nach dieſer Anſicht v. B. ſelbſt Derjenige, welcher ſich mit Zuverläſſigkeit dem Glauben an die Unſchädlichkeit ſeiner Handlung hingeben konnte, für den dennoch eingetretenen Erfolg verhaftet ſein. Denn er weiß auch hier, daß immerhin die Möglichkeit des Eintritts des Erfolgs nicht mit abſoluter Sicherheit aus- geſchloſſen iſt, und würde darum ſeine Zuſtimmung ertheilt haben, derſelbe möge eintreten. — Uebrigens iſt wohl über- haupt für eine Gleichgültigkeit im Strafrecht kein Platz. Wer einen Erfolg als das mit einiger Wahrſcheinlichkeit bevorſtehende Ergebniß ſeiner Handlung vorausſieht, iſt ſich bewußt, daß er im Falle ſeines Eintritts wegen culpa werde beſtraft werden, oder daß er denn doch, wie der Gärtner welchem fremde Blumen zur Aufbewahrung anvertraut

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873/36
Zitationshilfe: Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873/36>, abgerufen am 21.11.2024.